Jamie verschwand unter einer Lawine aus schmutzigen Arbeitskleidern, und der Tisch mit der Pacht kippte krachend unter dem Gewicht von Braunhaar und Freunden um. Die unbeteiligten Zuschauer drückten sich mit dem Rücken an die Wände des Gasthauses, um das Spektakel zu genießen. Ich schlich mich dichter an Ned und Murtagh heran und betrachtete die zuckende Gliedermasse beklommen. Hin und wieder tauchte ein einsamer Rotschopf in der zuckenden See aus Armen und Beinen auf.
»Solltet Ihr ihm nicht helfen?«, zischte ich Murtagh aus dem Mundwinkel zu. Diese Vorstellung schien ihn zu überraschen.
»Nein, warum?«
»Er ruft schon um Hilfe, wenn er sie braucht«, informierte mich Ned Gowan, der neben mir ebenfalls in aller Seelenruhe zusah.
»Wie Ihr meint.« Skeptisch verstummte ich.
Ich war mir alles andere als sicher, ob Jamie überhaupt in der Lage sein würde, um Hilfe zu rufen, wenn er sie brauchte; im Moment versuchte nämlich ein kräftiger Bursche in Grün, ihn zu erwürgen. Ich sah es schon kommen, dass Dougal demnächst auf sein bestes Beweisstück verzichten musste, doch er selbst schien sich keine Sorgen zu machen. Tatsächlich schien die Brutalität zu unseren Füßen keinen einzigen der Zuschauer zu beunruhigen. Es wurden zwar ein paar Wetten abgeschlossen, doch im Großen und Ganzen genoss man die Darbietung in aller Ruhe.
Ich war froh zu sehen, dass Rupert beiläufig auf ein paar Männer zuschlenderte, die anscheinend darüber nachdachten, in das Geschehen einzugreifen. Als sie sich auf das Handgemenge zubewegten, trat er ihnen ganz gelassen in den Weg, eine Hand auf seinem Dolch. Sie wichen wieder zurück und kamen offenbar zu dem Schluss, dass es auch ohne sie gehen würde.
Allgemein schien die Meinung zu herrschen, dass drei gegen einen ein vertretbares Verhältnis war. Angesichts der Tatsache, dass dieser Eine ziemlich groß war, reichlich Kampferfahrung besaß und obendrein wütend wie ein Berserker war, traf das möglicherweise sogar zu.
Die Chancen schienen fairer zu werden, als sich der kräftige Kerl in Grün abrupt zurückzog, weil ihm nach einem gezielten Ellbogenschlag die Nase blutete.
Sie rauften sich zwar noch ein paar Minuten weiter, doch der Ausgang zeichnete sich immer deutlicher ab, als dann der nächste Teilnehmer ausfiel und ächzend unter einen Tisch rollte. Jamie und sein ursprünglicher Widersacher hämmerten zwar immer noch bitterernst aufeinander ein, doch die Zuschauer, die auf Jamie gewettet hatten, strichen bereits ihre Gewinne ein. Ein quer über die Luftröhre gedrückter Unterarm, der von einem heftigen Hieb in die Niere begleitet wurde, ließ Braunhaar zu der Überzeugung gelangen, dass der Klügere nachgab.
Ich ergänzte die gälisch-englische Wörterliste in meinem Kopf um die Übersetzung von »Das reicht, ich ergebe mich«.
Unter dem Johlen der Menge erhob sich Jamie langsam von seinem letzten Gegner. Er bedankte sich mit einem atemlosen Kopfnicken, stolperte zu einer der wenigen Bänke hinüber, die noch standen, und nahm blut- und schweißüberströmt einen Bierkrug entgegen, den der Wirt ihm reichte. Er trank ihn in wenigen großen Zügen aus, stellte den leeren Krug auf die Bank und beugte sich keuchend vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Narben auf seinem Rücken trotzig entblößt.
Ausnahmsweise hatte er es nicht eilig, sich wieder anzuziehen; trotz der Kühle im Gastraum blieb er halb nackt sitzen und zog sich das Hemd erst an, als es Zeit war, unser Nachtlager aufzusuchen. Laute Gute-Nacht-Rufe begleiteten seinen Abgang, und trotz der schmerzenden Kratzer, Platzwunden und Prellungen sah er zum ersten Mal seit Tagen entspannt aus.
»Ein zerkratztes Schienbein, eine aufgeplatzte Augenbraue, eine ebensolche Lippe, eine blutige Nase,
»Gut«, sagte er und grinste. Er begann aufzustehen, hielt aber auf halbem Weg inne und verzog das Gesicht. »Aye, nun ja. Vielleicht schmerzen meine Rippen ein bisschen.«
»Natürlich tun sie das. Du bist ja überall blau – schon wieder. Warum tust du so etwas? Was in Gottes Namen meinst du denn, woraus du bestehst? Aus Eisen?«, fragte ich gereizt.
Er grinste reumütig und fasste sich an die geschwollene Nase.
»Nein. Ich wünschte, das täte ich.«
Ich seufzte erneut und tastete vorsichtig seine Rippen ab.
»Ich glaube nicht, dass sie gebrochen sind; sie sind nur geprellt. Aber ich verbinde dich vorsichtshalber. Stell dich hin, roll dein Hemd auf und streck die Arme zur Seite.« Ich begann, ein altes Schultertuch, das mir die Wirtsfrau gegeben hatte, in Streifen zu reißen. Während ich murmelnd von Klebpflastern und anderen Vorzügen des zivilisierten Lebens träumte, improvisierte ich einen Stützverband, zog die Enden fest und befestigte ihn mit der Ringbrosche von seinem Plaid.