Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Ich setzte mich mit einigem Abstand neben ihn, lehnte mich an einen Felsen und betrachtete ihn schüchtern. Abgesehen von einem kurzen Kopfnicken beachtete er mich nicht – offensichtlich ganz und gar mit Gedanken beschäftigt, die seinem finsteren Stirnrunzeln nach alles andere als erfreulich waren. Sein Fuß klopfte unruhig gegen den Felsen, auf dem er saß, und er verschränkte die Finger ineinander, um sie dann so heftig zu spreizen, dass die Knöchel hörbar knackten.

Es waren die knackenden Knöchel, die mich an Hauptmann Manson erinnerten. Der Versorgungsoffizier des Feldlazaretts, in dem ich gearbeitet hatte, nahm jeden Nachschubmangel, jede verspätete Lieferung und die ganze grenzenlose Idiotie der Armeebürokratie persönlich. Eigentlich war er ein gutmütiger, freundlicher Mensch, doch wenn die Frustration zu groß wurde, zog er sich kurz in sein Büro zurück und boxte gegen die Wand hinter der Tür, so fest er konnte. Die Besucher im Wartebereich sahen dann fasziniert zu, wie das dünne Material der Wand unter der Wucht seiner Hiebe erbebte. Kurz darauf kam Hauptmann Manson dann wieder zum Vorschein, um sich der jüngsten Krise zu widmen – zwar mit geprellten Knöcheln, doch sein Seelenfriede war wiederhergestellt. Als man ihn irgendwann zu einer anderen Einheit versetzte, war die Wand hinter der Tür mit faustgroßen Löchern übersät.

Während ich nun beobachtete, wie der junge Mann auf dem Felsen versuchte, sich die Finger zu verrenken, musste ich daran denken, wie der Hauptmann unlösbaren Nachschubproblemen entgegengetreten war.

»Du musst auf etwas einschlagen«, empfahl ich.

»Häh?« Er blickte überrascht auf. Anscheinend hatte er völlig vergessen, dass ich da war.

»Mit den Fäusten«, riet ich ihm. »Du wirst dich besser fühlen.«

Sein Mund zuckte, als wollte er etwas sagen, doch stattdessen erhob er sich von seinem Felsen, steuerte entschlossen auf einen knorrigen Kirschbaum zu und hieb mit aller Kraft darauf ein. Anscheinend empfand er dies tatsächlich als erleichternd, denn er boxte noch ein paarmal gegen den bebenden Stamm, bis ihm ein paar Blätter auf den Kopf rieselten.

Als er daraufhin von dem Baum abließ und zurückkam, saugte er an einem angekratzten Fingerknöchel.

»Danke«, sagte er mit einem ironischen Lächeln. »Vielleicht schlafe ich heute Nacht ja doch noch.«

»Hast du dir die Hand verletzt?« Ich stand auf, um es mir anzusehen, doch er schüttelte den Kopf und rieb sich die Fingerknöchel sacht mit der anderen Hand.

»Nein, es ist nichts.«

Einen Moment standen wir da und schwiegen verlegen. Ich wollte ihn nicht auf die Szene ansprechen, die ich mit angehört hatte, und auch nicht auf das, was sich zuvor im Gastraum zugetragen hatte. Schließlich brach ich das Schweigen, indem ich sagte: »Ich wusste gar nicht, dass du Linkshänder bist.«

»Aye, schon immer. Der Schulmeister hat damals versucht, mir die Hand hinter dem Rücken an den Gürtel zu binden, um mich zu zwingen, mit der anderen zu schreiben.«

»Kannst du es denn? Mit der anderen Hand schreiben, meine ich.«

Er nickte und hob die verletzte Hand erneut an seinen Mund. »Aye. Aber ich bekomme Kopfschmerzen davon.«

»Kämpfst du auch mit links?«, fragte ich, um ihn abzulenken. »Also mit einem Schwert?« Im Moment trug er keine Waffen außer seinem Dolch und dem Sgian dhu, doch tagsüber trug er Schwert und Pistolen, genau wie die meisten anderen Männer der Truppe.

»Nein, ich kann das Schwert mit beiden Händen benutzen. Mit einem Kurzschwert ist ein linkshändiger Schwertkämpfer nämlich im Nachteil, denn er wendet beim Kämpfen dem Gegner die linke Seite zu, und man hat schließlich das Herz auf der linken Seite.«

Zu nervös zum Stillsitzen, hatte er angefangen, über das Gras der Lichtung hin und her zu laufen und seine Worte mit Gesten eines imaginären Schwerts zu illustrieren. »Mit einem Breitschwert macht es kaum etwas aus«, sagte er. Er streckte beide Arme gerade von sich, legte die Hände aneinander und schwang sie in einem flachen, eleganten Bogen durch die Luft. »Da nimmt man meistens beide Hände«, erklärte er.

»Oder, wenn man nah genug ist, um nur eine zu nehmen, spielt es keine große Rolle, welche, denn man kommt von oben und spaltet dem Gegner die Schulter. Nicht den Kopf«, fügte er lehrreich hinzu, »denn da kann die Klinge leicht abrutschen. Aber wenn man ihn genau hier in der Kerbe erwischt …«, er hieb sich mit der Handkante an die Stelle, wo Hals und Schulter ineinander übergingen, »dann ist er ein toter Mann. Selbst wenn es kein Volltreffer ist, wird der Mann an diesem Tag nicht mehr zur Waffe greifen – falls überhaupt.«

Seine linke Hand sank an seinen Gürtel, und er zog mit einer fließenden Bewegung den Dolch.

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