»Wenn man aber mit Schwert und Dolch gleichzeitig kämpft«, sagte er, »und keine Tartsche hat, um die Dolchhand zu decken, dann nimmt man das Kurzschwert lieber in die rechte Hand und sticht mit dem Dolch von unten zu, also falls es ein Nahkampf ist. Wenn die Dolchhand gut geschützt ist, kann man von jeder beliebigen Seite kommen und sich mit dem ganzen Körper drehen und wenden, um die Klinge des Gegners abzuwehren.« Er duckte und drehte sich zur Illustration. »Dann gebraucht man den Dolch nur, wenn man das Schwert verliert oder den Schwertarm nicht mehr benutzen kann.«
Er ging in die Knie und stieß aufwärts zu, ein blitzschneller, mörderischer Stoß, der dicht vor meiner Brust zum Halten kam. Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück, und er richtete sich augenblicklich auf und steckte den Dolch mit einem leicht verlegenen Lächeln wieder ein.
»Entschuldige. Ich bin ein hoffnungsloser Angeber. Wollte dich nicht erschrecken.«
»Du bist wirklich gut«, sagte ich aufrichtig. »Wer hat dich denn das Fechten gelehrt?«, fragte ich. »Vermutlich muss dir das doch ein anderer linkshändiger Kämpfer gezeigt haben.«
»Aye, es war ein linkshändiger Kämpfer – der beste, den ich je erlebt habe.« Er lächelte kurz und humorlos. »Dougal MacKenzie.«
Die meisten Kirschbaumblätter waren ihm inzwischen wieder vom Kopf gefallen; ein paar hingen noch an seiner rechten Schulter, und ich streckte die Hand aus, um sie abzustreifen. Dabei fiel mir auf, dass seine Hemdnaht jetzt ordentlich, wenn auch ohne große Kunstfertigkeit geflickt war. Sogar ein Riss im Stoff war mit einfachen Stichen genäht.
»Er wird es wieder tun?«, fragte ich abrupt, weil ich den Mund nicht halten konnte.
Er zögerte kurz, ehe er antwortete, doch es war klar, dass er verstand, was ich meinte.
»Oh, aye«, sagte er dann und nickte. »Es ist schließlich ein gutes Mittel zum Zweck.«
»Und du wirst es zulassen? Dass er dich so benutzt?«
Er blickte an mir vorbei ins Tal zu dem Wirtshaus, durch dessen Mauerritzen immer noch Licht zu sehen war. Sein Gesicht war so glatt und ausdruckslos wie eine Wand.
»Vorerst.«
Wir setzten unseren Weg fort, indem wir jeden Tag nur ein paar Meilen zurücklegten. Häufig machten wir an einer Kreuzung oder einer Kate halt, wo sich mehrere Pächter mit ihren Getreidesäcken und ihrem sorgsam gesparten Geld einfanden. Ned Gowan trug mit flinker Feder alles in die Bücher ein, und die nötigen Quittungen holte er aus seinem Pergament- und Papierbeutel hervor.
Und wenn wir eine größere Ansiedlung oder ein Dorf erreichten, in dem es ein Wirtshaus gab, begann Dougal erneut, Bier zu spendieren, Geschichten zu erzählen und Reden zu halten – bis er schließlich, wenn er die Aussichten für vielversprechend hielt, Jamie zum Aufstehen zwang, damit er seine Narben zur Schau stellte. Und jedes Mal schwoll der zweite Beutel um einige Münzen an, der Geldbeutel, der für Frankreich und den Hof des Prätendenten bestimmt war.
Ich versuchte, ein Gespür für den Verlauf dieser Szenen zu entwickeln und vor dem Höhepunkt zu gehen, da öffentliche Kreuzigungen noch nie etwas für mich gewesen waren. Die erste Reaktion auf den Anblick von Jamies Rücken war zwar stets mitleidiges Entsetzen, gefolgt von lautstarken Beschimpfungen der englischen Armee und des Königs. Doch oft klang ein leiser Unterton der Verachtung mit, der selbst mir nicht entging. Einmal hörte ich einen Mann leise auf Englisch zu einem Freund sagen: »Das sieht ja wirklich furchtbar aus. Himmel, ich würde lieber in meinem Blut sterben, als mich von einer englischen Puddingfratze so misshandeln zu lassen.«
Jamie, der ohnehin schon wütend war und sich elend fühlte, bot mit jedem Tag ein größeres Bild des Jammers. Er schlüpfte so schnell wie möglich wieder in sein Hemd, wich allen Fragen und Mitleidsbekundungen aus und entschuldigte sich. Er ging allen aus dem Weg, bis wir am nächsten Morgen in den Sattel stiegen.
Der Moment, in dem es ihm endgültig zu viel wurde, kam ein paar Tage später in einem Örtchen namens Tunnaig. Dougal war noch dabei, die Zuhörer anzustacheln, eine Hand auf Jamies nackter Schulter, als einer der Dorfbewohner, ein junger Kerl mit langem, schmutzigem braunem Haar, Jamie persönlich beleidigte. Ich verstand zwar nicht, was er sagte, doch die Reaktion ließ nicht auf sich warten. Jamie entwand sich blitzartig Dougals Griff und versetzte dem Jungen einen Boxhieb in den Bauch, der ihn zu Boden warf.
Ich konnte inzwischen ein paar gälische Worte aneinanderreihen, obwohl ich noch weit davon entfernt war, die Sprache ernsthaft zu verstehen. Allerdings war mir aufgefallen, dass ich oft an der Ausdrucksweise des Sprechenden erkennen konnte, was gesagt wurde, ganz gleich, ob ich die Worte verstand oder nicht.
»Steh auf und sag das noch mal« sieht auf jedem Schulhof, in jeder Kneipe und jedem Hinterhof der Welt gleich aus.
Das gilt auch für »Richtig so, Kumpel« und »Auf ihn mit Gebrüll«.