Zu unserem großen Glück war es der unerschütterliche Bruder William, der uns am Morgen fand. Ich erwachte benommen von dem Geräusch der sich öffnenden Tür und war schlagartig ganz da, als ich hörte, wie er sich nachdrücklich räusperte, ehe er uns mit seiner sanften Yorkshire-Stimme einen guten Morgen wünschte.
Das schwere Gewicht auf meiner Brust war Jamie. Sein Haar war in bronzenen Strähnen getrocknet und ringelte sich über meine Brüste wie die Blütenblätter einer chinesischen Chrysantheme. Die Wange, die sich gegen mein Brustbein presste, war warm und schweißverklebt, doch Rücken und Arme waren, soweit ich sie erreichen konnte, so kalt wie meine Oberschenkel, gekühlt von der Winterluft, die zu uns hereinwehte.
Das Tageslicht, das durch das unverhangene Fenster strömte, gab das ganze Ausmaß der Verwüstung preis, die ich in der vergangenen Nacht nur dumpf erahnt hatte; das Zimmer war mit zertrümmerten Möbeln und Keramikscherben übersät, und die beiden riesigen Kerzenhalter lagen wie umgestürzte Baumstämme in einem Gewirr aus zerrissenen Wandbehängen und verstreuter Bettwäsche. Dem Muster der Kerben nach, die sich schmerzhaft in meinen Rücken bohrten, vermutete ich, dass ich auf dem lieblos angefertigten Wandteppich lag, der Sankt Sebastian, das menschliche Nadelkissen darstellte; falls ja, war es kein großer Verlust für das Kloster.
Bruder William stand reglos in der Tür, Krug und Schüssel in der Hand.
Mit großer Präzision heftete er den Blick auf Jamies linke Augenbraue und erkundigte sich: »Und wie fühlt Ihr Euch heute Morgen?«
Es folgte eine ziemlich lange Pause, in deren Verlauf Jamie rücksichtsvollerweise blieb, wo er war, so dass er mich zum Großteil gegen jeden Blick abschirmte. Schließlich sagte er im heiseren Ton eines Menschen, dem gerade eine Erleuchtung gekommen ist: »Hungrig.«
»Oh, gut«, sagte Bruder William, ohne den Blick von der Augenbraue abzuwenden. »Dann gehe ich und sage Bruder Josef Bescheid.« Die Tür schloss sich lautlos hinter ihm.
»Nett von dir, dich nicht zu bewegen«, sagte ich. »Ich möchte ja nicht, dass Bruder William unseretwegen auf unkeusche Gedanken kommt.«
Blaue Augen sahen mich aus nächster Nähe an. »Aye, nun ja«, sagte er überlegt, »der Anblick meines Hinterns dürfte im Moment wohl niemandem das Keuschheitsgelübde vergällen. Deiner dagegen …« Er hielt inne, um sich zu räuspern.
»Was ist denn mit meinem?«, wollte ich wissen.
Er senkte langsam den Kopf, um mir einen Kuss auf die Schulter zu drücken: »Deiner«, sagte er, »würde einen Bischof kompromittieren.«
»Mmmpfm.« Allmählich beherrschte auch ich die schottischen Laute ziemlich gut. »Wie dem auch sei, vielleicht solltest du dich jetzt doch in Bewegung setzen. Ich vermute, dass selbst Bruder Williams Taktgefühl nicht grenzenlos ist.«
Jamie senkte den Kopf vorsichtig neben den meinen und legte ihn auf eine Ecke des Wandteppichs, um mir von dort aus einen Seitenblick zuzuwerfen. »Ich weiß nicht, wie viel ich von der letzten Nacht geträumt habe und wie viel tatsächlich geschehen ist.« Seine Hand fuhr unbewusst an den Messerschnitt auf seiner Brust. »Aber wenn die Hälfte von dem, was ich glaube, tatsächlich geschehen ist, müsste ich eigentlich tot sein.«
»Du bist nicht tot. Ich habe nachgesehen.« Mit leisem Zögern fragte ich: »Wärst du denn gern tot?«
Er lächelte langsam, und seine Augen schlossen sich halb. »Nein, Sassenach, das wäre ich nicht.« Sein Gesicht war eingefallen und von Krankheit und Erschöpfung gezeichnet, doch friedvoll, die Furchen rings um seinen Mund hatten sich geglättet, und seine blauen Augen waren klar. »Aber ich bin verdammt dicht daran, ob ich es will oder nicht. Der einzige Grund, warum ich glaube, dass ich jetzt nicht sterben werde, ist, dass ich Hunger habe. Ich hätte doch keinen Hunger, wenn ich im Sterben läge, oder? Das wäre schließlich Verschwendung.« Ein Auge schloss sich ganz, doch das andere blieb halb offen und heftete sich mit einem seltsamen Ausdruck auf mein Gesicht.
»Du kannst nicht aufstehen?«
Er überlegte sorgfältig. »Wenn mein Leben davon abhinge, könnte ich vielleicht den Kopf wieder heben. Aber aufstehen? Nein.«
Mit einem Seufzer wand ich mich unter ihm hervor und richtete das Bett auf, ehe ich versuchte, ihn auf die Beine zu stellen. Es gelang ihm, einige Sekunden stehen zu bleiben, ehe er die Augen verdrehte und quer über das Bett fiel. Ich tastete panisch nach dem Puls an seinem Hals und fand ihn, langsam und kräftig, gleich unterhalb der dreieckigen Narbe an seinem Halsansatz. Schlichte Erschöpfung. Nach einem Monat im Kerker und einer Woche der völligen körperlichen und geistigen Verausgabung durch Hunger, Verletzungen, Krankheit und hohes Fieber hatte selbst dieser unermüdliche Körper das Ende seiner Kräfte erreicht.
»Ein Herz wie ein Löwe«, sagte ich und schüttelte den Kopf, »und ein Schädel wie ein Ochse. Schade, dass du nicht auch eine Haut wie ein Rhinozeros hast.« Ich berührte eine Wunde an seiner Schulter, die wieder blutete.
Er öffnete ein Auge. »Ein Rhinozeros?«