Ich trat an das Fußende des Bettes und beobachtete ihn einen Moment. Das Kohlebecken und zwei enorme, fast meterhohe Kerzen auf dem Tisch an der Wand erhellten das Zimmer schwach. Er war nackt, und das gedämpfte Licht schien die Verwüstung noch zu betonen, die das brennende Fieber hinterlassen hatte. Der schillernde Bluterguss auf seinen Rippen überzog seine Haut wie ein Pilz.
Ein Sterbender nimmt eine grünliche Verfärbung an. Erst ist es nur ein Hauch an den Rändern seines Gesichts, doch dann verteilt sich diese ungesunde Blässe allmählich über Kopf und Brust, und die Lebenskraft beginnt zu verebben. Ich hatte das schon oft gesehen. Manchmal hatte ich auch mit angesehen, wie dieser tödliche Prozess zum Stillstand kam, wie er rückgängig gemacht wurde, wie das Blut wieder zu fließen begann und der Mensch überlebte. Meistens jedoch … Ich schüttelte mich heftig, und ich wandte mich ab.
Ich zog die Hand aus den Falten meiner Robe und legte die Gegenstände auf den Tisch, die ich bei meinem heimlichen Besuch in Bruder Ambroses dunkler Kräuterkammer mitgenommen hatte. Ein Fläschchen Ammoniakgeist. Ein Päckchen mit getrocknetem Lavendel. Eins mit Baldrian. Ein kleines Weihrauchgefäß in Form einer offenen Blüte. Zwei Kugeln süß duftendes, harziges Opium. Und ein Messer.
Das Zimmer war stickig vom Rauch des Kohlebeckens. Das einzige Fenster war mit einem schweren Wandteppich verhängt, der den Tod des heiligen Sebastian zeigte. Während ich das zum Himmel gedrehte Gesicht des Heiligen und seinen von Pfeilen durchbohrten Oberkörper betrachtete, fragte ich mich nicht zum ersten Mal, was für eine Mentalität man besitzen musste, wenn man so etwas zur Dekoration eines Krankenzimmers benutzte.
Der Wandteppich war zwar wenig kunstvoll ausgeführt, doch er bestand aus schwerer Seide und Wolle und sperrte so gut wie jeden Luftzug aus. Ich hob ihn an der Unterkante an und wedelte damit, um den Holzkohlerauch abziehen zu lassen. Die kalte, feuchte Luft, die dafür hereinströmte, war erfrischend und trug einiges dazu bei, das Dröhnen in meinen Schläfen zu besänftigen, das begonnen hatte, als ich in den Spiegel aus Wasser blickte und mich erinnerte.
Hinter mir stöhnte es leise, und Jamie regte sich in der kühlen Luft. Gut. Er war also nicht tief bewusstlos.
Ich ließ den Wandteppich wieder vor das Fenster fallen und griff nach dem Räuchergefäß. Dann steckte ich eine der Opiumkugeln auf den Dorn und zündete sie mit einem Wachsdocht an. Das Gefäß stellte ich auf das kleine Tischchen an Jamies Kopf und achtete darauf, die süßlichen Dämpfe nicht selbst einzuatmen.
Ich hatte nicht viel Zeit. Ich musste meine Vorbereitungen beenden, ehe ihn der Opiumrauch so betäubte, dass er sich nicht mehr wecken ließ.
Ich öffnete die Vorderseite meiner Robe und rieb mich rasch mit Händen voller Lavendel und Baldrian ein. Es war ein angenehmer, würziger Duft, unverwechselbar und unvergesslich. Ein Duft, der für mich den Schatten des Mannes heraufbeschwor, der diesen Duft als Parfum trug, und den Schatten des Mannes hinter ihm; Schatten, die verwirrende Bilder gegenwärtigen Schreckens und verlorener Liebe lebendig werden ließen. Ein Duft, der Jamie an die Stunden des Schmerzes und der Wut erinnern musste, die er davon umhüllt verbracht hatte. Ich rieb mir den Rest fest in die Hände und ließ die Krümel auf den Boden fallen.
Ich holte tief Luft, um mir Mut zu machen, und griff nach dem Ammoniakfläschchen. Einen Moment blieb ich damit am Bett stehen und blickte auf das eingefallene, von Bartstoppeln übersäte Gesicht hinunter. Ihm blieb höchstens noch ein Tag; schlimmstenfalls nicht mehr als ein paar Stunden.
»Also schön, du verdammter schottischer Mistkerl«, sagte ich leise. »Dann wollen wir doch einmal sehen, wie stur du wirklich bist.« Vorsichtig nahm ich seine tropfende, verletzte Hand aus dem Wasser und stellte die Schale beiseite.
Dann hob ich das Fläschchen und schwenkte es dicht unter seiner Nase. Er prustete und versuchte, den Kopf abzuwenden, öffnete aber nicht die Augen. Ich grub meine Finger in das Haar an seinem Hinterkopf, um zu verhindern, dass er sich wegdrehte, und hielt ihm die Flasche erneut vor das Gesicht. Er schüttelte langsam den Kopf und ließ ihn hin und her schwingen wie ein Ochse, der aus dem Schlummer gerissen wird. Seine Augen öffneten sich einen Spalt.
»Wir sind noch nicht fertig, Fraser«, flüsterte ich in sein Ohr und versuchte, Randalls präzise Sprechweise zu treffen.
Jamie stöhnte und zog den Kopf ein. Ich packte ihn bei beiden Schultern und schüttelte ihn unsanft. Seine Haut war so heiß, dass ich fast losgelassen hätte.
»Wach auf, du schottischer Mistkerl! Ich bin noch nicht fertig mit dir!« Er begann, sich auf die Ellbogen hochzukämpfen und versuchte so verzweifelt zu gehorchen, dass es mir fast das Herz brach. Sein Kopf schwang immer noch hin und her, und seine aufgeplatzten Lippen murmelten unablässig etwas, das sich anhörte wie »bitte noch nicht«.