»Übrigens habe ich auch ein kleines Geschenk für dich, Sassenach«, sagte er und strich mir über das Haar. Ich zog die Nase hoch und wischte sie an meinem Rock ab, weil ich nichts anderes zur Hand hatte.
»Es tut mir leid, dass ich nichts für dich habe«, sagte ich und sah zu, wie er aufstand und die zerwühlte Bettwäsche durchsuchte. Vielleicht suchte er ja ein Taschentuch, dachte ich und zog erneut die Nase hoch.
»Abgesehen von solch kleinen Geschenken wie meinem Leben, meiner Unversehrtheit und meiner rechten Hand?«, fragte er trocken. »Das reicht für den Anfang,
Mir fiel der Mund auf. »Was?«
»Zieh dich aus, Sassenach, und zieh das hier an.« Er reichte mir die Robe und grinste. »Oder möchtest du, dass ich mich umdrehe?«
Ich hielt das grobe Leinen um mich geklammert und folgte Jamie die nächste dunkle Treppenflucht hinunter. Es war die dritte und bei weitem die schmalste; die Laterne in seiner Hand beleuchtete die Steinblöcke von Wänden, die kaum mehr als einen halben Meter auseinanderlagen. Es fühlte sich sehr so an, als würden wir von der Erde verschluckt, je weiter wir dem schmalen schwarzen Schacht in die Tiefe folgten.
»Bist du sicher, dass du weißt, wohin wir gehen?«, fragte ich. Meine Stimme hallte durch das Treppengewölbe, jedoch seltsam gedämpft, als spräche ich unter Wasser.
»Nun, verlaufen können wir uns hier ja wohl kaum, oder?«
Wir hatten einen weiteren Treppenabsatz erreicht, doch es stimmte, der Weg, der vor uns lag, führte nur in eine Richtung – abwärts.
Am Boden dieser Treppenflucht gelangten wir schließlich an eine Tür. Eine kleine Plattform war allem Anschein nach direkt in den massiven Fels gemeißelt worden, und die breite, niedrige Tür war aus Eichenbrettern und Messingscharnieren gezimmert. Die Bretter waren vom Alter grau verfärbt, doch immer noch stabil, und die Plattform war sauber gefegt. Dieser Teil des Klosters wurde also eindeutig noch genutzt. Der Weinkeller vielleicht?
Neben der Tür befand sich ein Wandhalter mit einer Fackel, die der letzte Besucher halb abgebrannt hatte. Jamie blieb stehen, um sie mit einem der bereitliegenden Papierdochte anzuzünden, dann drückte er die unverschlossene Tür auf, duckte sich hindurch und überließ es mir, ihm zu folgen.
Zuerst konnte ich nichts anderes im Inneren sehen als den Schein von Jamies Laterne. Alles war schwarz. Die Laterne bewegte sich sacht auf und ab und entfernte sich von mir. Ich blieb stehen und folgte dem Lichtfleck mit den Augen. Alle paar Schritte hielt er an, dann ging er weiter, während sich hinter ihm langsam eine kleine rote Flamme erhob. Als sich meine Augen allmählich an das Licht gewöhnten, verwandelten sich die Flammen in eine Reihe von Laternen, die auf Felssäulen standen und wie Leuchtfeuer in die Schwärze strahlten.
Es war eine Höhle. Zuerst dachte ich, es sei eine Kristallhöhle, wegen des seltsamen schwarzen Schimmers, der die Laternen umgab. Doch dann trat ich bis an die erste Säule vor und ließ den Blick um mich schweifen, und dann sah ich es.
Es war ein klarer schwarzer See. Transparentes Wasser schimmerte wie Glas über feinem schwarzem Vulkansand und glitzerte rot im Laternenschein. Die Luft war feucht und warm, schwül vom Dampf, der an den kühlen Höhlenwänden kondensierte und an den gerippten Felssäulen hinunterlief.
Eine heiße Quelle. Schwacher Schwefelgeruch brannte mir in der Nase. Ich dachte daran, wie Anselm mir von den Quellen erzählt hatte, die in der Nähe der Abtei aus dem Boden stiegen und für ihre Heilkräfte berühmt waren.
Jamie stand hinter mir und blickte über die sacht dampfende Fläche aus Gagat und Rubinen hinweg.
»Ein heißes Bad«, sagte er stolz. »Gefällt es dir?«
»Jesus H. Roosevelt Christ.«
»Oh, es
Er ließ seine Robe zu Boden sinken und stand sacht schimmernd in der Dunkelheit, von den glitzernden Reflexionen des Wassers mit roten Flecken überzogen. Das Deckengewölbe der Höhle schien das Licht der Laternen zu schlucken, so dass ihr Schein kaum mehr als einen Meter weit reichte, ehe er verschwand.
Ein wenig zögernd ließ ich mir die Novizenrobe von den Armen gleiten.
»Wie heiß ist es denn?«, fragte ich.
»Heiß genug«, antwortete er. »Keine Sorge, du verbrennst dich nicht. Aber wenn du länger als eine Stunde darin bleibst, kocht es dir die Haut von den Knochen wie Suppenfleisch.«
»Was für ein verlockender Gedanke«, sagte ich und entledigte mich der Robe.
Vorsichtig folgte ich seiner aufrechten, schlanken Gestalt in das Wasser. In den Stein waren Stufen gemeißelt, die unter die Oberfläche führten, und an der Wand war ein verknotetes Seil gespannt, an dem man sich festhalten konnte.