Er betrachtete sie einen Moment und rieb sich zerstreut das Kinn. Was genau erwartete sie nur von ihm?
Sie öffnete ein Auge.
»Wolltest du nicht mit mir schlafen?«
»Nun, es geht doch nicht … ich meine … wenn du so daliegst …« Er wies mit einer hilflosen Geste auf ihre Haltung.
»Oh.« Prompt spreizte sie die Beine, bis sich ihr Rock darüber spannte. »Ist das besser?«
»Aye, viel besser«, sagte er trocken. »Setz dich, du freches Ding, und küss mich.«
Sie setzte sich, immer noch argwöhnisch. Vollkommen reglos saß sie da, auch wenn sie das Kinn hob, und er sah ihren Herzschlag, ein Flattern unter der Haut an ihrem Hals. Auch in ihm flatterte es, als er begriff, dass sie Angst hatte – und zweifellos lieber sterben würde, als
Er streckte vorsichtig die Hand aus, um ihre Wange zu umfassen, sacht, als zöge er eine nistende Taube aus dem Taubenschlag. Sie schloss die Augen und leckte sich mit einem kleinen Zucken die Unterlippe. Dann runzelte sie konzentriert die Stirn und spitzte die Lippen.
Er glaubte es einfach nicht. Aber er sagte es trotzdem.
»Und du hast noch nie jemanden geküsst?«
»Nun ja, meine Mutter«, sagte sie immer noch stirnrunzelnd und mit geschlossenen Augen. »Also los.«
Er nahm die Hand von ihrer Wange und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. »Maria, Josef und Bride, steht uns bei«, murmelte er. Allmählich dämmerte ihm, dass es möglicherweise deutlich komplizierter war als gedacht, Ellen MacKenzie zu stehlen.
»Warum hat dich denn noch nie jemand geküsst?«, wollte er wissen.
»Weil mein Vater oder meine Brüder jeden kastriert hätten, der es versucht hätte«, erwiderte sie. Sie öffnete die Augen und sah ihn direkt an. »Malcolm Grant hat es allerdings versucht, und ich habe ihm gesagt,
»Und das hat ihn aufgehalten.« Sie kniff die Augen zusammen, weil sie seine Skepsis hörte.
»Aye, das hat es«, sagte sie, und er hörte einen neuen Unterton in ihrer Stimme. Sie hielt ihn jetzt nicht mehr zum Narren – wenn sie es denn je getan hatte.
»Er hat mich gebeten, mit ihm ein Stück durch den Garten zu gehen, und Colum hat mir diesen bösen Blick zugeworfen, der sagte, ich müsste es tun, also habe ich es getan. Sobald wir außer Sichtweite waren, hat er mich beim Arm genommen und gesagt, es sei abgemachte Sache zwischen ihm und Colum, dass ich ihn heiraten sollte. Dann hat er Anstalten gemacht, mich zu küssen, und ich habe ihn von mir gestoßen. Er dachte, ich spiele die Schüchterne, und hat es noch einmal versucht – da habe ich mir den
Er erinnerte sich an ihr Gesicht, als sie aus dem Garten gestürmt kam, und er schluckte.
»Und dann?«, fragte er.
Sie sah ihn an, dann wandte sie den Blick ab. Sie war errötet, und das Flattern in ihrem Hals war kräftiger geworden.
»Er hat gesagt«, zischte sie, »es wäre Zeit, dass ich Gehorsam lerne. Und ich habe gesagt, es stünde ihm nicht zu, so mit mir zu sprechen. Und er hat gesagt …«, ihre Augen glitzerten jetzt, dunkel vor Wut, »ich würde seine Frau werden, und er würde mich auf der Stelle dazu machen.«
Grant hatte sie an beiden Handgelenken gepackt, hatte aber eine Hand loslassen müssen, um sich durch ihre Röcke zu kämpfen. Woraufhin sie mit der freien Hand seine Augen gekratzt hatte, das andere Handgelenk losgerissen hatte und einen glaubwürdigen Versuch unternommen hatte, ihre Drohung wahr zu machen.
»Aber er ist mir entwischt«, sagte sie mit nach wie vor finsterer Miene. »Und ich bin davongerannt.«
Ein dumpfes Gefühl beschlich ihn, als er all das hörte.
»Hör mir zu,
War er so verrückt, wie Murtagh gesagt hatte? Verrückt, ihr zu trauen, verrückter noch, sie zu nehmen?
Allmählich dämmerte ihm das Ausmaß dessen, was er getan hatte.
Was lange währt …
Natürlich war ich begeistert, als ich im Sommer 2014 gefragt wurde, ob ich die ersten drei Bände von Diana Gabaldons »Outlander«-Reihe neu übersetzen möchte. Davon habe ich geträumt, seit mir 1992 eine amerikanische Freundin ihr eselsohriges Exemplar des ersten Buchs geschickt hat – versehen mit der augenzwinkernden Anmerkung, einige Seiten wären zwar verdächtig gewellt, das käme aber nur daher, dass sie das Buch mit im Whirlpool hatte, und es hätte natürlich nichts mit verheulten Lesestunden zu tun – und ich Dianas einzigartigem Stil von der ersten Seite an verfallen bin.