Ich verzichtete auf den Hinweis, dass die Jäger in diesem Fall das Wildschwein, dem sie sich näherten, ja auch erst sehen konnten, wenn sie ihm direkt gegenüberstanden.
Als die Sonne begann, den Nebel mit Rot und Gold zu durchziehen, sammelte sich die Jagdgesellschaft auf dem Hof. Alles hing voller glitzernder Tröpfchen, und die Vorfreude ließ die Augen der Männer leuchten. Ich war froh zu sehen, dass man nicht erwartete, dass die Frauen sich an der Jagd beteiligten, sondern sich ihre Mitwirkung darauf beschränkte, den scheidenden Helden Fladenbrot und Bier darzubieten. Angesichts der großen Anzahl Männer, die dann bis an die Zähne mit Wildschweinspeeren, Äxten, Pfeil und Bogen und Dolchen bewaffnet zum Wald aufbrachen, tat mir das Wildschwein ein bisschen leid.
Diese Einstellung verwandelte sich eine Stunde später in ehrfurchtsvollen Respekt, als man mich hastig an den Waldrand rief, um die Verletzungen eines Mannes zu versorgen, der, wie ich es verstand, zufällig im Nebel über das Tier gestolpert war.
»Grundgütiger!«, sagte ich, während ich eine klaffende Wunde untersuchte, die ihm vom Knie bis zum Knöchel lief. »Ein
»Häh?« Das Opfer war kreidebleich vor Schreck und viel zu erschüttert, um mir zu antworten, doch einer der Männer, die ihm aus dem Wald geholfen hatten, warf mir einen seltsamen Blick zu.
»Egal«, sagte ich und zog den Kompressionsverband fest, den ich ihm um den verletzten Unterschenkel gebunden hatte. »Bringt ihn auf die Burg; Mrs. Fitz soll ihm eine heiße Suppe und eine warme Decke geben. Das muss genäht werden, und ich habe hier kein Werkzeug dafür.«
Die rhythmischen Rufe der Treiber hallten immer noch im Nebel auf dem Hügel wider. Plötzlich ertönte ein durchdringender Schrei, der sich hoch über Nebel und Bäume erhob, und ein aufgeschreckter Fasan schoss mit klatschenden Flügeln neben mir aus seinem Versteck.
»Lieber Gott im Himmel, was denn jetzt?« Ich ergriff einen Armvoll Verbandsmaterial, überließ meinen Patienten seinen Begleitern und rannte in den Wald.
Unter dem Geäst war der Nebel dichter, und ich konnte nicht mehr als ein paar Meter weit sehen, doch die aufgeregten Rufe und das knackende Unterholz führten mich in die richtige Richtung.
Es streifte von hinten an mir vorüber. Ich war so auf die Rufe konzentriert, dass ich es gar nicht hörte und es auch erst sah, als es vorbei war, eine dunkle Masse, die sich mit unglaublicher Geschwindigkeit bewegte. Die absurd kleinen, gespaltenen Hufe bewegten sich fast lautlos auf dem nassen Laub.
Die Plötzlichkeit seines Auftauchens verschlug mir derart die Sprache, dass ich im ersten Moment gar nicht auf den Gedanken kam, Angst zu haben. Ich starrte einfach nur auf die Stelle im Nebel, an der das borstige schwarze Wesen verschwunden war. Dann erst, als ich die Hand hob, um mir die Haare zurückzustreichen, die sich feucht um mein Gesicht ringelten, sah ich den fleckigen roten Streifen, der quer über meine Finger lief. Ich senkte den Kopf und sah einen passenden roten Streifen auf der Rückseite meines Rocks. Das Tier war verletzt. War der Schrei womöglich von dem Wildschwein gekommen?
Ich glaubte es nicht; ich kannte den Klang einer tödlichen Verletzung. Und das Schwein war mit unverminderter Energie auf den Beinen gewesen, als es mich streifte. Ich holte tief Luft und schritt in die Wand aus Nebel hinein, um einen verwundeten Mann zu suchen.
Ich fand ihn am Fuß eines kleinen Abhangs, umringt von Männern in Kilts. Sie hatten ihre Plaids über ihn gebreitet, um ihn warm zu halten, doch der Stoff, der seine Beine bedeckte, war von Feuchtigkeit unheilvoll verdunkelt. Eine breite Spur aus schwarzem Schlamm zeigte an, wo er den Hang hinuntergerollt war, und ein Haufen aus aufgewühltem Laub und zerstampfter Erde verriet, wo er auf das Wildschwein getroffen war. Ich sank neben dem Mann auf die Knie, zog das Tuch beiseite und machte mich ans Werk.
Kaum hatte ich jedoch begonnen, als mich die Rufe der Männer bewogen, mich umzudrehen, und ich den Umriss des Nachtmahrs – auch diesmal lautlos – aus den Bäumen auftauchen und auf die Lichtung treten sah.
Diesmal hatte ich die Zeit, den Dolchgriff zu erkennen, der aus der Flanke des Tiers ragte – vielleicht das Werk des Mannes, der vor mir auf dem Boden lag. Und das gefährliche gelbe Elfenbein seiner Hauer, rot gefleckt wie die irren kleinen Augen.
Genauso vom Donner gerührt wie ich, setzten sich die Männer ringsum nur zögerlich in Bewegung, um zu den Waffen zu greifen. Ein hochgewachsener Mann war schneller als der Rest. Er riss einem Kameraden, der wie erstarrt dastand, den Jagdspeer aus der Hand und trat auf die Lichtung hinaus.