Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Es war Dougal MacKenzie. Er bewegte sich beinahe beiläufig und hielt den Speer mit beiden Händen vor sich hin, nicht sehr hoch, eher so, als wollte er eine Schaufel voll Erde anheben. Er war ganz auf das Tier konzentriert und redete leise darauf ein, als wollte er es mit gälischem Gemurmel aus dem Schutz des Baumes locken, neben dem es stand.

Der erste Angriff kam so plötzlich wie eine Explosion. Das Tier schoss derart dicht an ihm vorbei, dass sich der braune Jagdtartan im Luftzug bewegte. Es fuhr auf der Stelle herum und raste zurück, eine verschwommene Erscheinung aus muskelbepackter Rage. Dougal sprang beiseite wie ein Stierkämpfer und stieß mit dem Speer auf das Tier ein. Hin, her und noch einmal. Es war weniger blinde Wut als vielmehr ein Tanz zweier Gegner, die fest in ihrer Kraft verwurzelt waren und doch so beweglich, dass sie über dem Boden zu schweben schienen.

Das Ganze dauerte nur etwa eine Minute, doch es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Es endete, als Dougal dem Hieb der Stoßzähne auswich, die Spitze des kurzen, stabilen Speers hob und ihn dem Tier gezielt zwischen die steilen Schultern rammte. Ich hörte den Aufprall des Speers und ein schrilles Kreischen, das mir die Haare auf den Unterarmen zu Berge stehen ließ. Die kleinen Schweineaugen bewegten sich hektisch hin und her und suchten nach dem Feind, und die kleinen Hufe des Ebers sanken tief im Schlamm ein, als er zu wanken begann. Das anhaltende Kreischen schwoll zu unmenschlicher Höhe an, der schwere Körper fiel zur Seite, und der Dolch bohrte sich dabei bis zum Heft in die haarige Flanke. Die zierlichen Hufe traten um sich und schleuderten die feuchte Erde in großen Klumpen umher.

Das Kreischen verstummte abrupt. Einen Moment herrschte Stille, dann folgte ein durch und durch schweinisches Grunzen, und der Fellberg regte sich nicht mehr.

Dougal hatte nicht abgewartet, ob er das Schwein tatsächlich erlegt hatte, sondern das zuckende Tier umrundet und sich wieder zu dem Verletzten begeben. Er sank auf die Knie, schob dem Opfer den Arm unter die Schultern und nahm die Stelle des Mannes ein, der ihn bis jetzt gestützt hatte. Eine feine Blutspur hatte ihm die hohen Wangenknochen besprüht, und trocknende Tröpfchen verklebten ihm auf der einen Seite das Haar.

»Ist ja gut, Geordie«, sagte er, und seine rauhe Stimme war plötzlich sanft. »Ist ja gut. Ich hab ihn erwischt, Mann. Alles ist gut.«

»Dougal? Bist du das, Mann?« Der Verletzte wandte den Kopf in Dougals Richtung und versuchte angestrengt, die Augen zu öffnen.

Ich hörte überrascht zu, während ich dabei hastig Puls und Atmung des Mannes überprüfte. Dougal, der Kühne, Dougal, der Gnadenlose, sprach ganz leise mit dem Mann, wiederholte seine tröstenden Worte, drückte den Mann fest an sich und strich ihm über das zerwühlte Haar.

Ich richtete mich in die Hocke auf und streckte die Hand nach den Tüchern auf seinem Körper aus. Eine tiefe Verletzung zog sich fast dreißig Zentimeter von seiner Lende über den Oberschenkel, und sie blutete stark. Doch es spritzte nicht; die Oberschenkelarterie war nicht verletzt, was bedeutete, dass es eine Chance gab, die Blutung zu stillen.

Was nicht gestillt werden konnte, war die Flüssigkeit, die dem Mann aus dem Bauch sickerte, wo die reißenden Stoßzähne Haut und Muskeln, Bauchfell und Darm geöffnet hatten. Es war zwar kein größeres Blutgefäß durchtrennt, doch der Darm war perforiert; durch den gezackten Riss in der Haut des Mannes konnte ich es deutlich sehen. Solche Bauchverletzungen waren häufig tödlich, selbst wenn man einen modernen Operationssaal, steriles Nähmaterial und Antibiotika zur Verfügung hatte. Der auslaufende Inhalt des perforierten Darms verseuchte den ganzen Bauchraum, der sich mit tödlicher Gewissheit entzünden würde. Und hier, wo ich den Mann höchstens mit Knoblauchzehen und Schafgarbenblüten behandeln konnte …

Mein Blick traf auf Dougal, der sich die furchtbare Wunde ebenfalls betrachtet hatte. Seine Lippen bewegten sich und formten tonlos über den Kopf des Mannes hinweg die Worte: »Kann er das überleben?«

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