Nacheinander erschienen die Männer aus den nahe gelegenen Katen, um ihre jährlichen Geschäfte mit dem Stellvertreter des Clanoberhauptes abzuwickeln. Dabei ging es zwanglos zu, viel weniger förmlich als in der Halle von Leoch. Die Männer kamen frisch vom Feld oder aus der Scheune, nahmen sich einen freien Hocker und setzten sich zu Dougal, um ihm auf Augenhöhe ihre Lage zu schildern, sich zu beschweren oder einfach nur zu plaudern.
Manche von ihnen wurden von ein oder zwei kräftigen Söhnen begleitet, die Getreide oder Wolle in Säcken herbeischleppten. Zum Abschluss jedes Gesprächs stellte der unermüdliche Ned Gowan eine Quittung für die bezahlte Jahrespacht aus, trug die Transaktion gewissenhaft in seine Bücher ein und schnippte mit den Fingern in die Richtung der Kutscher, die die Bezahlung gehorsam auf einen der Wagen hievten. Weniger häufig verschwand ein Häuflein Münzen leise klirrend in den Tiefen seines Lederbeutels. Die bewaffneten Wachtposten lagerten währenddessen unter den Bäumen oder verschwanden auf den bewaldeten Hängen – vermutlich um zu jagen.
Im Lauf der nächsten Tage wiederholte sich diese Szene in unterschiedlichen Variationen. Hin und wieder wurde ich in eine Kate eingeladen, einen Becher Cidre oder Milch zu trinken, und innen drängten sich dann die Frauen um mich, um zu plaudern. Manchmal waren die Ansiedlungen groß genug für ein Wirtshaus, welches dann Dougals Hauptquartier für den jeweiligen Tag wurde.
Ab und zu wurde die Pacht in Form eines Pferdes, eines Schafs oder eines anderen Tiers bezahlt. Im Allgemeinen wurden die Tiere in der Nachbarschaft gegen etwas eingetauscht, was sich leichter transportieren ließ. Pferde nahmen wir mit, wenn Jamie sie für gut genug erklärte.
Jamies Anwesenheit war mir ein Rätsel. Natürlich kannte sich der junge Mann gut mit Pferden aus, doch das traf auch auf die meisten anderen Männer des Trupps oder auf Dougal zu. Angesichts der Tatsache, dass die Bezahlung nur sehr selten aus Pferden bestand und diese meistens nichts Besonderes waren, fragte ich mich, warum es nötig gewesen war, einen Experten dafür mitzunehmen. Eine Woche nach unserem Aufbruch fand ich in einem Dorf mit einem unaussprechlichen Namen den wahren Grund heraus, warum Dougal Jamie dabeihaben wollte.
Das Dorf war zwar klein, doch es gab ein Wirtshaus mit zwei oder drei Tischen und mehreren wackeligen Hockern. Hier hörte Dougal die Menschen an und kassierte seine Pacht. Nach einer ziemlich ungenießbaren Mahlzeit aus Pökelfleisch mit Rübchen hielt er Hof, spendierte den Pächtern Bier und hielt obendrein großzügig die Dorfbewohner aus, die sich am Feierabend neugierig zu uns gesellten.
Ich saß still auf der Kaminbank in der Ecke, trank ein saures Ale und erholte mich von dem langen Ritt. Ich achtete kaum auf das, was Dougal sagte, teils auf Gälisch, teils auf Englisch, von Neuigkeiten und Bauerntratsch bis hin zu Dingen, die sich wie vulgäre Witze und weitschweifige Geschichten anhörten.
Geistesabwesend fragte ich mich, wie lange wir in diesem Tempo wohl brauchen würden, um Fort William zu erreichen. Und wie ich mich, wenn wir erst dort waren, am besten von den Schotten absetzte, ohne gleich der englischen Garnison in die Fänge zu geraten. In meine Gedanken versunken hatte ich nicht mitbekommen, dass schon seit einer Weile nur noch Dougal sprach, als hielte er eine Rede. Seine Zuhörer folgten ihm gebannt; nur hin und wieder erscholl ein Zwischenruf. Allmählich wurde mir meine Umgebung wieder bewusst, und ich begriff, dass er sein Publikum nach allen Regeln der Kunst zu irgendetwas anstachelte.
Ich sah mich um. Der fette Rupert und Ned Gowan, der schmächtige Anwalt, saßen hinter Dougal an der Wand, und ihre Bierkrüge standen vergessen neben ihnen auf der Bank, während sie Dougal konzentriert zuhörten. Jamie hielt den Blick stirnrunzelnd auf sein Bier gerichtet und beugte sich vor, die Ellbogen auf dem Tisch. Was auch immer Dougal sagte, schien ihn nicht zu begeistern.
Ohne Vorwarnung stand Dougal auf, packte Jamies Kragen und zerrte daran. Das Hemd, das alt und nicht besonders gut verarbeitet war, riss entlang der Nähte auf. Jamie erstarrte völlig überrascht. Er kniff die Augen zusammen, und ich merkte, dass er sich auf die Zähne biss. Doch er regte sich nicht, als Dougal die Fetzen des Hemdes zur Seite schob und den Zuschauern damit seinen nackten Rücken präsentierte.
Alles schnappte nach Luft beim Anblick des von Narben gezeichneten Rückens, gefolgt von empörter Erregung. Ich öffnete den Mund, dann fing ich das Wort »Sassenach« auf, das alles andere als freundlich klang, und ich schloss ihn wieder.