Читаем Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7) полностью

Er lauschte und glaubte, Musik zu hören, die so klang, wie die in Herrn Kretzschmars Klub, aber sie konnte auch von einem anderen Schiff kommen. Vom Dingi her beobachtete ihn immer noch Walters braunes Gesicht.

»Nochmals rufen«, grollte er. »Rufen Sie doch weiter, wenn Sie wollen, daß er kommt.«

Doch Smiley wollte sich von dem Alten nicht herumkommandieren lassen. Er spürte seine Autorität und seine Verachtung und verübelte ihm beides.

»Ist er drinnen oder nicht?« rief Smiley. »Ich habe gesagt, ist er drinnen?«

Der Alte reagierte nicht.

»Haben Sie ihn an Bord gehen sehen?« bohrte Smiley weiter. Er sah, wie der braune Kopf sich abwandte und wußte, daß der Alte ins Wasser spuckte.

»Die Wildsau kommt und geht«, hörte er ihn sagen. »Was zum Teufel schert das mich?«

»Wann ist er denn das letzte Mal gekommen?«

Beim Klang ihrer Stimmen waren ein paar Köpfe aus den anderen Booten aufgetaucht. Sie starrten Smiley ausdruckslos an: den kleinen, dicken Fremden, der am Ende des zerbrochenen Stegs stand. Am Strand hatte sich eine bunt zusammengewürfelte Gruppe gebildet: ein Mädchen in Shorts, eine alte Frau, zwei gleich angezogene Halbwüchsige. Sie hatten etwas an sich, das sie trotz ihrer Verschiedenartigkeit verband: eine Sträflingsmiene, Gehorsam gegenüber denselben üblen Gesetzen.

»Ich suche Otto Leipzig«, rief Smiley ihnen allen zu. »Kann jemand mir bitte sagen, ob er in der Gegend ist?« Auf einem nicht allzuweit entfernten Hausboot ließ ein bärtiger Mann einen Eimer ins Wasser. Smileys Auge fiel auf ihn. »Ist jemand an Bord der Isadora ?« fragte er.

Der Eimer gurgelte und lief voll. Der Bärtige zog ihn heraus, sagte aber nichts.

»Sie sollten seinen Wagen sehen«, schrie eine Frau schrill vom Strand herüber, oder vielleicht war es auch ein Kind gewesen. »Sie haben ihn in den Wald gefahren.«

Der Wald lag hundert Meter vom Wasser entfernt und bestand hauptsächlich aus Jungholz und Birken.

»Wer?« fragte Smiley. »Wer hat ihn dahin gefahren?«

Der Sprecher von vorhin, wer immer es auch gewesen war, zog es jetzt vor, nicht mehr zu sprechen. Der Alte ruderte auf den Steg zu. Smiley beobachtete ihn, wie er näher kam, wie er achtern auf die Treppen des Stegs zusteuerte. Ohne zu zögern, kletterte er in das Boot. Der Alte brachte ihn mit ein paar Ruderschlägen zur Isadora. Eine Zigarette war zwischen seine rissigen Lippen geklemmt, sie schimmerte unwirklich vor der bösartigen Düsterkeit seines verwitterten Gesichts.

»Von weit her?« fragte der Alte.

»Ich bin ein Freund von ihm«, sagte Smiley.

Die Leiter der Isadora war voller Rost und Algen, das Deck schlüpfrig vor Tau. Smiley hielt nach Lebenszeichen Ausschau, sah aber keine. Er hielt nach Fußabdrücken im Tau Ausschau, ohne Erfolg. Ein paar Angelschnüre hingen von der rostigen Reling ins Wasser, aber sie konnten schon seit Wochen daran festgebunden sein. Er lauschte und hörte wieder, ganz schwach, Fetzen einer langsamen Tanzmusik. Der Klang kam von unten, und es war, als spiele jemand eine 78-Schallplatte mit 33.

Er schaute hinunter und sah den Alten in seinem Dingi. Er hatte sich zurückgelehnt, den Zipfel seiner Mütze über die Augen gezogen und schlug langsam den Takt zur Musik. Smiley drückte auf die Klinke der Kabinentüre. Sie war verschlossen, doch die Tür schien, wie alles andere auch, nicht sehr solide zu sein. Er ging also auf dem Deck herum, bis er einen rostigen Schraubenzieher fand, der sich als Stemmeisen verwenden ließ. Er zwängte ihn in die Spalte, ruckte ihn hin und her, und plötzlich gab zu seiner Überraschung die ganze Tür nach, Rahmen, Angeln, Schloß und der Rest fielen mit einem explosionsartigen Knall nach hinten, in einer Wolke roten Staubs aus verrottetem Holz. Eine große, langsam fliegende Motte stieß an seine Wange, und er spürte noch eine Weile danach einen Schmerz wie von einem Stich, so daß er sich allmählich fragte, ob es nicht eine Wespe gewesen war. In der Kabine war es stockdunkel, doch die Musik war ein wenig lauter. Er stand auf der obersten Sprosse der Leiter, und trotz des Tageslichts hinter ihm blieb es unten pechschwarz. Er drückte auf einen Lichtschalter, der nicht funktionierte. Smiley ging wieder zurück und rief zu dem Alten in seinem Dingi hinunter: »Streichhölzer!«

Beinahe wäre er aus der Ruhe gekommen. Die Zipfelmütze rührte sich nicht, und das Taktschlagen hörte nicht auf. Er schrie, und diesmal landete eine Streichholzschachtel vor seinen Füßen. Er nahm sie mit in die Kabine, zündete ein Streichholz an und sah das erschöpfte Transistorradio, das mit seiner letzten Energie Musik ausstieß. Es war so ziemlich das einzige, was noch ganz war, das einzige, was noch funktionierte in all der Verwüstung ringsum.

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