Sie gingen in einem ungeordneten
Haufen dahin, den niemand anführte. Der Alte marschierte an Smileys Seite, halb
Wärter, halb Leibwächter, und machte ihm mit possenhafter Würde den Weg frei.
Die Kinder rannten überall herum, hielten sich aber in sicherer Entfernung vom
Alten. Der Volkswagen stand in einem Dickicht und war ebenso verwüstet wie die
Kabine der
»Er war nichts wert«, erklärte der Alte. »Wie die alle hier. Sehen Sie sich die Brüder doch an. Polacken, Verbrecher, Untermenschen.«
Smileys Wagen war noch immer da, wo er ihn geparkt hatte, am Rand des Pfades, dicht neben den Abfallbehältern, und die beiden blonden, gleich gekleideten Halbwüchsigen standen am Kofferraum und droschen mit Hämmern auf den Deckel ein. Er konnte sehen, wie ihre Stirnlocken bei jedem Schlag auf- und niederhüpften. Sie trugen Jeans und schwarze Stiefeletten, die mit Nieten in Form von Gänseblümchen geschmückt waren.
»Sagen Sie ihnen, sie sollen aufhören, auf meinen Wagen einzuschlagen«, sagte Smiley zum Alten.
Die Lagerbewohner folgten ihnen in einiger Entfernung. Er konnte wieder das Schlurfen ihrer Schritte hören, wie eine Armee von Flüchtlingen. Als er mit den Schlüsseln in der Hand seinen Wagen erreichte, waren die beiden Jungen immer noch über den rückwärtigen Teil gebeugt und schlugen aus Leibeskräften Darauf ein. Er ging um das Auto herum, um nachzusehen. Sie hatten den Kofferraumdeckel aus den Scharnieren geschlagen, ihn gebogen und wieder flach gedengelt, und jetzt lag er wie ein unförmiges Paket auf dem Boden. Er schaute auf die Räder, doch es schien nichts zu fehlen. Es fiel ihm nichts mehr ein, wo er noch nachsehen könnte. Da bemerkte er, daß sie einen Abfalleimer an die hintere Stoßstange gebunden hatten. Er zerrte an der Schnur, um sie abzureißen, doch sie gab nicht nach. Er versuchte es mit den Zähnen, ohne Erfolg. Der Alte lieh ihm ein Taschenmesser, und Smiley schnitt die Schnur durch, wobei er sich immer in geziemender Entfernung von den beiden Jungen mit ihren Hämmern hielt. Die Lagerbewohner hatten einen Halbkreis gebildet und hielten ihre Kinder zum Abschiedwinken hoch. Smiley stieg in das Auto, und der Alte knallte mit einem gewaltigen Schwung die Tür hinter ihm zu. Smiley steckte den Schlüssel in die Zündung, doch während er ihn drehte, hatte einer der Jungen sich lässig quer über die Kühlerhaube gelegt wie ein Modell bei einem Auto-Korso, und der andere klopfte höflich an die Scheibe.
Smiley kurbelte das Fenster herunter.
»Was wollen Sie?« fragte Smiley.
Der Junge hielt die Hand hin. »Reparatur«, erklärte er. »Ihr Kofferraum hat nicht ordentlich geschlossen. Arbeitszeit und Material. Unkosten. Parkgebühren.« Er deutete auf seinen Daumennagel. »Mein Kollege hat sich die Hand verletzt. Hätte schlimm ausgehen können.«
Smiley schaute in das Gesicht des Jungen und sah darin keine menschliche Regung, die er verstand.
»Sie haben gar nichts repariert. Nur Schaden angerichtet. Sagen Sie Ihrem Freund, er soll von meinem Wagen heruntergehen.«
Die beiden Jungen berieten sich, schienen uneins. Sie taten dies alles unter den aufmerksamen Blicken der Menge, in äußerst gesetzter Form, stießen sich gegenseitig langsam mit den Schultern an und machten Rednergesten, die nicht mit ihren Worten übereinstimmten. Sie sprachen über Natur und Politik, und ihr platonischer Dialog hätte endlos weitergehen können, wenn der Junge auf dem Wagen sich nicht aufgerichtet hätte, um einem Argument besonderen Nachdruck zu verleihen. Dabei brach er einen Scheibenwischer ab und reichte ihn dem Alten wie eine Blume. Beim Wegfahren schaute Smiley in den Rückspiegel und sah einen Kreis von Gesichtern, die ihm nachstarrten, mit dem Alten in der Mitte. Niemand winkte. -
Er fuhr ohne Hast, wog seine Chancen ab, während das Auto schepperte wie ein alter Feuerwehrwagen. Er vermutete, daß sie mit dem Wagen noch irgendetwas angestellt hatten, was ihm entgangen war. Er hatte Deutschland schon öfter verlassen. Er war heimlich aus- und eingereist. Er hatte gejagt, während er selbst gejagt wurde, und obgleich er jetzt alt und in einem anderen Deutschland war, hatte er den Eindruck, wieder auf freier Wildbahn zu sein. Er wußte nicht, ob irgend jemand vom Campingplatz an die Polizei telefoniert hatte, doch er nahm es als gegeben an. Das Boot war offen, und sein Geheimnis lag klar zutage. Alle, die weggeschaut hatten, würden sich nun als erste auf ihre Bürgerpflicht besinnen. Er hatte das alles schon erlebt.