Читаем Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7) полностью

Er ging wieder zum Bahnhof zurück. Die Schalterhalle war eine wagnersche Phantasie von einem gotischen Königshof, mit einer gewölbten Decke und einem riesigen Butzenscheibenfenster, durch das farbige Sonnenstrahlen auf den gekachelten Boden fielen. Von einer Telefonzelle aus rief er den Flughafen Hamburg an, meldete sich mit J. Standfast, dem Namen, der auf dem Paß stand, den er in seinem Londoner Klub mitgenommen hatte. Das nächste Flugzeug nach London ging abends um sechs, aber es waren nur noch Plätze in der ersten Klasse verfügbar. Er buchte erste Klasse und sagte, er würde am Flugplatz den Aufschlag auf sein Economy Ticket bezahlen. Das Mädchen sagte: »Dann kommen Sie bitte eine halbe Stunde vor der Abfertigung.« Smiley versprach das - er wollte, daß sie sich daran erinnerte -, nein, leider, Mister Standfast konnte keine Telefonnummer angeben, unter der er bis dahin zu erreichen war. Nichts in ihrem Ton deutete an, daß ein Sicherheitsbeamter mit einem Fernschreiben in der Hand hinter ihr stand und ihr Anweisungen ins Ohr wisperte, doch er vermutete, daß Mister Standfasts Platzreservierung in ein paar Stunden eine Kettenreaktion auslösen würde, denn schließlich hatte ja ein Mister Standfast den Opel gemietet. Er ging wieder zur Bahnhofshalle und zu den farbigen Lichtbündeln zurück. Es waren zwei Schalter vorhanden, mit zwei kürzen Schlangen davor. Am ersten bediente ihn ein intelligentes Mädchen, und er erstand einen Fahrschein, zweite Klasse, einfach, nach Hamburg. Doch es war ein absichtlich umständlicher Kauf, voller Unentschlossenheit und Nervosität. Und als er ihn getätigt hatte, wollte er sich die Abfahrts- und Ankunftszeiten aufschreiben. Wozu er sich von ihr Kugelschreiber und Schreibblock auslieh.

Auf der Herrentoilette räumte er zuerst den Inhalt seiner Taschen um, allem voran das wohlbehütete Stück Ansichtskarte aus Leipzigs Boot, zog die Leinenjacke an und setzte den Strohhut auf und ging dann zum zweiten Schalter, wo er ohne viel Aufhebens eine Fahrkarte für den Personenzug nach Kretzschmars Wohnort kaufte. Dabei vermied er es, den Beamten anzuschauen, konzentrierte sich im Schutz seines auffallenden Strohhuts völlig auf die Fahrkarte und das Fahrgeld. Bevor er die Halle verließ, traf er eine letzte Vorsichtsmaßnahme. Er rief bei Kretzschmar an, sagte, er habe sich verwählt und erfuhr von einer empörten Frau, daß es ein Skandal sei, irgend jemanden zu so nachtschlafender Zeit aufzuwecken. Schließlich faltete er noch die Plastiktüten zusammen und steckte sie ein.

Die Stadt lag mitten im Grünen und bestand aus weitläufigen Rasenflächen und sorgfältig eingezäunten Villen. Jeglicher Überrest einstmaligen Landlebens war seit langem den Armeen der Suburbia anheimgefallen, doch die strahlende Sonne verschönte alles. Nummer acht war auf der rechten Straßenseite, ein stattliches, zweistöckiges Haus mit Walmdach und Doppelgarage inmitten einer breit gestreuten Auswahl viel zu eng aneinander gepflanzter Bäume. Eine Hollywoodschaukel mit geblümtem Plastiksitz stand neben einem Fischteich, Produkt der letzten Nostalgiewelle. Doch die Hauptattraktion und Herrn Kretzschmars Stolz war ein Swimming-pool in einem eigens dafür angelegten Patio aus knallroten Ziegeln, und dort sah Smiley ihn im Schoß seiner Familie und im Kreis einiger Nachbarn, die er an diesem unwahrscheinlichen Herbsttag zu einer zwanglosen Gartenparty eingeladen hatte. Herr Kretzschmar war in Shorts und bediente höchstselbst den Grill, und als Smiley auf die Klinke des Gartentors drückte, unterbrach er sein löbliches Tun, um sich nach dem Neuankömmling umzusehen. Doch der Strohhut und die Leinenjacke führten ihn irre, und er schickte seine Frau.

Frau Kretzschmar erschien in einem rosa Badeanzug und einen durchsichtigen rosa Umhang, den sie auf dem Weg zum Gartentor kühn hinter sich herflattern ließ. Sie trug ein Sektglas vor sich her wie eine Kerze.

»Wer kommt denn da? Wer macht uns diese hübsche Überraschung?« fragte sie neckisch, als spräche sie zu ihrem Hündchen. Sie blieb vor ihm stehen. Sie war braungebrannt und groß und, wie ihr Mann, solide gebaut. Smiley konnte nur wenig von ihrem Gesicht sehen, denn sie trug eine Sonnenbrille mit dunklen Gläsern und einem weißen Plastikschnabel als Nasenschutz gegen Sonnenbrand.

»Hier ist die Familie Kretzschmar, die ihren Freizeitvergnügungen nachgeht«, sagte sie ein wenig zurückhaltender, als Smiley sich immer noch nicht vorgestellt hatte. »Was können wir für Sie tun? Womit können wir dienen?«

»Ich muß Ihren Mann sprechen«, sagte Smiley. Es waren seine ersten Worte seit dem Fahrscheinkauf und seine Stimme war belegt und unnatürlich.

»Aber Cläuschen arbeitet tagsüber nicht«, sagte sie fest, wenn auch immer noch lächelnd. »Tagsüber hat das Profitdenken laut Familienerlaß Ruhe. Soll ich ihm Handschellen anlegen, um Ihnen zu beweisen, daß er hier bis Sonnenuntergang unser Gefangener ist?«

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