Privat,
sagte die Ostrakowa geistesgegenwärtig, eingedenk des Rufs, den der General als
Schwerenöter genossen hatte, und sie brachte sogar ein verschämtes Lächeln
zustande. Der alte Russe lachte, daß seine Zähne klapperten. Er lachte nochmals
und sagte: »Oh, der General!« Dann verschwand er und kam mit einer Londoner
Adresse zurück, in Lila auf eine Karte gedruckt, die er ihr gab. Der General
wird sich nie ändern, sagte er; noch im Himmel wird er hinter den Engeln her
sein und versuchen, sie zu vernaschen, keine Frage. Und in dieser Nacht saß die
Ostrakowa, während in der ganzen Nachbarschaft alles schlief, am Schreibtisch
ihres toten Mannes und schrieb an den General mit dem Freimut, den wir
gemeinhin Fremden vorbehalten, und nicht in Russisch, sondern in Französisch,
um so größere Distanz zu sich selbst zu wahren. Sie erzählte ihm von ihrer
Liebe zu Glikman und schöpfte Trost aus dem Wissen, daß der General die Frauen
nicht weniger liebte, als Glikman dies getan hatte. Sie gab unumwunden zu, daß
sie als Spionin nach Frankreich gekommen war, und sie erklärte, wie sie die
beiden nichtssagenden Berichte zusammengeschustert hatte, die der schmutzige
Preis für ihre Freiheit gewesen waren. Sie habe es
»Aber, General«, schrieb sie, »müßte ich heute nacht vor meinen Schöpfer persönlich treten und ihm sagen, was in den Tiefen meines Herzens verborgen ist, ich würde ihm sagen, was ich nun Ihnen sage. Ich habe meine Alexandra unter Schmerzen geboren. Tag und Nacht kämpfte sie gegen mich, und ich kämpfte zurück. Schon im Mutterleib war sie das Kind ihres Vaters. Mir blieb keine Zeit, sie lieb zu gewinnen; ich kannte sie nur als den kleinen jüdischen Streiter, den ihr Vater mir gemacht hat. Aber, General, eines weiß ich mit Sicherheit: Das Mädchen auf dem Foto ist weder Glikmans Tochter noch die meine. Man will mir ein Kuckucksei ins Nest legen, und wenn ich alte Frau mich auch nur allzugern täuschen ließe, ich durchschaue den Betrug, und mein Haß auf die Betrüger ist stärker als alles andere.«
Als sie den Brief beendet hatte, steckte sie ihn sofort in den Umschlag, damit sie ihn nicht mehr lesen und anderen Sinnes werden könne. Dann klebte sie absichtlich zu viele Briefmarken darauf, als opfere sie eine Kerze für einen geliebten Menschen.