«Wie ist uns weiter die Person in der Liebe gegeben? Machen wir uns zunächst das klar: Obgleich als persönlichstes Verhalten dennoch ein durchaus objektives Verhalten ist, insofern und in dem Sinne 'objektiv', als wir in ihr aus aller Befangenheit in unsere eigenen 'Interessen', 'Wünsche', 'Ideen' heraustreten (in übernormaler Weise), so kann uns das, was an einem Menschen Person ist, doch niemals als 'Gegenstand' gegeben sein. Weder in der Liebe noch in anderen echten 'Akten', und seien es auch 'Erkenntnisakte', ist es möglich, Personen zu vergegenständlichen. Person ist die unerkannte und im 'Wissen' nie gebbare individuelle erlebte Einheitssubstanz aller Akte, die ein Wesen vollzieht; also kein 'Gegenstand' geschweige gar ein 'Ding'. Was mir also noch gegenständlich gegeben sein kann, das ist immer nur 1. der fremde Körper, 2. die Leibeinheit, 3. das Ich und die zugehörige (vitale) 'Seele'. Das gilt auch für Jeden sich selbst gegenüber. Die Person kann mir nur gegebensein, indem ich ihre Akte 'mitvollziehe' — erkenntnismäßig im 'Verstehen' und 'Nacherleben' — sittlich aber in der 'Gefolgschaft'. Der sittliche Kern der Person Jesu z.B. ist nur Einem gegeben: Seinem Jünger. Erst die Jüngerschaft öffnet die Pforte für diese Gegebenheit. Sie kann einem Jünger gegeben sein, der Nichts irgendwie 'Historisches' von ihm weiß, Nichts von seinem äußeren Leben, ja nicht einmal von seiner historischen Existenz; denn schon sich als Jünger wissen — was natürlich das Wissen um historische Existenz des Meisters voraussetzt — ist ein Anderes als Jüngersein. Dagegen kann sie dem Theologen als Theologen, was immer er von seinem Lebensgange wisse (auch seine seelichen Erlebnisse eingeschlossen), nie und nimmer gegeben sein: Sie ist seinen Blicken notwendig 'transzendent'. Das vergißt unser gelehrter theologischer Intellektualismus jeden Tag!» (S. 192–193).
«Niemals aber können wir so ihren rein sittlichen Wert erfassen, da dieser ja selbst ursprünglich nur getragen ist vom Akte ihrer Liebe: dieser allerletzte sittliche Personwert ist uns daher nur im Mittvollzug ihres eigenen Liebesaktes gegeben. Wir müssen lieben, was das Vorbild liebt im ' Mitlieben\ um diesen sittlichen Wert zur Gegebenheit zu bekommen. Nur eines gibt es noch, wodurch uns — zwar nicht die Person selbst — aber doch ihr Selbst gegenständlich werden kann — und zwar in anderer Weise als dies unmittelbar durch die Ausdrucksphänomene hindurch der Fall sein kann. — überall da, wo die geliebte Person von uns als weit überlegen empfunden wird, da tritt das Phänomen auf, daß wir uns dadurch ihres Personseins bemächtigen, daß wir die Akte ihrer eigenen Selbstliebe 'mitvollziehen' und hinsehen, was uns in diesen mitvollzogenen Akten gegeben wird. Diese liebende Teilnahme z.B. an der Liebe, mit der Gott sich selbst liebt, ist es, die neuerdings Franz Brentano in seinem Aristotelesbuche schon in der Metaphysik des Aristoteles finden will (?) und welche einige Mystiker und Scholastiker das 'Amare Deum in Deo' genannt haben. Der analoge Tatbestand ist uns aber auch zwischen Menschen wohl bekannt. Wir können einen Menschen unter Umständen mehr lieben als er sich selber liebt. Viele z.B., die sich selbst hassen, werden ja geliebt, und jede mitvollziehende Teilnahme an ihren Akten des Selbsthasses wäre ein 'Sie-hassen'. Aber es gibt Fälle, wo der Selbsthaß eines Menschen durch die Rede eines ihn Liebenden und von ihm in Gegenliebe zugleich Geliebten zerschmilzt: 'Er dürfe den nicht so hassen, den dieser — der Liebende — so sehr liebe.' Wo immer ein Mensch sich nicht selbst haßt, sondern sich selbst liebt, da ist seine Selbstliebe 'mitzuvollziehen' wohl eine der Formen, welche die Fremdliebe annehmen kann» (S. 193–194).
«Und noch Eins: Da die Liebe zur Menschheit als Individuum^ Liebe zu einem Gegenstand ist, der Gott und nur Gott — allein — in seiner Werttotalität gegeben ist, so gibt es nur eine Liebesintention zur Menschheit als Individuum; das ist jene, die durch Gott hindurch führt, die Gottes auf die Menschheit gehenden Liebesakt 'mit'vollzieht, ohne daß dem Träger dieses mitvollziehenden Aktes je auch gegeben wäre, was Gott in seiner Liebe und nur Ihm gegeben ist; d.h. die wahre Liebe zur Menschheit ist fundiert im 'amare in Deo'» (S. 220).