Bast legte eine Hand um den Flaschenhals. »Ich bleibe auf ein Glas«, sagte er voller Entschlossenheit. »Und auf einen Tanz. Und auf einen Kuss von Katie Miller. Und vielleicht auch noch auf einen von der Witwe Creel. Aber nicht mehr.« Er sah Kvothe in die Augen. »Spätestens in einer halben Stunde bin ich wieder da …«
Kvothe lächelte ihn herzlich an. »Ich habe einiges zu erledigen, Bast. Und dann mache ich uns was zum Abendessen, und wir gönnen der Schreibhand unseres Freundes mal eine kleine Ruhepause.«
Bast grinste und ergriff die Flasche. »Dann also auf zwei Tänze!« Er eilte zum Ausgang, und als er die Tür öffnete, zerzauste ihm ein Windstoß das Haar. »Hebt mir was vom Essen auf!«, rief er noch.
Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Der Chronist sah den Wirt fragend an.
Kvothe zuckte die Achseln. »Er hatte sich zu sehr in die Geschichte vertieft. Er steigert sich in solche Sachen gefühlsmäßig immer so hinein. Ein kleiner Szenenwechsel wird ihm helfen, das alles nüchterner und sachlicher zu sehen. Und außerdem muss ich das Abendessen zubereiten, und sei’s auch nur für uns drei.«
Der Chronist zog einen fleckigen Lappen aus seiner Ledermappe hervor und betrachtete ihn mit einigem Widerwillen. »Dürfte ich Euch eventuell um ein sauberes Tuch bitten?«, fragte er.
Kvothe nickte und zog einen weißen Leinenlappen unterm Tresen hervor. »Braucht Ihr sonst noch irgendetwas?«
Der Chronist ging an den Tresen. »Wenn Ihr irgendwas sehr Hochprozentiges hättet, wäre mir das eine große Hilfe«, sagte er und klang dabei leicht verlegen. »Ich bitte nur äußerst ungern darum, aber als ich ausgeraubt wurde …«
Kvothe tat das mit einer Handbewegung ab. »Macht Euch nicht lächerlich«, sagte er. »Ich hätte Euch gestern schon fragen sollen, ob Ihr irgendetwas braucht.« Er kam hinter dem Tresen hervor und ging zur Kellertreppe. »Holzgeist dürfte sich am besten eignen, nicht wahr?«
Der Chronist nickte, und Kvothe verschwand im Keller. Dann nahm der Chronist den ordentlich zusammengelegten Leinenlappen und fuhr gedankenverloren mit den Fingern darüber. Sein Blick schweifte zu dem Schwert hinauf, das an der Wand hinter dem Tresen hing. Das dunkle Holz der Halterung brachte das graue Metall der Klinge zur Geltung.
Kvothe kam wieder die Treppe herauf, eine kleine, klare Flasche in der Hand. »Braucht Ihr sonst noch irgendetwas? Ich habe auch Papier und Tinte vorrätig.«
»Das könnte morgen nötig werden«, sagte der Chronist. »Mein Papier habe ich nämlich schon fast aufgebraucht. Aber neue Tinte kann ich heute Abend auch noch anreiben.«
»Die Mühe könnt Ihr Euch sparen«, sagte Kvothe leichthin. »Ich habe noch etliche Flaschen feine Tinte aus Arueh auf Lager.«
»Echte Tinte aus Arueh?«, fragte der Chronist verblüfft.
Kvothe lächelte breit und nickte.
»Das ist wirklich sehr freundlich von Euch«, sagte der Chronist und entspannte sich ein wenig. »Ich gebe zu, ich habe mich nicht unbedingt darauf gefreut, heute Abend noch eine Stunde lang Tinte zu reiben.« Er nahm die klare Flasche und den Lappen und hielt dann noch einmal inne. »Dürfte ich Euch eine Frage stellen? Gewissermaßen inoffiziell?«
Ein süffisantes Lächeln spielte um Kvothes Lippen. »Nur zu. Inoffiziell.«
»Mir ist aufgefallen, dass Eure Schilderung von Caesura nicht …« Er zögerte. »… also, dass sie nicht so ganz mit dem tatsächlichen Schwert übereinzustimmen scheint.« Er sah noch einmal kurz zu dem Schwert hinter dem Tresen hinauf. »Die Parierstange ist ganz anders, als Ihr sie beschrieben habt.«
Kvothe grinste breit. »Ihr seid aber auch wirklich ein aufgeweckter Bursche, was?«
»Ich wollte damit keinesfalls andeuten, dass –«, sagte der Chronist schnell und blickte betreten.
Kvothe lachte von Herzen. Sein Lachen hallte im Schankraum wider, und einen Moment lang wirkte das Wirtshaus gar nicht mehr so verwaist. »Nein, Ihr habt vollkommen recht.« Er sah sich zu dem Schwert um. »Das ist nicht … Wie hat der Junge es heute Morgen noch genannt?« Sein Blick schweifte einen Moment lang wie in weite Ferne, und dann kehrte sein Lächeln zurück. »Kaysera. Der Dichtermörder.«
»Ich war nur neugierig«, sagte der Chronist in entschuldigendem Ton.
»Und ich soll jetzt gekränkt sein, weil Ihr gut aufpasst?«, fragte Kvothe und lachte erneut. »Was wäre es schon für ein Vergnügen, eine Geschichte zu erzählen, wenn einem keiner richtig zuhört?« Er rieb sich eifrig die Hände. »Also gut: das Abendessen. Was hättet Ihr denn gern? Kalt oder warm? Suppe oder Eintopf? Ich bin auch ein ziemlicher Könner, was Pudding angeht.«
Sie einigten sich auf etwas Schlichtes, damit der Küchenherd nicht noch einmal angefeuert werden musste. Kvothe ging forschen Schritts im Wirtshaus umher und trug alles Nötige zusammen, und während er kalten Lammbraten und einen halben Laib pikanten Hartkäse aus dem Keller heraufholte, summte er vor sich hin.