Kvothe klappte keuchend zusammen und gab erstickte, würgende Geräusche von sich.
Nun ließ der Soldat sein Handgelenk los und schnappte sich die Weinflasche, die immer noch auf dem Tresen stand. Er packte sie am Hals und schwang sie wie einen Knüppel. Als er damit den Wirt an der Schläfe traf, klang es dumpf, beinahe metallisch.
Kvothe sank wie ein nasser Sack zusammen.
Der große Mann musterte die Weinflasche neugierig, bevor er sie wieder auf den Tresen stellte. Dann bückte er sich, packte den Wirt beim Hemd und zerrte den schlaffen Mann vom Tresen fort auf einen freien Bodenabschnitt. Dort stupste er ihn so lange mit der Stiefelspitze, bis er sich langsam wieder zu regen begann.
»Hab ich dir doch gesagt, dass ich Hackfleisch aus dir mache«, grunzte der Soldat und verpasste Kvothe einen Tritt in die Seite.
Sein blonder Kamerad kam hinzu. Er hielt sich die Wange. »Du musstest dich ja unbedingt aufspielen, was?«, sagte er und spie auf den Boden. Dann holte er aus und trat Kvothe ebenfalls in die Seite. Der Wirt atmete zischend ein, gab sonst aber keinen Laut von sich.
»Und was dich angeht …«, sagte der Bärtige und richtete einen Zeigefinger auf den Chronisten. »Ich hab noch einen zweiten Stiefel. Willst du mit dem nähere Bekanntschaft machen? Jetzt hab ich mir eh schon die Knöchel aufgeschürft. Da kann ich dir auch gerne noch ein paar Zähne einschlagen, wenn du willst.«
Der Chronist sah sich um und schien erst jetzt und zu seinem Erstaunen zu merken, dass er aufrecht stand. Langsam ließ er sich wieder auf seinem Stuhl nieder.
Der blonde Soldat ging humpelnd den Geldbeutel holen, und der Bärtige blieb derweil bei Kvothe stehen. »Versuchen kann man’s ja mal, hast du dir gedacht, was?«, sagte er und versetzte dem am Boden liegenden Mann noch einen weiteren kräftigen Tritt in die Seite. »Was bist du bloß für ein Idiot. Ein blasser kleiner Schankwirtswurm gegen zwei gestandene Männer des Königs.« Er schüttelte den Kopf und spie aus. »Also mal ehrlich: Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«
Kvothe, der zusammengekrümmt auf dem Boden lag, begann ein leises, rhythmisches Geräusch von sich zu geben. Er hielt nur kurz damit inne, um unter Schmerzen einzuatmen.
Der bärtige Soldat runzelte die Stirn und trat ihn erneut. »Ich hab dich was gefragt, Kumpel …«
Der Wirt gab weiter das Geräusch von sich, nun lauter als zuvor. Erst jetzt wurde klar, dass er lachte. Es klang zwar fast, als würge er Glassplitter hervor, war aber dennoch unzweifelhaft ein Lachen, voll abgründiger Heiterkeit, als hätte der rothaarige Mann einen Scherz gehört, den nur er allein verstand.
Als das noch einige Zeit so weiter ging, zuckte der bärtige Soldat schließlich die Achseln und holte erneut mit dem Stiefel aus.
Da räusperte sich der Chronist, und die beiden Männer sahen sich zu ihm um. »Im Interesse eines zivilisierten Ablaufs«, sagte er, »sollte ich erwähnen, dass der Wirt seinen Gehilfen zu einem Botengang losgeschickt hat. Und der müsste eigentlich bald wiederkommen …«
Der bärtige Soldat klopfte seinem Kameraden mit dem Handrücken auf die Brust. »Er hat recht. Haun wir ab.«
»Einen Moment noch«, sagte der blonde Soldat, eilte zurück zum Tresen und schnappte sich die Weinflasche. »So, jetzt können wir gehen.«
Der bärtige Soldat grinste und ging hinter den Tresen, wobei er nicht über den Wirt hinwegstieg, sondern auf ihn trat. Er griff sich willkürlich eine Flasche heraus und stieß dabei ein halbes Dutzend andere um. Sie kullerten über das Büfett zwischen den beiden großen Fässern, und eine große, saphirgrüne Flaschen fiel herab und zerbarst auf dem Boden.
Binnen nicht einmal einer Minute hatten die Männer ihr Gepäck geschultert und waren zum Ausgang hinaus.
Der Chronist eilte zu Kvothe, der sich gerade in eine sitzende Haltung hochzukämpfen begann.
»Tja, das war peinlich«, sagte er, betastete sein blutiges Gesicht und besah seine Finger. Dann lachte er wieder. Es war ein abgerissener, freudloser Laut. »Einen Moment lang hatte ich tatsächlich vergessen, wer ich bin.«
»Seid Ihr verletzt?«, fragte der Chronist.
Kvothe betastete vorsichtig seine Kopfhaut. »Ein oder zwei Stiche werde ich wohl brauchen«, sagte er.
»Was kann ich tun, um Euch zu helfen?«, fragte der Chronist, von einem Fuß auf den anderen tretend.
»Nicht über mir rumstehen.« Kvothe kam mühselig auf die Beine und ließ sich dann auf einen Hocker am Tresen sinken. »Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mir ein Glas Wasser bringen. Und vielleicht auch einen feuchten Lappen.«
Der Chronist eilte in die Küche. Man hörte ihn hektisch herumkramen, und etliche Dinge fielen zu Boden.
Kvothe schloss die Augen und stützte sich auf den Tresen.
»Wieso steht denn die Tür offen?«, rief Bast und kam herein. »Es ist ja saukalt hier drin.« Er erstarrte und blickte verstört. »Reshi! Was ist denn? Was … Was ist geschehen?«
»Ah, Bast«, sagte Kvothe. »Machst du mal bitte die Tür zu?«