Читаем 0196951001361827419 adrian lara - midnight breed 01 полностью

Leise trat er ein, um ja nicht die Besinnung dieser kurzen Zeitspanne zu zerstören, die er und seine Brüder noch mit Conlan verbringen konnten. Der Krieger hatte erschütternd schwere Verletzungen abbekommen. Schon beim Betreten des Raumes konnte Lucan den schrecklichen Blutverlust riechen. Dann stieg ihm die ganze üble Mischung aus Schießpulver, elektrischen Verbrennungen, verbogenen Metallsplittern und versengtem Fleisch in die Nase.

Es hatte eine Explosion gegeben, und Conlan war mittendrin gewesen.

Conlans Überreste lagen auf einem mit einem Leichentuch bedeckten Untersuchungstisch. Sein Körper war entkleidet bis auf den breiten Streifen aus bestickter weißer Seide, der seine Lenden bedeckte. In der kurzen Zeit, seit man ihn hergebracht hatte, war Conlans Haut gereinigt und mit einem Duftöl eingerieben worden. Das gehörte zur Vorbereitung auf die Begräbnisriten, die beim nächsten Sonnenaufgang stattfinden würden, das war noch etliche Stunden hin.

Um den Tisch, auf dem der Krieger lag, hatten sich die anderen versammelt: Dante, starr bei seiner stoischen Betrachtung des Todes. Rio mit tief gesenktem Kopf, einen Rosenkranz in den Fingern, während seine Lippen stumm Worte aus der menschlichen Religion seiner Mutter rezitierten. Gideon, ein Tuch in der Hand, betupfte behutsam eine der zahllosen grässlichen Wunden, die beinahe jeden Zentimeter von Conlans Haut bedeckten. Und Nikolai, der in dieser Nacht mit Conlan auf Patrouille gewesen war. Sein Gesicht war bleicher, als Lucan es je gesehen hatte, der Blick trostlos und leer, die Haut entstellt von Ruß, Asche und kleinen, blutenden Schnittwunden.

Sogar Tegan war da und erwies Conlan die letzte Ehre, auch wenn der Vampir sich etwas abseits des Kreises hielt, seine Augen verschattet, düster in seiner Einsamkeit.

Lucan trat an den Tisch, um seinen Platz unter seinen Brüdern einzunehmen. Er schloss die Augen und betete in der anhaltenden Stille für Conlan. Erst nach längerer Zeit brach Nikolai das Schweigen im Raum.

„Er hat mir heute Nacht da draußen das Leben gerettet. Wir hatten ein paar Arschlöcher am Green-Line-Bahnhof eingeäschert und waren schon auf dem Rückweg, da sah ich diesen Kerl aus dem Zug steigen. Ich weiß nicht, warum er mir ins Auge fiel, aber dann grinste er uns so feist und überheblich an, als ob er uns herausforderte, ihn zu verfolgen. Er hatte eine Art Schießpulver bei sich. Danach stank er auch und nach irgendeinem anderen Mist, den ich so schnell nicht zuordnen konnte.“

„TATP“, sagte Lucan. Er konnte das beißende Zeug auf Nikos Kleidung jetzt noch riechen.

„Dann wurde klar, dass der Scheißkerl einen Gürtel mit Sprengstoff um den Körper trug. Er sprang aus dem Zug, als der gerade anfahren wollte, und rannte los, eine der alten Gleisstrecken entlang. Wir verfolgten ihn, und Conlan trieb ihn in die Enge. In dem Moment sahen wir die Bomben. Sie hingen an einem Sechzig-Sekunden-Zünder, und der stand schon unter zehn. Ich hörte Conlan brüllen, ich sollte in Deckung gehen, dann stürzte er sich auf den Kerl.“

„Gott“, Dante fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar.

„Das war ein Lakai?“, fragte Lucan. Es schien ihm eine plausible Schlussfolgerung.

Die Rogues hatten keinerlei Skrupel, das Leben von Menschen wie Staub zu verschwenden, wenn es um ihre kleinlichen Territorialkriege oder auch um persönliche Vergeltungsmaßnahmen ging. Lange Zeit hatten nicht nur religiöse Fanatiker die Willensschwachen als billige, entbehrliche, aber doch wirkungsvolle Werkzeuge des Terrors eingesetzt.

Aber das machte die hässliche Realität dessen, was Conlan widerfahren war, nicht einfacher zu verdauen.

„Das war kein Lakai“, entgegnete Niko mit einem Kopfschütteln. „Es war ein Rogue mit genügend TATP am Leib, um einen halben Wohnblock auszulöschen, wenn man danach geht, wie es aussah und roch.“

Lucan war nicht der Einzige im Raum, der bei dieser beunruhigenden Neuigkeit einen wilden Fluch ausstieß.

„Also begnügen sie sich nicht mehr damit, nur Lakaien als Bauernopfer zu bringen?“, bemerkte Rio. „Fahren die Rogues jetzt größere Geschütze auf?“

„Es sind trotzdem Bauernopfer“, meinte Gideon.

Lucan warf dem schnell denkenden Vampir einen Blick zu und verstand, worauf er hinauswollte. „Die Schachfiguren haben sich nicht verändert. Aber die Regeln. Das hier ist eine neue Art Kriegsführung, nicht mehr die kleineren Feuerwehreinsätze, mit denen wir es in der Vergangenheit zu tun hatten. Jemand in den Reihen der Rogues bringt ein gewisses Maß an Ordnung in die Anarchie. Wir werden belagert.“

Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Conlan zu, dem ersten Opfer in einer, wie er fürchtete, neuen dunklen Ära, die nun anbrach. In seinen uralten Knochen spürte er, wie die Gewalt einer lange vergangenen Vorzeit sich von Neuem erhob, um die Geschichte zu wiederholen. Erneut braute sich ein Krieg zusammen, und wenn die Rogues Anstalten machten, sich zu organisieren, zum Angriff überzugehen, dann würde das gesamte Vampirvolk sich an den Frontlinien wiederfinden. Und auch die Menschen.

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