Und es beschämte ihn, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Wenn er nur an sie dachte, wurde ihm seine Haut zu eng und zu heiß. Sie brachte ihn innerlich zum Brennen und nie würde sie erfahren, wie sehr. Denn für diese Gefühle würde sie ihn verachten, dessen war er sich sicher.
Aber dieses Wissen nahm ihm nicht die nagende Sehnsucht, in ihrer Nähe zu sein.
Einmal mit ihr nackt zu sein, nur ein einziges Mal.
Chase unterbrach sein nervöses Auf und Ab und ließ sich auf die große Couch in seinem Wohnzimmer fallen. Er lehnte sich zurück, die Beine ausgestreckt, den Kopf in den Nacken gelegt, und starrte an die hohe, weiße Zimmerdecke. Nur drei Meter waren es, die sie von ihm trennten.
Sie war dort, im Schlafzimmer genau über ihm. Wenn er tief genug einatmete, konnte er ihren schwachen Duft nach Rosen und Heidekraut riechen. Chase sog ihn in langen Zügen ein, Hunger regte sich in ihm und trieb die Fangzähne aus seinem Zahnfleisch hervor. Er leckte sich die Lippen, fast meinte er schon, ihren Geschmack zu spüren.
Eine süße Folter.
Er malte sich aus, wie sie barfuss über den teppichbelegten Boden ihres Zimmers schritt, den Gürtel ihres dünnen, leichten Morgenmantels löste. Wie sie die Seide neben dem Bett zu Boden fallen ließ, als sie sich in die kühlen Laken gleiten ließ und dort lag, nackt und hemmungslos, mit Brustwarzen wie Rosenknospen auf der Blässe ihrer Haut.
Chases Kehle war ausgedörrt. Sein Puls raste wie schwerer Trommelschlag, heiß rauschte sein Blut durch die Adern. Sein Geschlecht spannte sich gegen den Stoff seiner schwarzen Jeans. Er griff nach seinem pochenden Schwanz und erlöste ihn aus seinem Gefängnis hinter dem zugeknöpften Hosenschlitz. Erlöste und streichelte ihn, wie Elise es nie tun würde.
Sein Reiben wurde drängender, aber das machte es nur noch schlimmer.
Er würde einfach nie aufhören, sie zu begehren …
„Du lieber Himmel“, murmelte er, angeekelt von seiner Schwäche.
Er riss die Hand fort und stand mit einem ärgerlichen Zischen auf. Nicht einmal fantasieren wollte Chase von seiner vollkommenen, unerreichbaren Elise.
Hitze fuhr über Dantes nackte Beine. Sie fuhr höher hinauf, leckte ihm über Hüften und Oberkörper, schlängelte sich seine Wirbelsäule hinauf und um seine Schultern herum. Unablässig und zerstörerisch fuhr die Hitze tiefer in seinen Körper hinein wie eine unaufhaltsame Welle, die in langsamer Qual über ihm zusammenschlug. Immer stärker brannte das schreckliche Feuer, loderte noch heißer auf – und dann verschlang es ihn ganz.
Er konnte sich nicht mehr bewegen, war nicht mehr Herr seiner Glieder, seiner Gedanken.
Alles, was er wusste und fühlte, war nur noch das Feuer.
Und es tötete ihn.
Flammen umloderten ihn, fette, schwarze Rauchschwaden versengten seine Augen und auch seine Kehle, bei jedem vergeblichen, keuchenden Atemzug.
Es half nichts.
Er war gefangen.
Seine Haut warf Blasen und platzte auf. Mit einem schrecklichen Knistern fingen seine Kleider und sein Haar zu brennen an. Und er, erfüllt von namenlosem Schrecken, registrierte alles, jede Einzelheit.
Es gab keinen Ausweg.
Es war so weit. Er würde sterben.
Dante fühlte, wie sich die dunkle Hand des Todes auf ihn herabsenkte, ihn herunterdrückte, um ihn in einen schwindelnden Wirbel aus endlosem Nichts zu schleudern –
„Nein!“
Mit einem Schlag war Dante hellwach, jeder Muskel kampfbereit. Er versuchte sich zu bewegen, aber etwas hielt ihn niedergedrückt. Etwas nicht allzu Schweres lag quer über seinen Beinen ausgestreckt, ein weiteres Gewicht schlaff über seiner Brust. Die beiden jungen Frauen bewegten sich im Schlaf, eine machte ein schnurrendes Geräusch, als sie sich enger an ihn schmiegte und über seine klamme Haut strich.
„Was ist denn, Süßer?“
„Runter von mir“, murmelte er, seine Stimme kam roh und heiser aus seiner ausgedörrten Kehle.
Dante wand sich aus ineinander verschlungenen nackten Gliedern hervor und setzte seine bloßen Füße auf den Boden der unbekannten Wohnung. Er war immer noch atemlos, sein Herz hämmerte wild. Sanfte Finger strichen ihm über Rücken und Gesäß. Verstimmt von der ungewollten Berührung erhob er sich von der durchgelegenen Matratze und suchte im Dunkeln seine Kleider zusammen.
„Geh nicht“, beschwerte sich eine der beiden, „Mia und ich sind noch nicht fertig mit dir.“
Er antwortete nicht. Alles, was er im Moment wollte, war sich bewegen. Er hatte sich schon zu lange nicht bewegt. Lange genug, dass der Tod ihn suchen kam.
„Alles in Ordnung?“, fragte das andere Mädchen. „Hast du schlecht geträumt?“
Dieselbe Vision – bis ins kleinste Detail – hatte er schon, solange er denken konnte.
Es war ein Blick in die Zukunft.
Er sah seinen eigenen Tod voraus.
Er kannte jede schmerzerfüllte Sekunde seiner letzten Momente; was er nicht wusste, war das Warum, das Wo und das Wann. Er wusste sogar, wem er den Fluch dieser Vision zu verdanken hatte.