Читаем Der Funke Leben полностью

Sie ließ die Hände sinken. »Du Kind«, sagte sie trostlos. »Du Kind! Was weißt du schon?«

»Ich bin kein Kind. Wer hier war, ist kein Kind. Nicht einmal Karel, der elf Jahre alt ist.«

Sie schüttelte den Kopf. »Das meine ich nicht. Jetzt glaubst du, was du sagst. Aber es wird nicht halten! Das andere wird wiederkommen. Bei dir und bei mir. Die Erinnerung, später, wenn -«

Warum hat sie es mir gesagt? dachte Bucher. Sie hätte es mir nicht sagen »ollen; dann hätte ich es nicht gewußt, und es wäre nicht dagewesen. »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte er. »Aber ich glaube, daß für uns andere Regeln gelten als die gewöhnlichen. Es gibt Leute hier im Lager, die Menschen getötet haben, weil es notwendig war«- er dachte an Lewinsky -,»und diese Leute halten sich nicht für Mörder, ebensowenig wie ein Soldat an der Front sich für einen Mörder hält.

Sie sind auch keine. So ähnlich ist es mit uns. Was uns geschehen ist, kann man nicht mit normalen Maßstäben messen.« »Du wirst anders darüber denken, wenn wir hier heraus sind -« Sie blickte ihn an. Er verstand plötzlich, warum sie in den letzten Wochen so wenig Freude gezeigt hatte. Sie hatte Angst gehabt – Angst vor der Befreiung. »Ruth«, sagte er und fühlte, wie eine rasche Hitze hinter seiner Stirn aufstieg. »Es ist vorbei. Vergiß es. Man hat dich zu etwas gezwungen, das du verabscheut hast. Was bleibt davon? Nichts. Du hast es nicht getan. Man hat nur getan, was man selbst wollte. Und bei dir ist nichts geblieben als Abscheu.«

»Ich habe mich erbrochen«, sagte sie leise. »Ich habe mich hinterher fast immer erbrochen. Sie haben mich schließlich weggeschickt.« Sie sah ihn immer noch an.

»Das ist es, was du hast – graue Haare, einen Mund, in dem viele Zähne fehlen, und eine Hure.«


Er zuckte zusammen bei dem Wort und erwiderte lange nichts. »Sie haben uns alle erniedrigt«, sagte er endlich. »Nicht nur dich. Uns alle. Alle, die hier sind, alle, die in allen Lagern sind. Dich in deinem Geschlecht; uns alle in unserem Stolz und in mehr als unserem Stolz; in unserem Menschsein. Sie haben darauf herumgetrampelt, sie haben es bespuckt, und sie haben uns so erniedrigt, daß man nicht weiß, wie wir es überstanden haben. Ich habe in den letzten Wochen oft darüber nachgedacht. Ich habe auch mit 509 darüber gesprochen. Sie haben so vieles getan – auch mir -«

»Was?«

»Ich will nicht darüber sprechen. 509 hat gesagt, daß es nicht wahr ist, wenn man es innerlich nicht anerkennt. Ich habe das zuerst nicht verstanden. Jetzt aber weiß ich, was er meint. Ich bin kein Feigling, und du bist keine Hure. Alles, was man uns getan hat, bedeutet nichts, solange wir uns nicht so fühlen.«

»Ich fühle mich so.«

»Wenn wir herauskommen, nicht mehr.«

»Noch mehr.«

»Nein. Wenn es so wäre, dann könnten nur wenige von uns weiterleben. Man hat uns erniedrigt; aber wir sind nicht die Erniedrigten. Es sind die anderen, die es getan haben.«

»Wer sagt das?«

»Berger.«

»Du hast gute Lehrer.«

»Ja – und ich habe vieles gelernt.«

Ruth lehnte den Kopf zur Seite. Ihr Gesicht war jetzt müde. Der Schmerz war noch darin; aber es war kein Krampf mehr. »Da sind so viele Jahre«, sagte sie. »Da wird der Alltag sein -«

Bucher sah, daß blaue Wolkenschatten über den Hügel zogen, auf dem das weiße Haus stand.

Einen Augenblick wunderte er sich, daß es noch da war. Ihm schien, als hätte es von einer lautlosen Bombe getroffen sein müssen. Aber es war noch da. »Wollen wir nicht warten, bis wir draußen sind und es versucht haben, bevor wir verzweifeln?« fragte er.

Sie blickte auf ihre dünnen Hände und dachte an ihre grauen Haare und ihre fehlenden Zähne, und dann dachte sie daran, daß Bucher seit Jahren kaum eine Trau außerhalb des Lagers gesehen hatte.

Sie war jünger als er, aber sie fühlte sich um viele Jahre älter; Wissen lag auf ihr wie Blei. Sie glaubte nichts von dem, was er so sicher erwartete – und trotzdem war auch in ihr noch eine letzte Hoffnung, an die sie sich klammerte. »Du hast recht, Josef«, sagte sie. »Wir wollen so lange warten.«

Sie ging zu ihrer Baracke zurück. Ihr schmutziger Rock schlug um die dünnen Beine.

Er sah ihr nach und spürte plötzlich Wut wie eine kochende Fontäne in sich aufsteigen.

Er wußte, daß er hilflos war und nichts tun konnte, und auch, daß er darüber hinwegkommen und selbst einsehen und verstehen mußte, was er Ruth gesagt hatte.

Langsam stand er auf und ging zur Baracke. Er konnte auf einmal den hellen Himmel nicht mehr ertragen.

XXI

Neubauer starrte auf den Brief. Dann las er den letzten Absatz noch einmal. »Deshalb gehe ich. Wenn Du Dich fangen lassen willst, so ist das Deine Sache. Ich will frei sein. Freya nehme ich mit. Komm nach – Selma.« Als Adresse war ein Dorf in Bayern angegeben.

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