Читаем Der wandernde Wald полностью

Skar fühlte Übelkeit in sich emporsteigen. Er war dem Tod schon oft begegnet, auch dem gewaltsamen Tod, aber dies hier war etwas, das den Panzer um seine Seele durchbrach. Er versuchte sich vorzustellen, welches Drama sich hier abgespielt haben mußte, aber es gelang ihm nicht. Die drei Männer waren hier heruntergekommen, um ihn und die anderen erbarmungslos und hinterhältig zu töten, und trotzdem verspürte er noch Mitleid mit ihnen. Trotz allem waren sie Menschen, Menschen noch dazu, die von der Richtigkeit dessen, was sie taten, überzeugt gewesen waren, und sie waren einen Tod gestorben, den er selbst seinem schlimmsten Feind nicht gewünscht hätte.

Er drängte das Ekelgefühl in seinem Hals mit aller Macht zurück, bückte sich und bedeckte die drei Leichname mit den Fetzen ihrer Mäntel, so gut es ging. Trotzdem wurde das Grauen nicht schwächer. Die Angst war wieder da, eine Angst, die er jetzt zum ersten Mal wirklich erkannte. Es war nicht die Furcht vor Tod oder Schmerzen, sondern die Angst vor dem namenlosen, stummen Grauen, das diese Höhlen bargen, Angst davor, wahnsinnig zu werden. Nur mit Mühe gelang es ihm, seinen Blick von dem grausigen Bild zu wenden und weiterzugehen. Er glaubte jetzt nicht mehr, daß vor ihnen noch irgendeine Gefahr lauerte. Trotzdem hätte er am liebsten geschrien.

Er hörte, wie Bernec hinter ihm scharf die Luft einsog, als er an den drei verkrümmt daliegenden Körpern vorbeiging. Die Mäntel, mit denen Skar sie zugedeckt hatte, schienen mehr von dem Grauen zu enthüllen als zu verbergen, und Skar mußte sich nicht umdrehen, um zu erkennen, daß die gleiche eisige Hand, die ihm den Atem abzuschnüren schien, auch die Seelen der anderen gepackt hatte. Keiner von ihnen verspürte Triumph oder auch nur Befriedigung darüber, daß ihre Feinde tot waren.

Sie gingen jetzt schneller. Bernec und die anderen schlossen wortlos auf, als ertrügen sie es plötzlich nicht mehr, auch nur wenige Schritte voneinander getrennt zu sein, und als sie das Ende des Stollens erreichten und in den breiten, sanft geneigten Gang einbogen, der zum Ausstieg hinaufführte, waren sie dicht zusammengedrängt, keine Krieger mehr, sondern eine Herde verängstigter Individuen, die sich zum Schutz vor Kälte und Dunkelheit aneinanderklammerten. Skar blieb stehen. Vom oberen Ende des Ganges, von dort, wo der Ausstieg liegen mußte, sickerte graues, unangenehmes Licht zu ihnen herab. Skar fröstelte plötzlich.

Er packte sein Schwert fester und versuchte sich einzureden, daß sie jetzt in Sicherheit waren und nichts mehr zu befürchten hatten. Aber das schwache Licht, das ihnen wie ein böses, krankes Auge entgegenfunkelte, schien die Dunkelheit ringsum noch zu verstärken.

»Los jetzt«, keuchte Bernec hinter ihm. »Es ist nicht mehr weit, beeilen wir uns.«

Er versuchte, Skar beiseite zu schieben, trat dann mit einem raschen Schritt an ihm vorbei und begann, die Fackel wie in einer verzweifelten, winkenden Geste über dem Kopf schwenkend, auf das Licht zuzulaufen. Die anderen folgten ihm nach kurzem Zögern.

»Was ist?« fragte Del ungeduldig, als Skar sich nicht von der Stelle rührte. »Willst du vielleicht hierbleiben?«

Skar sah irritiert auf. »Was? Ich . . .« Er brach ab, schüttelte ein paarmal den Kopf und lief dann mit weit ausgreifenden Schritten hinter den Cearnern her. Er wußte selbst nicht, was mit ihm los war. Seine Gedanken und Empfindungen waren in Aufruhr wie schon seit langem nicht mehr. Er wollte hier heraus, mit jeder Faser seiner Seele, und selbst die tödlichen Weiten der Nonakesh erschienen ihm im Vergleich zu diesen finsteren Katakomben wie ein Paradies. Und doch fühlte er sich zu der schweigenden Dunkelheit hinter sich hingezogen, obwohl ihn der Gedanke zutiefst erschreckte. Irgend etwas in seinem Inneren hatte sich mit dem bösen Geist dieser Höhlen verbunden, ein dunkles, erschreckendes Etwas, ein Teil seiner Seele, von dem er bisher nicht einmal gewußt hatte, daß es ihn gab. Die Stunden, die er hier unten verbracht hatte, hatten irgend etwas in ihm erweckt, etwas Finsteres und Böses, das ihn hierbehalten wollte und ihm einen tiefen, namenlosen Schrecken einjagte. Und irgendwie spürte er, daß es ihm nicht gelingen würde, es wieder dorthin zu vertreiben, wo es hergekommen war. Sie verfielen in einen schnellen, kräftezehrenden Laufschritt. Die Höhle hallte wider vom trappelnden Echo ihrer Schritte und den aufgeregten Stimmen der Männer. Keiner von ihnen achtete noch auf seine Umgebung. Wären sie in diesem Moment von einem Hoger oder einem von Seshars Männern angegriffen worden, wären sie hilflos gewesen.

Aber sie erreichten den runden, senkrechten Schacht unbehelligt.

»Wir haben Glück«, stellte Bernec nach einem Blick auf den Himmel der Schachtöffnung fest. Er keuchte. Sein Atem ging rasselnd und schnell und hörte sich an, als bereite er ihm Schmerzen. »Die Sonne geht bald unter. Während der Nacht können wir die Wüste vielleicht zu Fuß durchqueren.«

»Und die Hoger?« fragte Del stirnrunzelnd.

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