Während er langsam wieder auf die Beine kam, merkte er, daß das Licht nicht von flackernden, roten Flammen herrührte, daß man auch nicht das krachende Dröhnen hörte, das man ihm so oft geschildert hatte, und daß er keinen Rauchgeruch spürte. Er hatte noch nie Magnesium brennen gesehen. Allein die Tatsache, daß es sich um keinen Waldbrand handelte, rief seine Neugierde wieder wach.
Das Licht war so hell, daß er den Bach überspringen konnte und in Sekundenschnelle durch das Unterholz krachend auf die Lichtquelle zulief, wobei er laut rief: »Hallo! Wer da? Was soll das Licht?«
Das dröhnende Grollen Sallman Kens brachte ihn fast um den Verstand, so heftig erschrak er. Die trommelähnliche Sprechmembran des Sarrianers vermag die meisten menschlichen Sprechlaute nachzuahmen, mit einer gewissen Verzerrung allerdings, die dem menschlichen Ohr wehtut. Der Versuch, seine Worte mit jenen unheimlichen Tönen nachzuahmen, jagte dem Jungen Schauder über den Rücken. Die Tatsache, daß er seine eigenen Worte in dem Gedröhne wiedererkannte, machte alles nur noch ärger.
Er blieb staunend zwei Meter vor dem Torpedo stehen. Das blauweiße Leuchten aus der rechteckigen Luke war bei seiner Annäherung erloschen. Er sah jetzt ein immer schwächer werdendes gelb-weißes Glühen, da der Magnesium-Behälter sich langsam abkühlte. Viel konnte er nicht erkennen. Der Raum hinter der Luke schien das gesamte Innere des unteren Teils dieses Gebildes einzunehmen. Der Boden war bedeckt mit zylindrischen Gegenständen in Faustgröße. Eines dieser Gebilde war die Quelle des Glühens, zwei andere Gefäße strahlten ein stumpfes Rot aus. Roger hatte sich nicht gründlicher umsehen können, da nun Ken seine Liste von Edelmetallen herunterratterte.
Roger wußte natürlich, was Platin und Iridium war, auch wenn diese Worte unter den Eigentümlichkeiten des sarrianischen Stimmapparates ein wenig litten. Doch wie bei vielen anderen menschlichen Wesen war es erst die Erwähnung von Gold, die ihm richtig in die Glieder fuhr. Er wiederholte das Wort sofort.
»Gold!«
»Gold«, antwortete die dröhnende Stimme aus dem Torpedo. Roger nahm seinen Mut zusammen und näherte sich der noch immer leuchtenden Luke, um ins Innere zu spähen. Er hatte richtig vermutet. Die kleinen zylindrischen Tiegel nahmen den gesamten Raum ein. Die Kammer war mit weißem Staub bedeckt, Titan- und Magnesiumoxide, die aus den Behältern spritzten, während die Reaktionen im Gange waren. Kleine gelbliche Natriumperoxidkügelchen waren ebenso reichlich versprüht. Noch immer drang Wärme und ein schwacher Schwefelgeruch aus der Kammer. Als Roger vorsichtig die Hand auf den Boden legte, war die Temperatur erträglich. Und er sah auf den ersten Blick, wovon der unsichtbare Sprecher gesprochen hatte – das Gold, das in dem kleinen Behälter schon erstarrt war. Es war hell genug, daß er es erkennen konnte. Es befand sich aber auch nichts annähernd Gleichfarbiges in der Kammer.
Der Junge handelte ohne zu zögern, aber mit mehr Voraussicht, als man ihm zugetraut hätte. Ein trockener Zweig wurde als Hilfsmittel benutzt – die Lukentür erinnerte ihn nämlich fatal an eine Falle. Deshalb stützte er sie vorsichtshalber mit dem Zweig ab. Dann langte er nach dem Goldtiegel.
Dabei übersah er die Drähte, die die Heizanlage mit der Energiequelle des Torpedos verbanden. Er faßte nach dem Tiegel und verschwendete keinen Blick auf die Drähte, obwohl sie der Grund dafür waren, daß er das Ding nicht herausbekam. Er hatte Zeit, einmal kräftig zuzupacken, ehe sich die Tatsache bemerkbar machte, daß sich das Metall erst vor kurzem noch in geschmolzenem Zustand befunden hatte.
Roger, der fast den Kopf in die Kammer gesteckt hätte, schrie noch lauter auf als vorhin, ließ den Tiegel los, versetzte dem Torpedorumpf einen wütenden Tritt und fing an wie wild herumzutanzen, wobei er seine verbrannte Hand festhielt und Verwünschungen gegen die Unbekannten ausstieß, die Schuld an seiner Verletzung trugen. Dabei entging ihm, daß der als Stütze benutzte Ast zerbrach, als die Lukentür zuging. Er bemerkte nur, daß es plötzlich fast ganz dunkel wurde. Was passiert war, sah er erst, als die Tür wieder aufging. Ohne zu wissen warum, fegte er mit der heilen Hand die geknickten Aststücke weg und stand gleich darauf in völliger Finsternis da, als die Tür sich nun ganz schließen ließ. Dabei wurde er das unbehagliche Gefühl nicht los, daß er beobachtet wurde.
Wieder dröhnte die Stimme los. Wieder erkannte er das Wort ›Gold‹, doch die Silben, die dazwischen kamen, waren zu verzerrt, als daß er sie hätte verstehen können. Er hatte überdies keinen Tabak bei sich, und im Torpedo gab es auch keinen, so daß er gar nicht auf die Idee kam, was gemeint sein könnte. Er machte auch keinen Versuch, das fremd klingende Wort nachzuahmen, und nach einer Weile verstummten die Äußerungen.