Es war schwierig, in einer solchen Situation gelassen zu bleiben, aber Wes bemühte sich: er atmete trotz des Hustenreizes langsam und gleichmäßig, schloß die Augen und machte sie rasch wieder auf: er mußte unbedingt die waffenstrotzende Großstadt am Himmel im Auge behalten, die auf ihn zukam! Fast wie ein Fötus zusammengekrümmt, entspannte er ganz bewußt seine Muskeln.
Der Ballon wurde von den riesigen Wesen weggeschleppt.
Hilflos wie ein Säugling fiel Wes auf das Raumschiff der Außerirdischen zu, das größer war als die Zwillingstürme des World Trade Center in New York. Im Näherkommen erkannte er Einzelheiten: eine große Schutzhülle auf einem Gelenkarm; schwarze Rechtecke, ein aus vielen blauen Kegeln zusammengesetzter Flammenstrahl. Die Luft war dick wie Suppe. Trocknendes Blut verstopfte ihm die Nase.
Manches beeindruckte Arwid Rogatschow, und nicht vieles überraschte ihn. Ein Raumschiff so groß wie eine Stadt: natürlich, wenn die Außerirdischen damit einen Planeten zu erobern gedachten! Sie wirkten äußerst fremdartig. Der Angriff: warum nicht? Was auch immer sie sich vom Zusammentreffen mit der Menschheit versprachen, so war es für sie am sichersten.
Trotzdem war er wütend.
Wie sie wohl Gefangene behandeln würden? Aus der Geschichte war eine Vielzahl von Möglichkeiten bekannt… Würden die Angreifer die Erdenmenschen näher in Augenschein nehmen wollen? Die hatten keine Zeit gehabt, Haß auf ihren Feind zu entwickeln, noch nicht. Was ihnen lebend in die Hände fiel, würden sie wohl am Leben erhalten… es sei denn, sie waren von geradezu unvernünftiger Fremdenfeindlichkeit oder fanden das Aussehen der Erdbewohner von vornherein widerwärtig…
Vielleicht war ihnen ein gesunder Sowjetfunktionär lieber als eine durch schlagartigen Druck zerplatzte Leiche, die sich nicht in idealer Weise sezieren ließ?
Arwid schob diesen Gedanken beiseite. Wer lebte noch? Natürlich Dawson und Giorge. Auch Nikolai hatte eine Rettungsblase erreicht. Aljana? Der andere Amerikaner, Greeley?
Dem ersten Horrorwesen, wahrscheinlich ein Kundschafter, waren durch die geborstene Druckhülle von Kosmograd ein Dutzend weitere gefolgt. Sie hatten einen kurzen Blick auf die Raumfahrer geworfen und waren dann in andere Teile der zerstörten Station verschwunden. Die vier, die geblieben waren, hatten mit mehreren Feuerstößen den Riß noch vergrößert und beförderten jetzt die Blasen auf etwas zu, das wie eine endlose Metallwand aussah.
Arwid hätte sich das Heck des Raumschiffs gern gründlicher angesehen, vor allem den Antrieb; aber sie kamen von der Seite. Die Seitenwand wies dunkle Öffnungen mit dicht schließenden Türen auf. Luftschleusen oder Raketenabschußöffnungen? Dienten die ovalen Fenster zum Hinaussehen, oder wurden aus ihnen Laserstrahlen abgefeuert? Mit einemmal wurde ein feiner Strich aus blitzenden Punkten vor dem schwarzen Himmel sichtbar: Staubkörnchen, die einen Laserstrahl widerspiegelten? Offenbar in großer Ferne entstand ein neuer Stern und verging. Weit unten blitzten Lichter vor dem Nachthimmel der Erde auf. Irgend etwas breitete sich mit unglaublicher Helligkeit aus, und Arwid wandte den Kopf ab.
Eine Atomwaffe. Wessen? Und wie nahe war sie? Er versuchte, die in ihm aufsteigende Panik zu unterdrücken.
Weitere Lichter flammten in großer Entfernung auf, wohl nahe der Erde. Lichtstrahlen stießen durch den mit Staub und Abfall gefüllten Weltraum abwärts.
Inzwischen waren sie dem Raumschiff so nah, daß er Einzelheiten erkennen konnte. Nuten liefen an seiner Flanke entlang wie Eisenbahnschienen, aber mit weit größerem Abstand. Das konnten Halterungen für kleinere Raumschiffe sein… ›Kleiner‹ war natürlich relativ, sie mußten immer noch
Arwid kam mit seinen Vermutungen nicht weiter. Diese Art von Ratespiel war nichts für ihn – da mußte schon jemand teils Mechaniker und teils Stratege sein: ein Mechaniker mit Phantasie. Ob Nikolai oder Mitja noch lebten?