»Remus«, keuchte Pettigrew, und Harry sah, wie Schweißperlen auf sein teigiges Gesicht traten,»du glaubst ihm doch nicht etwa er hat versucht mich umzubringen, Remus…«
»Das wissen wir«, sagte Lupin, jetzt eine Spur kühler.»Peter, ich möchte ein oder zwei kleine Fragen mit dir klären, wenn du so -«
»Und jetzt ist er hier, um es noch einmal zu versuchen!«, quiekte Pettigrew plötzlich und deutete auf Black. Harry sah, daß er seinen Mittelfinger benutzte, weil der Zeigefinger fehlte.»Er hat Lily und James umgebracht und jetzt wird er auch mich töten… du mußt mir helfen, Remus…«
Blacks Gesicht ähnelte jetzt mehr denn je einem Totenschädel, und er starrte Pettigrew mit seinen unergründlichen Augen an.
»Keiner hier wird versuchen dich zu töten, bevor wir ein paar Dinge geklärt haben«, sagte Lupin.
»Geklärt?«, kreischte Pettigrew und sah sich mit flehendem Blick um; die Augen huschten über die brettervernagelten Fenster und dann erneut über die einzige Tür.»Ich wußte, daß er mich jagen würde! Ich wußte, daß er mir auf den Fersen war! Darauf habe ich zwölf Jahre gewartet!«
»Du wußtest, daß Sirius aus Askaban fliehen würde?«, sagte Lupin stirnrunzelnd.»Obwohl es bisher noch keiner geschafft hatte?«
»Er hat dunkle Kräfte, von denen unsereiner nur träumen kann!«, rief Pettigrew schrill.»Wie sonst ist er dort rausgekommen? Ich vermute, Du-weißt-schon-wer hat ihm ein paar Kniffe beigebracht!«
Black fing an zu lachen, ein schauriges, freudloses Lachen, das den ganzen Raum erfüllte.
»Voldemort – und mir Kniffe beibringen?«, sagte er.
Pettigrew zuckte zusammen, als hätte Black ihm einen Peitschenschlag versetzt.
»Was denn – Angst vor dem Namen des alten Herrn?«, sagte Black.»Ich versteh dich wohl, Peter. Seine Leute sind nicht besonders gut auf dich zu sprechen, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, was du meinst, Sirius«, wisperte Pettigrew und sein Atem ging schneller. Sein Gesicht glitzerte jetzt von Schweiß.
»Vor mir jedenfalls hast du dich nicht zwölf Jahre lang versteckt«, sagte Black.»Du hast dich vor Voldemorts alten Anhängern versteckt. Ich hab in Askaban gewisse Dinge gehört, Peter… sie glauben alle, du wärst tot, denn sonst müßtest du ihnen Rede und Antwort stehen… ich hab sie im Schlaf schreien gehört. Klang, als ob sie glaubten, der Verräter hätte sie selbst verraten. Voldemort ging auf deinen Wink hin zu den Potters… und das war auch sein eigenes Ende. Aber nicht alle Anhänger Voldemorts landeten in Askaban, oder? Es treibt sich immer noch eine Menge herum und wartet, bis es wieder an der Zeit ist. Alle tun so, als hätten sie eingesehen, daß sie sich geirrt hätten… wenn sie je Wind davon bekommen, daß du noch lebst, Peter -«
»Weiß nicht… wovon du redest…«, sagte Pettigrew erneut und schriller denn je. Er wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und sah zu Lupin hoch.»Remus, du glaubst doch nicht etwa – diesem Irren -«
»Ich muß zugeben, Peter, es fällt mir schwer zu begreifen, warum ein Unschuldiger zwölf Jahre als Ratte leben sollte«, sagte Lupin gleichmütig.
»Unschuldig, aber voller Angst!«, quiekte Pettigrew.»Wenn Voldemorts Anhänger hinter mir her sind, dann doch nur, weil ich einen ihrer besten Männer nach Askaban gebracht habe – den Spion, Sirius Black!«
Blacks Gesicht verzerrte sich.
»Wie kannst du es wagen«, knurrte er und klang plötzlich wie der bärengroße Hund, der er gewesen war.»Ich, ein Spion für Voldemort? Wann bin ich je um Leute herumscharwenzelt, die stärker und mächtiger waren als ich? Aber du, Peter – ich werde nie begreifen, warum ich nicht gleich gesehen habe, daß du ein Spion bist. Du mochtest immer große Freunde, die für dich nach dem Rechten sahen, nicht wahr? Erst waren wir es… ich und Remus… und James…«
Pettigrew trocknete sich erneut das Gesicht; er rang jetzt beinahe nach Luft.
»Ich, ein Spion… du mußt den Verstand verloren haben… niemals… weiß nicht, wie du so etwas sagen kannst -«
»Lily und James machten dich nur zum Geheimniswahrer, weil ich es vorgeschlagen hatte«, zischte Black, so giftig, daß Pettigrew einen Schritt zurücktrat.»Ich dachte, es wäre ein perfekter Plan… ein Bluff… Voldemort würde gewiß hinter mir her sein, er würde sich nie träumen lassen, daß sie ein schwaches, unbegabtes Kerlchen wie dich nehmen… das muß der größte Augenblick deines elenden Lebens gewesen sein, als du Voldemort eröffnet hast, du könntest ihm die Potters ausliefern.«
Pettigrew murmelte geistesabwesend; Harry fing Worte auf wie»weit hergeholt«, und»verrückt«, doch er achtete eher auf Pettigrews aschfarbenes Gesicht und auf seine Augen, die immer wieder über die Fenster und zur Tür huschten.
»Professor Lupin?«, sagte Hermine schüchtern.»Kann – kann ich auch etwas sagen?«
»Natürlich, Hermine«, sagte Lupin höflich.
»Nun – Krätze – ich meine, dieser – dieser Mann – er hat drei Jahre lang in Harrys Schlafsaal geschlafen. Wenn er für Du-weißt-schon-wen arbeitet, wie kommt es dann, daß er niemals versucht hat, Harry etwas anzutun?«