Paine überlegte einen Augenblick. »So um die zweihunderttausend, schätze ich. Plus eine monatliche Gebühr von zweitausend.«
D’Agosta veränderte seine Sitzhaltung, konsultierte seine Notizen. Langsam kam er zum Kern seiner Fragen. »Wäre Ingmar imstande gewesen – wenn er über die Kenntnisse verfügt hätte –, die Sicherheitsanlage zu umgehen, so wie es dem Mörder gelungen ist?«
»Ja. Absolut.«
»Wer sonst noch bei Sharps & Gund hätte genügend Fachkenntnisse besessen, um das hinzubekommen, was der Mörder getan hat, um das System zu umgehen?«
»Mein Kollege bei der Installierung, Lasher. Möglicherweise der Typ, der die IT-Abteilung leitet, vielleicht der Chef der Abteilung Programmierung und Ausführung. Aber ich bezweifle stark, dass einer der beiden gewusst hat, wie die Cantucci-Anlage entworfen war, oder dass sie Zugang zur technischen Blackbox hatten.« Er machte eine kleine Pause, überlegte. »Im Ernst, Ingmar und Lasher sind wahrscheinlich die Einzigen, und ich natürlich.«
»Ich war der Mann, aber Lasher war zu dem Zeitpunkt bereits entlassen worden, deshalb bin ich mit einem anderen Techniker da hingefahren.«
»Und wie heißt der?«
»Hallie Iyer. Sie arbeitet immer noch für das Unternehmen.«
»Hätte diese Mrs. Iyer über genügend Kenntnisse verfügt, um das System umgehen zu können?«
»Nein. Auf gar keinen Fall. Sie ist ziemlich neu in der Firma, sie arbeitet dort erst seit ein paar Monaten.«
»Erzählen Sie uns von Ihrem ehemaligen Kollegen, diesem Lasher«, sagte D’Agosta. »Dem, der Ihnen bei der Installierung des ursprünglichen Systems geholfen hat. Was für ein Mensch ist er gewesen?«
»Er war seltsam. Echt, mich hat es gegruselt vor ihm – allerdings nicht am Anfang. Das entstand allmählich. Zuerst war er richtig maulfaul, hat kein Wort gesagt, aber je länger wir zusammengearbeitet haben, desto mehr hat er sich geöffnet. Oh, ich verstehe durchaus, weshalb Ingmar ihn eingestellt hat – er kannte sich hervorragend aus, daran besteht kein Zweifel, aber er hat schon komische Sachen von sich gegeben.«
»Zum Beispiel?«
»Dass die Apollo-Mondlandungen getürkt sind, dass es sich bei den Kondensstreifen, die man am Himmel sieht, in Wirklichkeit um Chemie handelt, die die Regierung auf die Leute versprüht, um sie einer Gehirnwäsche zu unterziehen, dass die globale Erwärmung eine von den Chinesen verbreitete Falschmeldung ist. Unglaublicher Scheiß.«
Pendergast, der bislang geschwiegen hatte, schaltete sich in das Gespräch ein. »Wie hat ein Mann mit diesen Ansichten denn die angebliche Sicherheitsüberprüfung auf CIA-Niveau von Sharps & Gund bestehen können?«
Paine lachte. »CIA-Niveau? Hat Ingmar Ihnen das erzählt?« Er schüttelte den Kopf. »Ingmar stellt billig ein, keine Sozialleistungen, lange Arbeitszeiten, keine Überstunden, sehr viel Reisetätigkeit. Die einzige Überprüfung, die er vornimmt, besteht darin, sich zu vergewissern, dass man keine Vorstrafen hat, und selbst dann würde er einen vermutlich einstellen, weil man dann billiger zu haben ist. Lasher hat zunächst einen ganz normalen Eindruck gemacht, sich im Lauf der Zeit aber immer seltsamer aufgeführt.«
»Irgendetwas im Besonderen?«, fragte D’Agosta.
»Meistens ging es um Frauen. Er war ein absolutes Ekel in diesen Dingen. Keinerlei soziale Kompetenz, hat die Frauen vor versammelter Mannschaft gefragt, ob sie mal abends mit ihm ausgehen wollen. War auch ständig auf Zinne, hat herablassende Bemerkungen fallen gelassen, dumme Witze gerissen, geprahlt. Viel Gerede über große Busen – Sie kennen die Sorte sicherlich.«
D’Agosta nickte. Die Sorte war ihm nicht unbekannt.
»Er hätte entlassen werden müssen, als das beim ersten Mal passierte. Ingmar hat versucht, Lashers Verhalten zu ignorieren, musste aber schließlich etwas dagegen unternehmen. Sonst hätte er einige seiner wertvollen weiblichen Angestellten verloren. Aber der Grund, weshalb Lasher in Wahrheit rausgeschmissen worden ist, waren wohl Cantuccis ständige Beschwerden.«
Dieser Lasher – da ging doch was. Und ihnen blieb immer noch ein ziemlich großes Zeitfenster, bis Singletons 36-Stunden-Deadline überschritten wäre.
»Wissen Sie, wo Lasher wohnt?«, fragte D’Agosta.
»Ja. West Fourteenth Street. Zumindest hat er dort gewohnt, als man ihn gefeuert hat.«
Zeit, langsam zum Schluss zu kommen. »Agent Pendergast, haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
»Nein, danke, Lieutenant.«
D’Agosta erhob sich vom Tisch. »Vielen Dank, Mr. Paine, einer unserer Streifenwagen fährt Sie nach Hause.« Er verließ zusammen mit Pendergast den Raum. Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, sagte D’Agosta: »Also, was ist Ihre Meinung? Meines Erachtens haben wir zwei Tatverdächtige: Lasher und Ingmar.«
Pendergast gab keine Antwort, D’Agosta konnte seine Miene nicht deuten. »Ich meine, dieser Ingmar, der hat doch die Mittel, das Motiv und die Fähigkeiten.«