»Die Labore arbeiten noch am Beweismaterial. Wir haben das Boot gefunden, das der Mörder benutzt hat – natürlich gestohlen. Aber es scheint sich dabei um eine Sackgasse zu handeln. Es wurden im Boot keinerlei Beweismittel gefunden, auch nicht im Jachthafen, aus dem es gestohlen wurde. Wir haben allerdings einen deutlichen Schuhabdruck des Mörders. Schuhgröße siebenundvierzig.«
»Was sonst noch?«
D’Agosta zögerte. »Was solide Spuren betrifft, wäre das alles.«
»Das ist alles?
»Ja, Sir.«
»Und das FBI? Haben die irgendetwas? Verschweigen die Ihnen etwas?«
»Nein. Wir unterhalten ausgezeichnete Beziehungen zum FBI. Die tappen offenbar genauso im Dunkeln wie wir.«
»Was ist mit der Abteilung für Verhaltenswissenschaften beim FBI, diesen Klapsdoktoren, die die Motive des Täters analysieren und ein Profil liefern sollen? Gibt’s da irgendwelche Ergebnisse?«
»Noch nicht. Wir haben ihnen natürlich alle relevanten Materialien zugeschickt, aber in der Regel dauert es ein paar Wochen, bis man die Ergebnisse bekommt. Wir haben Druck gemacht, was unsere Anfrage betrifft, und hoffen, in zwei Tagen etwas zu erhalten.«
»Zwei Tage? Jesses.«
»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um das Ganze zu beschleunigen.«
Der Bürgermeister griff nach der gestrigen Ausgabe der
»Wir untersuchen das ganz genau.«
»Wir untersuchen das. Untersuchen das! Ich habe drei Leichen. Drei Leichen ohne Kopf. Von drei reichen,
»Herr Bürgermeister, es gibt noch keine belastbaren Beweise, die Harrimans Theorie stützen, derzufolge es sich um Rachemorde handelt, aber wir ermitteln in dieser Richtung – so wie wir auch vielen weiteren Spuren nachgehen.«
Der Bürgermeister ließ die Zeitung angewidert zurück auf den Schreibtisch fallen. »Diese Theorie, wonach wir irgendeine Art Psycho auf dem Kriegspfad dort draußen haben, der sein Urteil über die Bösen fällt, hat wirklich einen Nerv getroffen. Das wissen Sie doch, oder? Viele Menschen in dieser Stadt – wichtige Leute – werden nervös. Und es gibt andere, die den Mörder anfeuern, als wäre er eine Art Serienmörder-Robin-Hood. Diese Bedrohung unseres sozialen Zusammenhalts ist inakzeptabel. Wir sind hier nicht in Keokuk oder Pocatello, sondern in New York, wo Menschen aller Nationalitäten endlich harmonisch zusammenleben und wir die niedrigste Kriminalitätsrate von allen Großstädten der USA haben. Ich werde nicht zulassen, dass das alles während meiner Amtszeit kaputtgeht. Haben Sie das verstanden?
»Ja, Sir.«
»Das ist doch ein Witz! Vierzig Detectives, Hunderte Streifenpolizisten – ein Schuhabdruck! Wenn ich nicht umgehend Fortschritte sehe, dann werden Sie noch Ihr blaues Wunder erleben, Lieutenant.
»Herr Bürgermeister, wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, ich verspreche es Ihnen.«
Der Bürgermeister holte tief Luft, blähte sich förmlich auf, atmete schließlich auf dramatische Weise aus. »Und nun gehen Sie da raus und bringen Sie mir etwas Besseres als einen verdammten Schuhabdruck.«
29
Als Alves-Vettoretto das Adlernest ihres Chefs im obersten Stock des DigiFlood-Towers betrat, saß Anton Ozmian hinter seinem Schreibtisch und tippte heftig an einem Laptop. Er blickte auf, ohne innezuhalten, betrachtete sie durch seine Metallgestellbrille und nickte kaum wahrnehmbar. Sie nahm auf einem der Chrom-und-Leder-Stühle Platz und wartete. Das Getippe setzte sich – manchmal schnell, manchmal langsam – noch fünf Minuten lang fort. Dann schob Ozmian endlich den Laptop von sich weg, stützte die Ellbogen auf die schwarze Granitplatte seines Schreibtisches und schaute seine »rechte Hand« an.
»Die Übernahme von SecureSQL?«, fragte Alves-Vettoretto.
Ozmian nickte, massierte sich das ergraute Haar an den Schläfen. »Ich musste bloß dafür sorgen, dass die Giftpille an Ort und Stelle ist.«
Sie nickte. Ozmian genoss feindliche Übernahmen fast genauso sehr wie die Entlassung seiner eigenen Angestellten.
Jetzt trat er hinter dem Schreibtisch hervor und ließ sich auf einem der anderen Chrom-und-Leder-Stühle nieder. Er stand unter enormer innerer Anspannung, und sie wusste auch, warum.
Ozmian deutete auf eine Boulevardzeitung, die zwischen ihnen auf dem Tisch lag, ein Exemplar der Weihnachtsausgabe der
»Ja.«