Erst zwei Tage zuvor, während er in der
Und da hatte er wie aufs Stichwort in den sozialen Medien von der Demonstration gehört und sich ihr angeschlossen, worauf sich seine früheren Gedanken und Ideen um eine Vorstellung kristallisiert hatten: ein Fegefeuer der Eitelkeiten des 21. Jahrhunderts zu veranstalten. Gab es denn dafür einen geeigneteren Ort als New York City, das Florenz der Gegenwart, die Stadt der Milliardäre und Obdachlosen, der Reichsten und der Ärmsten, den mitternächtlichen Tummelplatz der Reichen und die mitternächtliche Grube der Verzweiflung der Armen?
Und so hatte der Ex-Jesuit Marsden Swope in den sozialen Medien an alle da draußen, die den Materialismus, den Narzissmus, die Gier, die Selbstsucht, die Ungleichheit und die spirituelle Leere unserer modernen Gesellschaft satthatten, einen bescheidenen Appell gerichtet. Er hatte sie dazu eingeladen, dieses neue Fegefeuer der Eitelkeiten aufzusuchen, das irgendwo in New York City stattfinden sollte. Um die Behörden zu verwirren und durcheinanderzubringen, werde man, so schrieb er, Ort und Zeit des Feuers bis zur letzten Minute geheim halten. Jedoch würde das Ganze in einem öffentlichen Raum stattfinden, einem
Die Idee, schrieb Swope, sei den brutalen Morden des Enthaupters entsprungen. Einer Person, die vorgab, das Böse in unserer Welt zu erkennen. Wenn man an Satan glaubte (und es gab viele Gründe dafür, diesem Glauben anzuhängen), begriff man, dass der Enthaupter in Wahrheit der Diener Satans war. Er schlug Kapital aus dem räuberischen Bösen der Einprozenter und ihrer Helfershelfer in den Unternehmen, die noch mehr Böses verbreiteten. Der Enthaupter hatte sich angemaßt, sich an die Stelle Gottes zu setzen und die Menschen selbst zu richten – die ultimative Ketzerei. Nein, er war ein Erfüllungsgehilfe, der die Gläubigen von ihrer wahren Pflicht abbrachte, nämlich den Balken im eigenen Auge zu bemerken, ehe man versuchte, den Splitter aus dem ihrer Brüder herauszuziehen. Diese anderen Demonstranten, diejenigen, die zur Vernichtung der Reichen aufriefen, waren ebenso die Diener Satans wie die Reichen selbst. Nein, man vernichtet nicht die Reichen – man tut das, was Jesus getan hat, und
Zu diesem Zweck hatte Swope ein Feuer der Sühne angeboten. Er bat alle, die daran teilnehmen wollten, irgendetwas Symbolisches mitzubringen, das verbrannt werden sollte, etwas, das für sie das Böse repräsentierte und das sie in sich selbst auslöschen wollten. Es sollte ein Symbol der Läuterung darstellen, der sich jeder zu unterziehen gedachte, der Erlösung, die sie alle zu erlangen hofften, der Sühne, die sie sich zu verdienen wünschten.
Seine bescheidenen Postings hatten einen Nerv getroffen. Zunächst gab es fast keine Reaktionen, dann gab es ein paar Retweets und vereinzelte Facebook-Shares. Doch plötzlich ging die Sache ab wie eine Rakete. Junge, Junge, war die Botschaft viral geworden! Achtzehn Stunden lang hatte sein Computer vor lauter Posts und Likes und Antworten auf seinen Appell nonstop gepingt: Es waren Hunderttausende. Die Leute waren fasziniert. Sie sehnten sich danach, sich zu läutern, sich vom Schmutz des Materialismus und der Habgier zu befreien. Zigtausende hatten Fotos von Dingen gepostet, die sie für sein Fegefeuer ausgewählt hatten. Es war wirklich erstaunlich, wie viele Menschen in der Dreistaatenregion geantwortet hatten. Sie alle warteten auf seine Ankündigung des
Das letzte Chicken McNugget verschwand in Swopes Mund; er kaute langsam und nachdenklich, schmeckte kaum etwas. Er trank die Flasche Kakao aus. Nachdem seine körperlichen Bedürfnisse befriedigt waren, räumte er seinen Tisch auf, entsorgte den Müll, ging zur Tür und trat in die bittere Dezemberkälte. Und dann lief er auf der 125th Street wieder zurück zu seiner Kellerwohnung und seinem uralten PC.
Und von dort würde er die Einwohner New Yorks weiter zusammenrufen, damit sie sich der guten Sache anschlossen.
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