Jetzt war Weilmann an der Reihe, sich auf dem Stuhl nach hinten zu lehnen. Ein blutarmes Lächeln trat in seine blassen Gesichtszüge. »Mr. Ozmians Name wird nun schon seit Jahren in der Öffentlichkeit in, sagen wir, weniger als schmeichelhaftem Licht dargestellt.« Der Anwalt hielt kurz inne. »Lassen Sie es mich Ihnen ganz unverblümt sagen, und verzeihen Sie mir meine ordinäre Ausdruckweise: Mr. Ozmian kümmert sich einen Scheißdreck um die Meinung der Öffentlichkeit. Zurzeit geht es ihm nur um zweierlei: um die Leitung seines Unternehmens und darum, den Mörder seiner Tochter vor Gericht zu bringen.«
Pendergast dachte darüber nach. Und es stimmte ja: So wie König Mithridates, der verschiedene Gifte in immer größerer Dosis eingenommen hatte, bis er immun dagegen geworden war, scherte sich auch Ozmian keinen Deut um seinen Ruf. Deshalb war Pendergasts übliche Methode – Drohungen und angedeutete Erpressung – wirkungslos.
Schade.
Doch er dachte gar nicht daran, lockerzulassen. Mit einem Ausdruck der Selbstzufriedenheit schlug er sich leicht auf die Brust seiner Anzugjacke – deren Innentasche nichts enthielt. »Übrigens haben wir kürzlich einen nicht unbeträchtlichen Durchbruch erzielt, einen, den das FBI Mr. Ozmian mitteilen wollte. Nicht nur wird er diesen interessant finden, sondern möglicherweise auch einige Informationen beisteuern können, die uns dabei helfen, die Spur weiterzuverfolgen. Diese Entdeckung ist derzeit noch vertraulich, was auch der Grund dafür ist, warum ich noch nicht darüber gesprochen habe. Ich möchte Sie daher bitten, jede Erwähnung dieser Entdeckung für sich zu behalten, wenn Sie gleich Mr. Ozmian bitten werden, mir eine private Audienz zu gewähren.«
Einen Moment lang schauten die beiden Männer sich nur an. Und dann erschien wieder das leise Lächeln auf dem Gesicht des Anwalts. »Eine vielversprechende Entwicklung in der Tat, Agent Pendergast! Wenn Sie mir eine Zusammenfassung dessen geben, was Sie in Ihrer Tasche versteckt haben, übermittle ich diese umgehend an Mr. Ozmian. Und ich hege keinerlei Zweifel daran, dass er Sie, wenn es sich um einen wirklich so bedeutenden Durchbruch handelt, nur allzu gern empfangen wird.«
»Die Vorschriften verlangen, dass ich ihm die Informationen persönlich aushändige«, sagte Pendergast.
»Natürlich, natürlich – nachdem ich ihm die Zusammenfassung gegeben habe.«
Stille im Raum. Nach einem Augenblick ließ Pendergast die Hand von der Brust seines Jacketts herabfallen und stand auf. »Es tut mir leid, aber diese Informationen sind nur für die Verwendung durch Mr. Ozmian bestimmt.«
Darauf wurde das Lächeln des Anwalts – oder war es ein Grinsen? – ein wenig breiter. »Natürlich«, sagte er und erhob sich ebenfalls. »Wenn Sie die Vorladung haben, dürfen Sie sie ihm zeigen. Und nun darf ich Sie zum Aufzug begleiten?«
Wortlos folgte Pendergast dem Anwalt aus dessen Büro und durch die hohen, hallenden Räume zu den Fahrstühlen.
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