Auch die Reaktionen auf seinen Aufruf zu einem Fegefeuer der Eitelkeiten hatten enorm zugenommen – ja, es waren so viele, dass er sich sagte, dass die Zeit reif war, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Es war ein echtes Wunder – weit über hunderttausend Menschen hatten geantwortet und behauptet, sich auf den Weg nach New York City zu machen beziehungsweise, wenn sie sich bereits dort aufhielten, seine Ankündigung erwarteten, wo und wann das Feuer stattfinden sollte. Die Zeitungen nannten New York die »Stadt der Endlosen Nacht«. Nun, so war es wirklich, doch mit Gottes Hilfe würde er sie in die »Stadt der Endlosen Gerechtigkeit« verwandeln. Er würde allen zeigen, Reichen wie Armen, dass
Als er an der Sheep Meadow ankam, blieb er stehen. Er überquerte die Grünfläche, ging weiter zur Mall, spazierte nach Norden und passierte dabei den Bethesda Fountain, dann schritt er tief in Gedanken auf dem labyrinthischen Weg im Ramble weiter. Savonarola hatte seinen Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria von Florenz entfacht. Der Platz war das Herz der Stadt gewesen, ein idealer Ort, um seine Botschaft zu verkünden. Aber das New York von heute war anders. Man konnte am Times Square keinen Scheiterhaufen errichten – nicht nur war der Platz überlaufen von Touristen, sondern die Polizeipräsenz war derart groß, dass die ganze Sache vorbei sein würde, bevor sie angefangen hatte. Nein, Marsden Swopes idealer Ort musste groß, offen und aus allen Richtungen gut erreichbar sein. Seine Anhänger, die ihre Luxusgüter bei sich trugen, um sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, mussten Zeit haben, damit sie sich versammeln, das Feuer entzünden und ihre »Eitelkeiten« hineinwerfen konnten. Es war unerlässlich, dass man seine Leute nicht allzu schnell stoppte.
Der Große Rasen. Schon allein der Name weckte tiefe Gefühle in Swope. Dies war in der Tat ein Ort, der geeignet war, die Massen aufzunehmen, die seinem Aufruf folgen würden. Dies war in der Tat ein zentraler Ort, für alle leicht erreichbar. Dies war in der Tat der ideale Ort für einen Scheiterhaufen – und ein Ort, den die Polizei nicht zu schließen und zu räumen in der Lage wäre.
Eine noch stärkere Überzeugung drängte sich Swope auf, als hätte sie ihn wie von selbst, geleitet vom Himmel, zum idealen Ort geführt.
Er trat einen Schritt vor, dann noch einen, und dann, durchdrungen von einem jähen Ansturm von Gefühlen, blieb er auf der Rasenfläche stehen und sagte die ersten Worte, die er seit mehr als zwei Tagen laut ausgesprochen hatte:
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Es hatte zwar einige Zeit gedauert, bis Longstreet die Telefonate tätigen und den notwendigen Druck aufbauen konnte, zumal in dieser arbeitsfreien Zeit, doch um 13 Uhr am Neujahrsmorgen fuhr Pendergasts Rolls abermals in die Tiefgarage des DigiFlood-Komplexes in Lower Manhattan. Die Wachleute, die den Wagen in Empfang nahmen, führten sie zu den, wie es schien, am entferntesten liegenden Aufzügen, wo man ihnen den Zugang zu den Privatliften verweigerte und von wo sie stattdessen die Betontreppe bis auf Straßenniveau nehmen und das Gebäude durch die Eingangshalle betreten mussten. Und hier wurden sie von den Security-Leuten aus der Menge herausgewunken und durchsucht. Howard Longstreet wurde immer ungehaltener, hielt allerdings den Mund. Das hier war Pendergasts Nummer, doch der Special Agent nahm das Ganze anscheinend ganz locker, war unbeeindruckt und verzichtete darauf, sich zu dieser Behandlung zu äußern, die, wie Longstreet fand, einzig und allein darauf abzielte, sie zu demütigen.
Schließlich hatten die Security-Leute ihre Kontrolle beendet, und Pendergast und Longstreet fuhren im Aufzug bis in die oberste Etage. Hier wurden sie in einen kleinen, fensterlosen Raum geführt, wo sie Platz nehmen und warten sollten, bewacht von einem teilnahmslosen, jungen Sicherheitsbeauftragten in einem teuren Anzug.