Minuten später, als die Fahrstuhltüren sich flüsterleise öffneten und sie beide hinaus in die Eingangshalle traten, konnte Longstreet sich einfach nicht mehr zurückhalten. »Aloysius«, sagte er lachend, »das war eine
Pendergast nahm das Kompliment schweigend entgegen.
Auf der gegenüberliegenden Seite der großen Lobby blieb Bryce Harriman – der soeben durch eine der Drehtüren aus der Kälte hereingekommen war – unvermittelt stehen. Er erkannte den Mann wieder, der da aus einem der Aufzüge trat: Das war doch dieser Pendergast, dieser geheimnisumwitterte Special Agent des FBI, der auf die eine oder andere Art und Weise in mehreren Mordfällen, über die er im Lauf der Jahre geschrieben hatte, eine Rolle spielte.
Der FBI-Agent konnte hier bei DigiFlood nur eines gewollt haben: im Fall des Enthaupters ermitteln, vielleicht sogar Ozmian befragen. Dann hätte Ozmian jetzt bestimmt richtig miese Laune. Umso besser. Kurz darauf eilte Harriman in Richtung Sicherheitsstation.
44
Lieutenant Vincent D’Agosta saß im sauberen und aufgeräumten Wohnzimmer des Apartments, das er gemeinsam mit Laura Hayward bewohnte, trank missmutig ein Budweiser und lauschte dem Verkehrslärm unten auf der Avenue. Aus der Küche drangen Kochgeräusche – das Knarren einer sich öffnenden Backofentür, das
D’Agosta wusste genau, warum sie sich so viel Mühe gab – um ihn aufzuheitern, um dafür zu sorgen, dass er den Enthaupter-Fall vergaß … wenn auch nur für kurze Zeit.
Das bereitete ihm ein schlechtes Gewissen. Denn er hatte das Gefühl, all dieser Bemühungen unwürdig zu sein – mehr noch, im Moment hatte er das Gefühl, allem unwürdig zu sein.
Er trank das Budweiser aus, zerdrückte schlecht gelaunt die Bierdose und legte sie auf eine Zeitschrift, die auf dem Beistelltisch lag, wo sich bereits vier auf die gleiche Weise zerdrückte Bierdosen befanden, aufgereiht wie gefallene Zinnsoldaten.
Er riss gerade die Lasche der sechsten Dose ab, als Laura aus der Küche kam. Sollte sie die leeren Dosen bemerkt haben, so sagte sie nichts dazu; sie setzte sich nur ihm gegenüber in einen Sessel.
»Zu heiß da drin«, sagte sie und deutete mit einem Nicken in Richtung Küche. »Wie auch immer, die Schwerstarbeiten sind erledigt.«
»Kann ich dir helfen?«, fragte er zum vierten Mal.
»Danke, aber es ist nichts mehr zu tun. In einer halben Stunde können wir essen – ich hoffe, du hast guten Appetit.«
D’Agosta, der mehr Durst als Hunger hatte, nickte und trank noch einen Schluck.
»Was ist eigentlich aus Michelob geworden?«, fragte er unvermittelt und hielt die Dose Budweiser beinahe anklagend in die Höhe. »Dem echten Michelob, meine ich. Also das war ein Premium-Bier. Und diese dickbäuchige Flasche mit der Goldfolie am Flaschenhals – da hatte man wirklich das Gefühl, dass man etwas Besonderes trank. Aber heute sind alle verrückt nach Craft-Bieren. Als ob die Leute vergessen hätten, wie ein klassisches amerikanisches Getränk schmeckt.«
Laura schwieg.
D’Agosta hob die Bierdose an, um noch einen Schluck zu trinken, stellte sie dann aber beiseite. »Tut mir leid.«
»Es muss dir nicht leidtun.«
»Ich sitze hier herum, schmolle wie ein Kleinkind und bemitleide mich selbst.«
»Vinnie, das geht nicht nur dir so, sondern allen, die in dem Fall ermitteln. Ich meine, er zerreißt die Stadt. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, unter welchem Druck du stehst.«
»Ich habe Dutzende Detectives, die daran arbeiten, aber sie drehen sich immer nur im Kreis.«
Er setzte sich vor, merkte, dass er angetrunken war, und lehnte sich wieder zurück. »Es ist zum Verrücktwerden. Diese Adeyemi. Ich habe mit allen geredet, die möglicherweise ein Hühnchen mit ihr zu rupfen hatten. Nichts. Selbst ihre Feinde sagen, dass sie eine Heilige war. Meine Leute haben rund um die Uhr gegraben. Verflucht, ich habe sogar daran gedacht, selbst nach Nigeria zu fliegen. Ich
»Vinnie, mach dich deswegen doch nicht selbst fertig. Nicht heute.«