Читаем Liebe Deinen Nächsten полностью

Kern zögerte. »Es ist ein guter Kuchen. Ich möchte nur ein kleines Stückchen abschneiden… gerade nur so…«

Binder zog ein Messer aus der Tasche, schnitt einen schmalen Streifen vom Rand der Sandtorte ab und legte ihn in den Brief seiner Mutter. »Wissen Sie was?« sagte er dann, mit einem sonderbar zerfallenen Gesicht. »Mein Bruder hat meine Mutter nie sehr geliebt. Aber ich… ich; komisch, was?«

Er ging auf sein Zimmer.


ES WAR ABENDS gegen elf Uhr. Ruth und Kern saßen auf der Terrasse. Binder kam die Treppe herunter. Er war wieder kühl und elegant wie früher.

»Kommen Sie mit mir noch irgendwohin?« sagte er. »Ich kann noch nicht schlafen. Und ich möchte heute nicht allein sein. Nur eine Stunde. Ich weiß ein Lokal, das sicher ist. Tun Sie mir den Gefallen.«

Kern sah Ruth an. »Bist du müde?« fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.

»Tun Sie mir den Gefallen«, sagte Binder. »Nur eine Stunde. Um etwas anderes zu sehen.«

»Gut.«

Er führte sie zu einer Café-Bar, in der getanzt wurde. Ruth sah hinein. »Das ist zu elegant«, sagte sie. »Das ist nichts für uns!«

»Für wen sollte es denn sonst sein, wenn nicht für uns Kosmopoliten«, erwiderte Binder mit trübem Spott. »Es ist auch gar nicht so elegant, wenn Sie wirklich hinsehen. Nur gerade genug, um sicher vor Detektiven zu sein. Und ein Kognak ist hier nicht teurer als anderswo. Die Musik aber viel besser. So was braucht man manchmal auch. Kommen Sie, bitte. Da ist schon ein Platz.«

Sie setzten sich und bestellten etwas zu trinken. »Was nützt alles«, sagte Binder und hob sein Glas. »Wir wollen fröhlich sein! Das Leben ist bald zu Ende, und nachher gibt uns niemand etwas dafür, ob wir fröhlich oder traurig waren.«

»Richtig.« Kern nahm ebenfalls sein Glas. »Wir wollen einfach annehmen, wir wären einmal richtige Inländer, nicht wahr, Ruth? Leute, die eine Wohnung in Zürich haben und einen Ausflug nach Luzern machen.«

Ruth nickte und lächelte ihm zu.

»Oder Touristen«, sagte Binder. »Reiche Touristen!«

Er trank sein Glas aus und bestellte ein neues. »Nehmen Sie auch noch eins?« fragte er Kern.

»Später.«

»Nehmen Sie noch eins. Man kommt schneller in Stimmung. Bitte tun Sie es.«

»Gut.«

Sie saßen an ihrem Tisch und sahen den Tanzenden zu. Es war eine Menge junger Leute da, die auch nicht älter waren als sie… aber trotzdem wirkten sie auf eine sonderbare Art wie drei verirrte Kinder, die mit großen Augen dasaßen und nicht dazugehörten. Es war nicht ihre Heimatlosigkeit allein, die wie ein grauer Ring um sie lag – es war auch die Freudlosigkeit einer Jugend, die ohne viel Hoffnung und Zukunft war. Was ist das nur mit uns? dachte Kern, wir wollten doch froh sein! Ich habe doch alles, was ich nur haben kann, und fast noch mehr, was ist das nur?

»Gefällt es dir?« fragte Ruth.

»Ja, sehr«, erwiderte sie.

Das Lokal verdunkelte sich, ein bunter Scheinwerfer huschte über die Tanzfläche, und eine hübsche schlanke Tänzerin wirbelte über das Parkett.

»Wunderbar, was?« fragte Binder und klatschte.

»Hervorragend!« Kern klatschte mit.

»Die Musik ist großartig, nicht wahr?«

»Erstklassig!«

Sie saßen da und waren sehr bereit, alles herrlich zu finden und leicht und fröhlich zu sein; aber es war etwas wie Staub und Asche in allem, und sie wußten nicht, woher es kam.

»Warum tanzen Sie nicht einmal zusammen?« fragte Binder.

»Wollen wir?« Kern stand auf.

»Ich glaube nicht, daß ich es kann«, sagte Ruth.

»Ich kann es auch nicht. Das macht es einfacher.«

Ruth zögerte einen Augenblick; dann ging sie mit Kern zur Tanzfläche. Die bunten Scheinwerfer glitten über die Tanzenden. »Da kommt gerade violettes Licht«, sagte Kern. »Eine gute Gelegenheit, unterzutauchen!«

Sie tanzten vorsichtig und etwas scheu miteinander. Allmählich wurden sie sicherer, besonders als sie merkten, daß niemand sie beobachtete. »Wie schön das ist, mit dir zu tanzen«, sagte Kern. »Es gibt immer neue schöne Dinge mit dir. Nicht allein, daß du da bist… alles rundherum wird auch anders und schön.«

Sie rückte ihre Hand näher an seine Schulter und lehnte sich an ihn. Langsam glitten sie in den Rhythmus der Musik. Die Scheinwerfer spielten wie farbiges Wasser über sie hin, und einen Augenblick vergaßen sie alles andere – sie waren nur noch weiches, junges Leben, das zueinanderstrebte und gelöst war von den Schatten der Angst, des Versteckens und des Mißtrauens.

Die Musik brach ab. Sie gingen zu ihrem Tisch zurück. Kern sah Ruth an. Ihre Augen glänzten, und ihr Gesicht war bewegt. Es hatte plötzlich einen strahlenden, selbstvergessenen und fast kühnen Ausdruck. Verdammt, dachte er, leben zu können, wie man wollte… und war eine Sekunde furchtbar erbittert.

»Sehen Sie mal, wer da kommt!« sagte Binder.

Kern blickte auf. Der Kommerzienrat Arnold Oppenheim durchquerte den Raum und ging dem Ausgang zu. Neben ihrem Tisch stutzte er und blieb stehen. Eine Weile starrte er die drei an. »Ganz interessant!« knurrte er dann. »Äußerst lehrreich!«

Niemand antwortete. »Das hat man also für seine Güte und Unterstützung!« fuhr Oppenheim empört fort. »In Bars wird das Geld sofort wieder verjubelt!«

Перейти на страницу:

Похожие книги

Отверженные
Отверженные

Великий французский писатель Виктор Гюго — один из самых ярких представителей прогрессивно-романтической литературы XIX века. Вот уже более ста лет во всем мире зачитываются его блестящими романами, со сцен театров не сходят его драмы. В данном томе представлен один из лучших романов Гюго — «Отверженные». Это громадная эпопея, представляющая целую энциклопедию французской жизни начала XIX века. Сюжет романа чрезвычайно увлекателен, судьбы его героев удивительно связаны между собой неожиданными и таинственными узами. Его основная идея — это путь от зла к добру, моральное совершенствование как средство преобразования жизни.Перевод под редакцией Анатолия Корнелиевича Виноградова (1931).

Виктор Гюго , Вячеслав Александрович Егоров , Джордж Оливер Смит , Лаванда Риз , Марина Колесова , Оксана Сергеевна Головина

Проза / Классическая проза / Классическая проза ХIX века / Историческая литература / Образование и наука