N a d j a: Ja. Etwas tun, was man nicht gern tut, gegen den eigenen Willen. Süße Äpfel hat jeder gern, saure aber niemand. In grüne, unreife, saure Äpfel will niemand hineinbeißen. — Übrigens sehe ich gerade, daß Sie auch Kirschen hier haben, liebe Herta. Darf ich mir nehmen? Und darf ich den anderen anbieten? Nur Ihnen biete ich keine an, Herr Bruck, denn mit Ihnen ist nicht gut Kirschen essen 1.
K u r t: Oho, den Ausdruck kennen Sie auch? Aber warum ist mit mir nicht gut Kirschen essen? Ich habe doch einen ganz friedlichen Charakter?
N a d j a: Vielleicht für andere. Aber ich muß immer auf der Hut sein 2, damit ich keine Fehler mache, sonst spotten Sie. Na, warten Sie, wenn wir uns einmal wiedersehen, werden Sie anderer Meinung sein. Hier heißt es «abwarten und Tee trinken 3». Die deutsche Sprache ist zwar für mich eine harte Nuß, aber ich werde diese Nuß schon knacken 4! Aber zurück zu den Kirschen! Warum sagt man eigentlich so: mit ihm ist nicht gut Kirschen essen?
K u r t: In einer alten Chronik steht geschrieben: «Wer mit großen Herren Kirschen ißt, dem werfen sie die Steine ins Gesicht.»
K o r n e j e w: Ja, die großen Herren waren zu allen Zeiten Feinde des Volkes.
9) Kann Kurt wie Milch und Blut aussehen 5?
A u t o r: Es ist spät geworden. Höchste Zeit, daß wir uns verabschieden.
N a d j a: Bitte, noch einen Augenblick! Wir haben ja das Wichtigste vergessen: die Milch! Wer weiß etwas mit «Milch»?
K u r t: Das ist nicht schwer. Sie sehen aus wie Milch und Blut, Nadja.
1
mit ihm (ihr) ist nicht gut Kirschen essen — с ним (с ней) опасно иметь дело; ему (ей) пальца в рот не клади2
auf der Hut sein — быть начеку, настороже3
Abwarten und Tee trinken! — Поживём, увидим!4
eine harte Nuß knacken — раскусить твёрдый орех; решить трудную задачу5
wie Milch und Blut aussehen — иметь цветущий вид; кровь с молокомN a d j a: Heißt das, ich habe ein blühendes Aussehen? Das kann man von Ihnen auch sagen, Herr Bruck. Sie sehen auch aus wie Milch und Blut.
K u r t: Jetzt haben Sie aber einen Bock geschossen 1, Nadja. Zu mir paßt das nicht. Dieser Vergleich wird fast nur auf junge Mädchen und Frauen oder auf Kinder angewendet. Also nochmals — Vorsicht mit den Redewendungen! Sie, Nadja, haben diese Vorsicht nötig wie das liebe Brot 2.
1
einen Bock schießen — дать маху2
etwas nötig haben wie das liebe Brot — нуждаться в чём-либо как в хлебе насущномFünfter Tag
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Man muß der Wahrheit die Ehre geben 1: alles, was Nadja macht, macht sie gut und gründlich und tüchtig. Das gilt auch für 2 die tägliche Morgengymnastik. Jeden Morgen springt sie aus dem Bett, schaltet das Radio ein, öffnet das Fenster und macht mit großer Energie Turnübungen. Dann nimmt sie eine kalte Dusche und fühlt sich frisch und wohl für den ganzen Tag.
So auch heute. Es ist ein Sonntagmorgen. Nadja kommt ins Hotel Berlin und trifft ihre Freunde beim Frühstück an. Man bespricht den Plan des Tages. Nadjas Vorschlag, ins Hippodrom zu gehen, wo die Pferderennen stattfinden, wird freudig begrüßt.
1. Episode: DAS HÄLT KEIN PFERD AUS! 3
Auf dem Hippodrom beim Pferderennen. Kurt filmt. Herta hat auf das Pferd «Orlik» gesetzt und Nadja auf «Bujan». Beide hoffen auf Gewinn 4 und sind ganz und gar bei der Sache 5. Aber manchmal wird dabei geplaudert. Worüber?
H e r t a: Was meinen Sie, Nadja? Haben Sie auf das richtige Pferd gesetzt 6?
1
der Wahrheit die Ehre geben — воздать должное истине2
Das gilt auch für ... — Это относится также к...3
Das hält kein Pferd aus! — Это чересчур! Этого никто не вынесет!4
auf Gewinn hoffen — надеяться выиграть5
bei der Sache sein — быть внимательным; увлекаться тем, что происходит6
auf das richtige Pferd setzen — сделать верную ставкуN a d j a: Ohne Frage. Ich setze immer auf das richtige Pferd. Nicht nur im Hippodrom. Auch im Leben.
H e r t a: Lieben Sie Pferde?
N a d j a: Aber natürlich! Das sind doch so schöne Tiere! Und vor allem: mit dem Wort «Pferd» gibt es so viele interessante Redewendungen! Wenn z. B. einer sehr hochmütig ist und stolz auf andere herabschaut, sagt man «er sitzt auf hohem Pferd 1» oder «er setzt sich aufs hohe Roß». Und wenn einer seine Arbeit nicht richtig anfängt, wenn er mit dem beginnt, was man zuletzt tun muß, sagt man «man darf das Pferd nicht beim Schwanze aufzäumen 2» oder «man darf die Pferde nicht hinter den Wagen spannen 3».
H e r t a: Und wenn einer hart arbeitet, sagt man «er arbeitet wie ein Pferd 4».
N a d j a: Das kannte ich nicht. Wie interessant! Im Deutschen «vie ein Pferd», und im Russischen «wie ein Ochse» — как вол.
H e r t a: Schauen Sie — mein armer «Orlik», er bleibt zurück. Nadja, ich habe aufs falsche Pferd gesetzt 5. O weh!