»Ich weiß es nicht genau, Sassenach – oder besser, ich weiß es zwar, aber ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll.« Er sah müde aus, doch seine Augen blieben geöffnet. Sie verharrten auf meinem Gesicht, leuchtend blau im Morgenlicht, mit einem beinahe neugierigen Ausdruck, als hätte er mich noch nie gesehen.
»Du bist so schön«, sagte er leise. »So wunderschön,
Meine Hände waren voller verblassender, blauer Flecken und übersehener Büffelblutspritzer; ich konnte spüren, wie mir das Haar in ungewaschenen Knoten am Hals klebte, und ich konnte alles Mögliche an meinem Körper riechen, vom abgestandenen Uringeruch der Kleiderfarbe bis hin zu Angstschweiß. Und doch ließ das, was er vor sich sah, sein Gesicht aufleuchten, als blickte er in einer Sommernacht zum Vollmond auf, der klar und schön am Himmel stand.
Seine Augen hielten die meinen fest, als er jetzt konzentriert zu reden begann, und dann bewegten sie sich sacht, als zeichneten sie meine Gesichtszüge nach.
»Als Arch und Roger Mac mich nach oben gebracht haben, ging es mir wirklich erbärmlich«, sagte er. »Mir war übel, und mein Bein und mein Kopf haben mit jedem Herzschlag pulsiert, so heftig, dass ich angefangen habe, mich vor dem nächsten zu fürchten. Also habe ich auf die Zwischenräume gelauscht. Man würde es nicht denken«, sagte er und klang vage überrascht, »aber zwischen zwei Herzschlägen vergeht eine Menge Zeit.«
Er hatte, so sagte er, zu hoffen begonnen, dass der nächste Schlag nicht kommen würde. Dann hatte er allmählich realisiert, dass sein Herz sich in der Tat verlangsamte – und dass der Schmerz in die Ferne zurückwich, sich von ihm absonderte.
Seine Haut hatte sich abgekühlt, das Fieber war aus Körper und Geist gewichen und hatte Letzteren merkwürdig klar zurückgelassen.
»Und jetzt kommt die Stelle, die ich eigentlich nicht beschreiben kann, Sassenach.« Seine Erzählung nahm ihn so mit, dass er mir sein Handgelenk entzog und seine Finger um die meinen schloss. »Aber ich … habe etwas gesehen.«
»Was denn?« Und doch wusste ich schon, dass er es mir nicht sagen konnte. Wie jeder Arzt, hatte auch ich schon mit angesehen, wie sich Kranke zum Sterben entschlossen – und ich kannte diesen Ausdruck, den sie manchmal trugen, die Augen auf
Er zögerte und rang um Worte. Mir fiel etwas ein, und ich griff ihm hilfreich unter die Arme.
»Ich habe einmal eine ältere Frau gekannt«, sagte ich. »Sie ist in dem Krankenhaus gestorben, in dem ich gearbeitet habe – all ihre erwachsenen Kinder waren bei ihr, es war sehr friedvoll.« Ich senkte meinen Blick und heftete ihn auf seine Finger, die noch rot und leicht geschwollen waren, verflochten mit den meinen, die fleckig und blutig waren.
»Sie ist gestorben – sie war
Er nickte sprachlos, und seine Hand schloss sich fester um die meine.
»So ähnlich«, flüsterte er.
Er hatte sich in einem seltsamen Schwebezustand befunden, an einem Ort, den er unmöglich beschreiben konnte. Er hatte sich vollkommen friedvoll gefühlt – und sehr klarsichtig.
»Es war, als hätte ich eine – eigentlich war es keine Tür, aber auf jeden Fall ein Durchgang – vor mir. Und ich konnte hindurchgehen, wenn ich wollte. Und ich wollte es«, sagte er mit einem Seitenblick auf mich und einem schüchternen Lächeln.
Ihm war auch bewusst gewesen, was sich hinter ihm befand, und dann war ihm klar geworden, dass er jetzt in dieser Sekunde die Wahl hatte. Weiterzugehen – oder umzukehren.
»War das der Moment, in dem du mich gebeten hast, dich zu berühren?«
»Ich wusste, dass du das Einzige warst, was mich zurückholen konnte«, sagte er schlicht. »Ich selbst hatte nicht die Kraft dazu.«
Ich hatte einen großen Kloß im Hals; ich konnte nichts sagen, drückte ihm aber fest die Hand.
»Warum?«, fragte ich schließlich. »Warum hast du … dich entschlossen zu bleiben?« Meine Kehle war immer noch zugeschnürt und meine Stimme heiser. Er hörte es und schloss seine Hand fester um die meine; ein Schatten seines normalen, festen Griffes, und doch lag die Erinnerung an seine Kraft darin.
»Weil du mich brauchst«, sagte er ganz leise.
»Nicht, weil du mich liebst?«
Da blickte er auf und lächelte schwach.
»Sassenach … ich liebe dich und werde dich immer lieben. Ob ich tot bin – oder du –, ob wir zusammen sind oder getrennt. Du weißt, dass es so ist«, sagte er leise und berührte mein Gesicht. »Ich weiß, dass es bei dir so ist, und du weißt genauso, dass es bei mir so ist.«