Ich hätte ewig so weitermachen können und hatte das Gefühl, dass es vielleicht sogar so war. Ich hatte keinerlei Zeitgefühl und spürte nur einen verträumten Frieden und jenen langsamen, beständigen Rhythmus, in dem wir uns gemeinsam in der Dunkelheit bewegten. Irgendwo, irgendwann spürte ich ein Pulsieren, erst in der einen Hand, dann in beiden. Es verschmolz mit dem Rhythmus seines Herzens.
Er seufzte lange und tief, und ich spürte, wie auch aus meinen Lungen die Luft entwich. Wir lagen schweigend da und sanken gemeinsam sanft in die Bewusstlosigkeit.
Ich erwachte mit einem Gefühl absoluten Friedens. Ich lag still, ohne an irgendetwas zu denken, lauschte dem Rauschen des Blutes in meinen Adern, und sah dem Treiben der Staubpartikel zu, die von der Sonne erleuchtet in dem Lichtstrahl schwebten, der durch die halb geöffneten Fensterläden fiel. Dann fiel mir alles wieder ein, und ich warf mich im Bett herum und starrte neben mich.
Er hatte die Augen geschlossen, und seine Haut hatte die Farbe antiken Elfenbeins. Sein Kopf lag leicht von mir abgewandt, so dass die Sehnen in seinem Hals vorstanden, doch ich konnte keinerlei Pulsation in seinem Hals sehen. Er war noch warm, oder zumindest war es die Bettwäsche. Ich sog hektisch die Luft ein. Der Raum roch nach Zwiebeln, Honig und Fieberschweiß, stank aber nicht nach plötzlichem Tod.
Ich klatschte ihm mit der Hand auf die Mitte seiner Brust, und er fuhr erschrocken zusammen und öffnete die Augen.
»Du
Seine Brust hob und senkte, hob und senkte sich unter meiner Hand, und mein Herz erschauerte ebenfalls zuckend, als sei ich in letzter Sekunde von einem unerwarteten Abgrund zurückgerissen worden.
Er sah mich blinzelnd an. Seine Augenlider waren schwer, die Augen nach wie vor vom Fieber umwölkt.
»Das war nicht besonders schwer, Sassenach«, sagte er, und seine Stimme war leise und heiser vom Schlaf. »Nicht zu sterben war viel schwieriger.«
Er versuchte gar nicht erst, so zu tun, als verstünde er mich nicht. Bei Tageslicht sah ich genau, was meine Erschöpfung und die Nachwirkungen meines Schocks mich am Abend zuvor nicht hatten sehen lassen. Sein Beharren auf seinem eigenen Bett. Die offenen Fensterläden, so dass er die Stimmen seiner Familie unten im Haus, die seiner Pächter im Freien hören konnte. Und ich an seiner Seite. Sorgfältig und ohne mir ein Wort zu sagen, hatte er entschieden, wie und wo er sterben wollte.
»Als wir dich nach hier oben gebracht haben, dachtest du, du würdest sterben, nicht wahr?«, fragte ich. Meine Stimme klang eher verwirrt als anklagend.
Es dauerte einen Moment, bis er antwortete, obwohl er nicht so aussah, als zögerte er. Es war eher so, als suchte er nach den richtigen Worten.
»Nun, ich war mir nicht sicher, nein«, sagte er schleppend. »Obwohl ich mich ziemlich elend gefühlt habe.« Seine Augen schlossen sich langsam, als sei er zu müde, um sie offen zu halten. »Und daran hat sich nichts geändert«, fügte er in leicht abwesendem Ton hinzu. »Aber du brauchst dich nicht zu sorgen – ich habe meine Wahl getroffen.«
»Was in aller Welt meinst du denn damit?«
Ich tastete mich unter der Bettdecke vor, bis ich sein Handgelenk fand. Er
Er holte ein paar Mal tief Luft, dann drehte er den Kopf und öffnete die Augen, um mich anzusehen.
»Ich meine, ich hätte letzte Nacht sterben können.«
Das hätte er in der Tat – und doch war es nicht das, was er meinte. So, wie er es sagte, klang es wie eine bewusste …
»Wie meinst du das, du hast deine Wahl getroffen? Hast du dich entschieden, doch nicht zu sterben?« Ich versuchte, einen unbeschwerten Tonfall einzuschlagen, doch es gelang mir nicht besonders gut. Ich erinnerte mich viel zu gut an jenes seltsame Gefühl zeitloser Stille, das uns umgeben hatte.
»Es war sehr seltsam«, sagte er. »Und doch war es ganz und gar nicht seltsam.« Er klang vage überrascht.
»Ich glaube«, sagte ich vorsichtig, ohne meinen Daumen von seinem Puls zu nehmen, »du erzählst mir besser, was geschehen ist.«
Bei diesen Worten lächelte er tatsächlich, wenn auch mehr mit den Augen als mit den Lippen. Letztere waren trocken und in den Mundwinkeln schmerzhaft aufgesprungen. Ich berührte seine Lippen mit dem Finger und hätte ihm gern eine lindernde Salbe geholt, etwas Wasser oder Tee – doch ich verdrängte den Impuls und zwang mich, an seiner Seite zu bleiben und ihm zuzuhören.