»Oh«, sagte Ronnie, und seine säuerliche Miene erhellte sich ein wenig. »Aye. Aye, Gavin war ein guter Kerl. Eine echte Schande.« Er schüttelte den Kopf – er spielte wohl auf Gavins Tod vor ein paar Jahren an. Er spitzte die Lippen und sah zu Jamie auf. »Weiß sein Sohn, was geschehen ist?«
Das war eine heikle Frage. Gavin war nämlich in Charleston wegen Diebstahls gehängt worden – ein schändlicher Tod, ganz gleich, wie man ihn betrachtete.
»Aye«, sagte Jamie leise. »Ich musste es ihm sagen. Aber ich glaube, es wird ihm helfen, wenn du ihm ein wenig von früher erzählen kannst – erzähl ihm, wie es uns ergangen ist, damals in Ardsmuir.« Etwas wie ein Lächeln erschien in seinem Gesicht, als er Ronnie anblickte, und ich sah, wie auch Sinclairs Gesichtszüge als Antwort sanfter wurden.
Jamies Hand drückte Ronnies Schulter, dann ließ er sie sinken, und sie setzten sich Seite an Seite bergauf in Bewegung. Vergessen waren die subtilen Regeln der Grillkunst.
Nebel erhob sich jetzt aus den Mulden des Berges; innerhalb von Sekunden waren die Männer nicht mehr zu sehen. Aus dem diesigen Wald über mir schwebte der Klang schottischer Männerstimmen zur Barbecuegrube herunter, die in freundschaftlichem Unisono sangen:
Bei meiner Rückkehr zum Lager sah ich, dass Roger von seinen Erledigungen zurückgekehrt war. Er stand am Feuer und unterhielt sich mit Brianna. Sein Gesicht war sorgenvoll.
»Mach dir keine Gedanken«, sagte ich zu ihm und langte an seiner Hüfte vorbei, um den surrenden Teekessel an mich zu nehmen. »Jamie wird es bestimmt irgendwie regeln. Er ist gerade unterwegs, um sich darum zu kümmern.«
»Wirklich?« Er machte ein etwas erschrockenes Gesicht. »Dann weiß er es schon?«
»Ja, ich denke, es kommt schon in Ordnung, sobald er den Sheriff findet.« Ich drehte die angeschlagene Teekanne, die ich unterwegs benutzte, mit einer Hand um, schüttete die alten Teeblätter auf den Boden, stellte sie auf den Tisch und goss ein wenig kochendes Wasser aus dem Kessel hinein, um die Kanne vorzuwärmen. Es war ein langer Tag gewesen, und der Abend würde wahrscheinlich genauso lang werden. Ich freute mich auf eine anständige, belebende Tasse Tee und dazu eine Scheibe des Früchtekuchens, den ich bei der Morgensprechstunde von einer meiner Patientinnen bekommen hatte.
»Den Sheriff?« Roger warf Brianna einen verblüfften Blick zu, unter den sich ein Hauch von Alarmiertheit mischte. »Sie hat mir doch nicht etwa einen Sheriff auf den Hals gehetzt, oder?«
»Dir einen Sheriff auf den Hals gehetzt? Wer denn?«, stimmte ich in den Chor der Verblüfften ein. Ich hängte den Kessel wieder an seinen Dreifuß und griff nach der Teedose. »Was in aller Welt hast du angestellt, Roger?«
Eine schwache Röte erschien auf seinen hohen Wangen, doch bevor er antworten konnte, schnaubte Brianna los.
»Tante Jocasta die Meinung gesagt.« Sie sah Roger an, und ihre Augen verengten sich zu Dreiecken, in denen sich leichte Schadenfreude mit Belustigung mischte, als sie sich die Szene vorstellte. »Mensch, wäre ich gern dabei gewesen.«
»Was hast du denn zu ihr gesagt?«, erkundigte ich mich interessiert.
Die Röte nahm zu, und er wandte den Blick ab.
»Das möchte ich nicht wiederholen«, sagte er knapp. »Es war nicht die Art von Dingen, die man zu einer Frau sagt, geschweige denn einer älteren Dame, erst recht nicht, wenn sie im Begriff ist, zu einer angeheirateten Verwandten zu werden. Ich habe Brianna gerade gefragt, ob ich vielleicht zu Mrs. Cameron gehen und mich vor der Hochzeit noch entschuldigen sollte.«
»Nein«, sagte Brianna prompt. »Die hat vielleicht Nerven! Es war dein gutes Recht zu sagen, was du gesagt hast.«
»Na ja, den Inhalt meiner Worte bedauere ich ja auch nicht«, sagte Roger mit dem Anflug eines trockenen Lächelns zu ihr. »Nur die Form.«
»Verstehst du«, sagte er an mich gewandt, »ich überlege nur, ob ich mich entschuldigen sollte, damit es heute Abend nicht zu peinlich wird – ich möchte Brianna die Hochzeit nicht verderben.«
»Mir? Meinst du, ich heirate alleine?«, fragte sie und sah ihn mit gerunzelten Augenbrauen an.
»Oh, na ja, nein«, sagte er mit einem kleinen Lächeln. Er fasste ihr sanft an die Wange. »Ich werde schon neben dir stehen, keine Frage. Und solange wir am Ende verheiratet sind, ist mir die Zeremonie ziemlich egal. Aber du hättest es doch gern schön, oder? Und es wäre doch ein Dämpfer, wenn deine Tante mir eins mit einem Holzscheit über den Schädel brät, bevor ich ›ja‹ sagen kann.«