»Ich habe in Cross Creek von einem Ausbruch der Masern gehört«, merkte Lord John an, als ich Jamie vom Zustand unseres Gastes berichtete. »Ist es wahr, Mrs. Fraser, dass der Wilde von Geburt an weniger gut in der Lage ist, Infektionen zu widerstehen, als es die Europäer sind, während afrikanische Sklaven noch zäher sind als ihre Herren?«
»Kommt auf die Infektion an«, sagte ich, während ich in den Kessel blickte und dem Eintopfgefäß einen vorsichtigen Stoß versetzte. »Die Indianer sind viel resistenter gegen parasitäre Seuchen – zum Beispiel Malaria –, die von hiesigen Organismen verursacht werden, und die Afrikaner kommen besser mit Krankheiten wie dem Denguefieber zurecht – das schließlich mit ihnen aus Afrika gekommen ist. Aber die Indianer besitzen kaum Widerstandskräfte gegen europäische Seuchen wie Blattern und Syphilis, nein.«
Lord John sah ein wenig überrumpelt aus, was mir ein leichtes Gefühl der Genugtuung gab; offensichtlich hatte er die Frage nur aus Höflichkeit gestellt – er hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass ich etwas davon verstand.
»Wie faszinierend«, sagte er dann aber und klang wirklich fasziniert. »Ihr bezieht Euch auf Organismen. Dann seid Ihr also eine Anhängerin von Mister Evan Hunters Theorie der miasmatischen Kreaturen?«
Jetzt war es an mir, überrumpelt zu sein.
»Äh … nicht exakt, nein«, sagte ich und wechselte das Thema.
Wir verbrachten gemeinsam einen ganz angenehmen Abend; Jamie und Lord John tauschten Jagd- und Angelanekdoten aus und kommentierten den erstaunlichen Reichtum dieser Gegend, während ich Strümpfe stopfte.
Willie und Ian spielten eine Partie Schach, welche Letzterer zu seiner sichtlichen Genugtuung gewann. Seine Lordschaft gähnte mit aufgerissenem Mund, den er verspätet zu verdecken versuchte, als er den drohenden Blick seines Vater auffing. Er entspannte sich zu einem schläfrigen Lächeln gesättigter Zufriedenheit; er und Ian hatten nach ihrem reichlichen Abendessen allein einen ganzen Johannisbeerkuchen vernichtet.
Jamie sah es und gab Ian mit hochgezogenen Augenbrauen ein Zeichen. Dieser erhob sich folgsam und zog Seine Lordschaft fort, um mit ihm das Matratzenlager im Kräuterschuppen zu teilen. Zwei weniger, dachte ich, während mein Blick fest entschlossen dem Bett auswich – blieben noch drei.
Schließlich löste sich das knifflige Problem des Zubettgehens dadurch, dass ich mich in Anstand – oder zumindest in ein Nachthemd – gehüllt zurückzog, während Jamie und Lord John das Schachbrett übernahmen und beim Schein des Feuers den letzten Brandy tranken.
Lord John war ein viel besserer Schachspieler als ich – das schloss ich zumindest aus der Tatsache, dass sie eine gute Stunde für die Partie brauchten. Jamie konnte mich normalerweise in zwanzig Minuten schlagen. Das Spiel verlief größtenteils schweigend, wenn auch mit kurzen Anflügen einer Konversation.
Schließlich führte Lord John einen Zug aus, lehnte sich zurück und streckte sich, als sei er zu einem Entschluss gekommen.
»Ich nehme an, hier in der Abgelegenheit der Berge kommen kaum Störungen politischer Art vor?«, fragte er beiläufig. Er blinzelte abschätzend auf das Schachbrett.
»Ich beneide dich wirklich, Jamie, so weit weg von den belanglosen Problemen, die die Kaufleute und den Landadel im Tiefland beschäftigen. Wenn dein Leben auch seine Härten hat – was zweifellos der Fall sein muss –, so hast du doch den nicht unbeträchtlichen Trost, dass du weißt, dass deine Anstrengungen bedeutsam und heldenhaft sind.«
Jamie schnaubte kurz.
»Oh, aye. Überaus heldenhaft, ganz bestimmt. Im Augenblick drehen sich wohl meine heldenhaftesten Anstrengungen um das Schwein in meiner Vorratskammer.« Er wies kopfnickend auf das Schachbrett, eine Augenbraue hochgezogen. »Du willst diesen Zug wirklich machen?«
Grey kniff die Augen zusammen und sah Jamie an, dann blickte er nach unten und studierte das Schachbrett mit gespitzten Lippen.
»Ja, das will ich«, antwortete er bestimmt.
»Verdammt«, sagte Jamie, streckte mit einem Grinsen die Hand aus und stieß resignierend seinen König um.
Grey lachte und griff nach der Brandyflasche.
»Verdammt!«, sagte er jetzt, denn er stellte fest, dass sie leer war. Jamie lachte, stand auf und ging zum Küchenschrank.
»Versuch mal ein bisschen hiervon«, sagte er, und ich hörte, wie eine Flüssigkeit unter musikalischem Gluckern in einen Becher lief.
Grey hob den Becher an seine Nase, atmete ein und nieste herzhaft, wobei er Tröpfchen über den ganzen Tisch versprühte.
»Das ist doch kein Wein, John«, beobachtete Jamie nachsichtig. »Du sollst es trinken, aye? Nicht das Bouquet genießen.«
»Das habe ich gemerkt. Himmel, was ist das?« Grey roch erneut daran, diesmal vorsichtiger, und wagte einen Probeschluck. Er blieb ihm im Hals stecken, doch er schluckte ihn langsam herunter.
»Himmel«, sagte er noch einmal. Seine Stimme war heiser. Er hustete, räusperte sich und stellte den Becher vorsichtig auf den Tisch, wobei er ihn betrachtete, als könnte er explodieren.