Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

John war der einzige andere Mensch, der neben Claire die ganze Wahrheit über Willies Abstammung kannte. Es war möglich, dass Willies Großmutter die Wahrheit zumindest vermutete, doch sie würde niemals, unter keinen Umständen zugeben, dass ihr Enkel womöglich der uneheliche Sohn eines jakobitischen Verräters und nicht der legitime Nachkomme des Grafen war.

Er bat in einem kurzen Gebet zu St. Bride um das Wohlergehen John Greys und versuchte, die nagende Sorge zu verdrängen. Trotz seiner Befürchtungen begann er, die Reise zu genießen. Der Regen hatte bis auf gelegentliche Spritzer nachgelassen, und der Wald duftete nach feuchten, frischen Blättern und fruchtbarem, dunklem Laubkompost.

»Seht Ihr die Kratzer, die da an dem Baumstamm herunterlaufen?« Er wies mit dem Kinn auf einen hohen Hickorybaum, dessen Rinde in Fetzen herabhing und knapp zwei Meter über dem Boden eine Anzahl langer, parallel verlaufender, weißer Risse aufwies.

»Ja.« Willie zog seinen Hut aus und klatschte sich damit gegen den Oberschenkel, um das Wasser auszuschlagen. Dann beugte er sich vor, um näher hinzusehen. »Ist das ein Tier gewesen?«

»Ein Bär«, sagte Jamie. »Ganz frisch – seht Ihr, das Harz in den Rissen ist noch nicht trocken.«

»Ist er noch in der Nähe?« Willie sah sich um, offenbar eher neugierig als alarmiert.

»Nicht unmittelbar«, sagte Jamie, »oder die Pferde würden nervös werden. Aber auch nicht weit weg, aye. Haltet die Augen offen; bestimmt sehen wir seinen Dung oder seine Spuren.«

Nein, wenn John starb, dann würde seine zarte Verbindung zu Willie abreißen. Er hatte sich seit langem mit der Situation abgefunden und ihre Notwendigkeit klaglos akzeptiert – doch es würde ein herber Verlust für ihn sein, wenn ihm die Masern nicht nur seinen besten Freund, sondern auch jegliche Verbindung mit seinem Sohn raubten.

Der Regen hatte aufgehört. Als sie um die Flanke eines Berges bogen und oberhalb eines Tales herauskamen, machte Willie einen leisen Ausruf überraschter Freude und richtete sich im Sattel auf. Vor dem Hintergrund regenschwarzer Wolken wölbte sich in der Ferne ein Regenbogen vom Abhang eines Berges und fiel in einem perfekten Leuchten auf den Boden des Tales unter ihnen.

»Oh, wie wunderbar!«, sagte Willie. Er wandte sich mit einem breiten Lächeln an Jamie, und ihre Differenzen waren vergessen. »Habt Ihr so etwas schon einmal gesehen, Sir?«

»Noch nie«, sagte Jamie und erwiderte das Lächeln. Mit einem kleinen Schreck wurde ihm klar, dass diese wenigen Tage in der Wildnis möglicherweise das Letzte waren, das er jemals von Willie sah oder hörte. Er hoffte, den Jungen nicht mehr schlagen zu müssen.

Im Wald war sein Schlaf immer leicht, und das Geräusch weckte ihn sofort. Einen Augenblick lang lag er völlig still, nicht ganz sicher, was es war. Dann hörte er das leise, gedämpfte Geräusch und erkannte den Klang erstickten Weinens.

Er unterdrückte sein spontanes Bedürfnis, sich umzudrehen und dem Jungen tröstend die Hand aufzulegen. Willie gab sich größte Mühe, nicht gehört zu werden; er verdiente es, dass man ihm seinen Stolz ließ. Er lag still, hob den Blick zum weiten Nachthimmel über ihm und lauschte.

Es war keine Angst; Willie hatte keine Angst davor gezeigt, im dunklen Wald zu schlafen, und wäre ein großes Tier in der Nähe gewesen, so hätte der Junge etwas gesagt. Ging es ihm nicht gut? Die Geräusche waren kaum mehr als etwas lauteres Atmen, das ihm in der Kehle stecken blieb – vielleicht hatte der Junge Schmerzen und war zu stolz, es zu sagen. Es war Furcht, die ihn zum Sprechen trieb; wenn die Masern sie eingeholt hatten, durfte er keine Zeit verlieren; er musste den Jungen sofort zu Claire zurückbringen.

»Milord?«, sagte er leise.

Das Schluchzen verstummte abrupt. Er hörte ein Schlucken und das Rascheln von Stoff auf Haut, als sich der Junge mit dem Ärmel über das Gesicht wischte.

»Ja?«, sagte der Graf, dessen tapferes Bemühen um Kühle nur durch seine belegte Stimme vereitelt wurde.

»Geht es Euch nicht gut, Milord?« Er konnte bereits erkennen, dass es etwas anderes war, aber es war ein guter Vorwand. »Habt Ihr vielleicht einen Krampf? Getrocknete Äpfel können einen Mann unglücklich erwischen.«

Auf der anderen Seite des Feuers war zu hören, wie jemand tief Luft holte und dann schniefte, während er versuchte, sich unauffällig seine laufende Nase zu putzen. Das Feuer war bis auf die Glut heruntergebrannt; dennoch konnte Jamie die dunkle Gestalt sehen, die sich zum Sitzen hochwand und dann auf der anderen Seite des Feuers hockte.

»Ich – äh – ja, ich glaube, so etwas … könnte es sein.«

Jamie setzte sich ebenfalls hin, und das Plaid glitt ihm von der Schulter.

»Es ist nichts Schlimmes«, sagte er tröstend. »Ich habe einen Trank, der alle möglichen Arten von Magenbeschwerden heilt. Keine Sorge, Milord; ich hole Wasser.«

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