Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Er stand auf und entfernte sich, wobei er darauf bedacht war, den Jungen nicht anzusehen. Als er mit dem gefüllten Kessel vom Bach zurückkam, hatte sich Willie die Nase geputzt und sich das Gesicht abgewischt. Er hatte im Sitzen die Knie angewinkelt und den Kopf daraufgelegt.

Er konnte nicht anders, als im Vorübergehen den Kopf des Jungen zu berühren. Zum Teufel mit der Zurückhaltung. Das dunkle Haar fühlte sich weich an, warm und etwas verschwitzt.

»Ein Grimmen im Bauch, ja?«, sagte er freundlich, während er sich hinkniete und den Wasserkessel aufsetzte.

»Mm-hm.« Willies Stimme wurde von der Decke gedämpft, die über seinen Knien lag.

»Das geht bald vorbei«, sagte er. Er griff nach seinem Sporran und suchte zwischen der Vielzahl der kleinen Gegenstände herum, die dieser enthielt. Schließlich brachte er den kleinen Stoffbeutel mit der Mischung getrockneter Blätter und Blüten zum Vorschein, die Claire ihm mitgegeben hatte. Ihm war nicht klar, woher sie gewusst hatte, dass er den Tee brauchen würde, doch er stellte schon lange nichts mehr in Frage, was sie als Heilerin tat – ob für den Körper oder für die Seele.

Einen Augenblick lang war er ihr zutiefst dankbar. Es war ihm nicht entgangen, wie sie den Jungen ansah, und er ahnte, was sie fühlen musste. Sie hatte natürlich von dem Jungen gewusst, aber keine Frau sollte es ertragen müssen, den Fleisch und Blut gewordenen Beweis dafür zu sehen, dass ihr Mann das Bett einer anderen geteilt hatte. Kein Wunder, dass sie John am liebsten mit heißen Nadeln gestochen hätte, hatte er ihr den Jungen doch einfach so vor die Nase gesetzt.

»Es dauert nur einen Moment, bis er durchgezogen ist«, versicherte er dem Jungen, während er die duftende Mischung zwischen seinen Fingern in einen Holzbecher zerrieb, wie er es bei Claire gesehen hatte.

Sie hatte ihm keine Vorwürfe gemacht. Zumindest nicht in diesem Fall, dachte er und erinnerte sich plötzlich, wie sie sich aufgeführt hatte, als sie von Laoghaire erfahren hatte. Da hatte sie sich wie eine Besessene auf ihn gestürzt, und doch, als sie später von Geneva Dunsany gehört hatte … vielleicht lag es nur daran, dass die Mutter des Jungen tot war?

Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie ein Schwerthieb. Die Mutter des Jungen war tot. Nicht nur seine wirkliche Mutter, die am Tag seiner Geburt gestorben war – sondern auch die Frau, die er sein Leben lang Mutter gerufen hatte. Und jetzt lag sein Vater – oder zumindest der Mann, den er Vater nannte, dachte Jamie mit einem unbewussten Zucken seines Mundes – mit einer Krankheit darnieder, die nur wenige Tage zuvor einen anderen Mann vor den Augen des Jungen das Leben gekostet hatte.

Nein, es war nicht Angst, die den Jungen in der Dunkelheit vor sich hinweinen ließ. Es war Schmerz, und Jamie Fraser, der selbst als Kind seine Mutter verloren hatte, hätte das von Anfang an wissen sollen.

Nicht aus Sturheit, nicht einmal aus Loyalität hatte Willie darauf bestanden, in Fraser’s Ridge zu bleiben. Er hatte es aus Liebe zu John Grey getan und aus Angst davor, ihn zu verlieren. Und genau diese Liebe war es, die den Jungen in der Nacht zum Weinen brachte, verzweifelt vor Sorge um seinen Vater.

Ungewohnte Eifersucht sprang wie Unkraut in Jamies Herzen auf, beißend wie Brennnesseln. Er zertrat sie entschlossen; was für ein Glück, dass er sicher sein konnte, dass sein Sohn eine liebevolle Beziehung zu seinem Stiefvater hatte. So, das Unkraut war zertreten. Doch die Fußtritte schienen eine kleine, wunde Stelle in seinem Herzen hinterlassen zu haben; er konnte sie beim Atmen spüren.

Das Wasser begann, im Kessel zu rumoren. Er goss es vorsichtig über die Kräutermischung, und mit dem Dampf stieg ein süßer Duft auf. Baldrian, hatte sie gesagt, und Katzenminze. Die Wurzel einer Passionsblume, in Honig getränkt und fein gemahlen. Und schließlich der süße, etwas erdige Geruch des Lavendels.

»Trink ihn nicht selbst«, hatte sie beiläufig gesagt, als sie ihm den Tee gab. »Er enthält Lavendel.«

Eigentlich hatte er damit keine Probleme, wenn er gewarnt war. Nur, wenn ihn dann und wann ein unerwarteter Lavendelhauch traf, dann fuhr ihm eine Welle der Übelkeit durch den Unterleib. Claire hatte diese Wirkung zu oft an ihm erlebt, um sich dessen nicht bewusst zu sein.

»Hier.« Er beugte sich vor, gab dem Jungen den Becher und fragte sich, ob auch ihn der Duft des Lavendels von jetzt an für immer beunruhigen würde oder ob er darin eine tröstende Erinnerung finden würde. Das, so glaubte er, konnte sehr wohl davon abhängen, ob John Grey überlebte oder starb.

Durch die Atempause hatte Willie äußerlich seine Fassung wiedergefunden, doch der Schmerz war ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. Jamie lächelte dem Jungen zu und verbarg seine eigene Sorge. So, wie er John und Claire kannte, hatte er weniger Angst als der Junge – doch die Furcht war nach wie vor da, hartnäckig wie ein Dorn in seiner Fußsohle.

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