Es dauerte ewig, die internationale Vermittlung in die Leitung zu bekommen, und dann folgte noch länger andauerndes elektronisches Knacken und Summen, bis er die Verbindung klicken hörte und ein schwaches Klingeln folgte. Einmal klingeln, zweimal, dann ein Klicken, und sein Herz tat einen Sprung. Sie war zu Hause!
Gott, das
Er trommelte unruhig mit den Fingern auf seinen Oberschenkel und kochte vor Wut, während es in der transatlantischen Telefonleitung klickte und summte, während seine Verbindung hergestellt wurde, während er sich mit den endlosen Verzögerungen und Missverständnissen herumschlug, wie sie für Krankenhauszentralen und Sekretärinnen typisch sind. Doch schließlich hörte er eine vertraute Stimme, tief und volltönend.
»Joseph Abernathy?«
»Dr. Abernathy? Hier ist Roger Wakefield. Wissen Sie, wo Brianna ist?«, fragte er ohne Umschweife.
Die tiefe Stimme hob sich leicht vor Überraschung.
»Bei Ihnen. Oder nicht?«
Ein kalter Schauer durchlief Roger, und er umfasste den Hörer fester, als könnte er ihn zwingen, ihm die Antwort zu geben, die er hören wollte.
»Nein«, bemühte er sich zu sagen, so ruhig er konnte. »Sie wollte im Herbst kommen, wenn sie mit ihrem Abschluss fertig ist und eine Tagung in Sri Lanka besucht hat.«
»Nein. Nein, das stimmt nicht. Sie ist Ende April mit ihren Prüfungen fertig geworden – ich habe sie zur Feier des Tages zum Essen eingeladen –, und sie hat gesagt, dass sie sofort nach Schottland wollte, ohne ihre Promovierung abzuwarten. Warten Sie, lassen Sie mich nachdenken … ja, das stimmt; mein Sohn Lenny hat sie zum Flughafen gefahren … wann? Ja, am Dienstag … dem Siebenundzwanzigsten. Wollen Sie damit sagen, dass sie nicht angekommen ist?« Dr. Abernathys aufgeregte Stimme wurde lauter.
»Ich weiß nicht, ob sie hier gelandet ist oder nicht.« Rogers freie Hand war zur Faust geballt. »Sie hat mir nicht gesagt, dass sie kommen wollte.« Er zwang sich, tief durchzuatmen. »Wo ist sie hingeflogen – in welche Stadt, wissen Sie das? London? Edinburgh?« Es
Visionen von Entführungen, Überfällen, IRA-Bombenanschlägen trieben ihm durch den Kopf. Einem Mädchen, das allein in einer Großstadt unterwegs war, konnte alles Mögliche passiert sein – und fast alles, das ihr hätte geschehen können, war besser als das, was seinem Instinkt zufolge wirklich passiert war.
»Inverness«, sagte Dr. Abernathys Stimme in sein Ohr. »Von Boston nach Edinburgh, dann mit dem Zug nach Inverness.«
»Oh, Himmel!« Es war Fluch und Gebet zugleich. Wenn sie dienstags in Boston aufgebrochen war, dann war sie wahrscheinlich im Lauf des Donnerstags in Inverness angekommen. Und Freitag war der dreißigste April – der Vorabend von Beltane, dem alten Feuerfest, an dem im alten Schottland die Feuer der Reinigung und der Fruchtbarkeit auf den Gipfeln gebrannt hatten. An dem – vielleicht – das Tor zum Feenhügel von Craigh na Dun am weitesten offen stand.
Abernathys Stimme krächzte drängend in sein Ohr. Er zwang sich, sich darauf zu konzentrieren.
»Nein«, sagte er unter Schwierigkeiten. »Nein, ist sie nicht. Ich bin immer noch in Oxford. Ich hatte keine Ahnung.«
Der luftleere Raum zwischen ihnen vibrierte, die Stille füllte sich mit Angst. Er musste die Frage stellen. Er holte noch einmal Luft – er schien sich zu jedem Atemzug bewusst aufraffen zu müssen – und nahm den Hörer in die andere Hand. Dann wischte er sich seine verkrampfte, verschwitzte Hand an seinem Hosenbein ab.
»Dr. Abernathy«, sagte er vorsichtig. »Es ist ja möglich, dass Brianna zu ihrer Mutter gegangen ist – zu Claire. Sagen Sie – wissen Sie, wo sie ist?«
Diesmal war die Stille mit Argwohn geladen.
»Äh … nein.« Abernathy sprach langsam und zögerte. »Nein, ich fürchte, das weiß ich nicht. Nicht genau.«
Nicht genau. So konnte man es auch sagen. Roger rieb sich mit der Hand durch das Gesicht und spürte, wie seine Bartstoppeln über seine Handfläche kratzten.
»Dann möchte ich Sie Folgendes fragen«, sagte Roger vorsichtig. »Haben Sie den Namen Jamie Fraser schon einmal gehört?«
Die Leitung in seiner Hand war völlig still. Dann seufzte es tief an seinem Ohr.
»Ach, du dickes Ei«, sagte Dr. Abernathy. »Sie hat’s getan.«
Das hatte Joe Abernathy am Ende ihrer langen Unterhaltung zu ihm gesagt, und die Frage hing ihm nach, während er jetzt nach Norden fuhr und die Straßenschilder kaum bemerkte, die im Regen an ihm vorbeihuschten.