Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

»Ich würde es tun«, hatte Abernathy gesagt. »Wenn Sie Ihren Vater nicht kennen würden, ihm noch nie begegnet wären – und ganz plötzlich herausbekämen, wo er sich befindet? Würden Sie ihn nicht treffen wollen, herausfinden wollen, was für ein Mensch er wirklich ist? Also, ich wäre da doch ziemlich neugierig.«

»Sie verstehen das nicht«, hatte Roger gesagt und sich frustriert mit der Hand über die Stirn gerieben. »Es ist nicht wie bei einer Adoptivtochter, die den Namen ihres wirklichen Vaters herausfindet und dann einfach so vor seiner Haustür aufkreuzt.«

»Kommt mir aber doch genauso vor.« Die tiefe Stimme war kühl. »Brianna war ein Adoptivkind, stimmt’s? Ich glaube, sie wäre schon viel früher gegangen, wenn sie es nicht als unloyal Frank gegenüber empfunden hätte.«

Roger schüttelte den Kopf, ohne darüber nachzudenken, dass Abernathy ihn nicht sehen konnte.

»Es ist nicht so, als ob – es ist die Sache mit dem Aufkreuzen vor der Haustür. Das – der Durchgang – den sie genommen hat – hören Sie, hat Claire Ihnen erzählt …?«

»Ja, das hat sie«, unterbrach Abernathy. Sein Ton war nachdenklich. »Ja, sie hat gesagt, dass das nicht ganz so wäre, wie wenn man durch eine Drehtür geht.«

»Um es harmlos auszudrücken.« Der bloße Gedanke an den Steinkreis von Craigh na Dun verursachte Roger das kalte Grausen.

»Um es harmlos auszudrücken – Sie wissen, wie es sich anfühlt?« Die Stimme aus der Ferne verschärfte sich voll Interesse.

»Ja, verdammt noch mal!« Er holte langsam und tief Luft. »Entschuldigung. Hören Sie, es ist nicht … ich kann es nicht erklären, ich glaube nicht, dass es irgendjemand könnte. Diese Steine … offensichtlich hört sie nicht jeder. Aber Claire konnte es. Brianna kann es, und – und ich kann es. Und für uns …«

Claire war am Tag des alten Feuerfestes Samhain, am ersten November, durch die Steine von Craigh na Dun gegangen, vor zweieinhalb Jahren. Roger zitterte, und zwar nicht vor Kälte. Seine Nackenhaare sträubten sich jedes Mal, wenn er daran dachte.

»Also kann nicht jeder da hindurchgehen – aber Sie können es.« Abernathys Stimme war von Neugier erfüllt – und von etwas, das sich vage wie Neid anhörte.

»Ich weiß es nicht.« Roger fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Seine Augen brannten, als hätte er eine ganze Nacht durchwacht. »Vielleicht.«

»Es ist nur …« Er sprach langsam, versuchte, seine Stimme zu kontrollieren und damit auch seine Furcht. »Es ist nur – selbst wenn sie hindurchgegangen ist, kann niemand sagen, ob oder wo sie wieder herausgekommen ist.«

»Ich verstehe.« Die tiefe, amerikanische Stimme hatte ihre Unbeschwertheit verloren. »Und dann wissen Sie also auch nichts von Claire? Ob sie es geschafft hat?«

Er schüttelte den Kopf – er hatte Abernathy so klar vor Augen, dass er erneut vergaß, dass der Mann ihn nicht sehen konnte. Dr. Abernathy war durchschnittlich groß, ein untersetzter Mann mit Goldbrille, doch mit einer solchen Aura der Autorität, dass man durch seine bloße Präsenz mit Zuversicht erfüllt und zur Ruhe gezwungen wurde. Roger war überrascht, festzustellen, dass sich diese Präsenz auch durch die Telefonleitung übertrug – doch er war mehr als dankbar dafür.

»Nein«, sagte er laut. Fürs Erste wollte er es dabei belassen. Er hatte nicht vor, jetzt alles zu erklären, in einem Telefonat mit einem fast fremden Mann. »Sie ist eine Frau; damals nahm die Öffentlichkeit nicht viel Notiz vom Leben einzelner Frauen – es sei denn, sie stellten etwas Spektakuläres an, zum Beispiel sich als Hexen verbrennen zu lassen oder wegen Mordes gehängt zu werden. Oder ermordet zu werden

»Ha, ha«, sagte Abernathy, doch er lachte nicht. »Aber sie hat es geschafft, mindestens einmal. Sie ist gegangen – und sie ist zurückgekommen.«

»Aye, das ist sie.« Roger hatte versucht, sich selbst mit dieser Tatsache zu trösten, doch zu viele andere Möglichkeiten drängten sich seinem Bewusstsein auf. »Aber wir wissen nicht, ob Brianna genauso weit zurückgegangen ist – oder weiter. Und selbst, wenn sie die Steine überlebt hat und in der richtigen Zeit herausgekommen ist … haben Sie die geringste Ahnung, wie gefährlich das achtzehnte Jahrhundert gewesen ist?«

»Nein«, sagte Abernathy trocken. »Ich habe aber den Eindruck, dass Sie das wissen. Und Claire scheint doch gut dort zurechtgekommen zu sein.«

»Sie hat überlebt«, stimmte Roger zu. »Als Urlaubsort ist es aber kein Erfolgsschlager – ›Mit etwas Glück kommen Sie lebend zurück‹?« Einmal zumindest.

Diesmal lachte Abernathy, allerdings mit einem nervösen Unterton. Dann hustete er und räusperte sich.

»Na ja. Gut. Was zählt, ist – Brianna ist irgendwohin verschwunden. Und ich denke, Sie haben wohl recht, was das Wohin angeht. Ich meine, an ihrer Stelle wäre ich auch gegangen. Sie nicht?«

Sie nicht? Er zog den Wagen nach rechts und überholte einen Laster, der sich mit eingeschalteten Scheinwerfern durch den zunehmenden Nebel kämpfte.

Ich schon, klang Abernathys selbstsichere Stimme in seinem Ohr nach.

Перейти на страницу:

Похожие книги