Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Doch der Kapitän, die Besatzung, die Passagiere, selbst das ach so wichtige Wetter nahmen nur ein Fragment von Rogers Gedanken ein. Seine Gedanken, Tag und Nacht, nass oder trocken, hungrig oder satt, galten Brianna.

Als das Signal zum Abendessen kam, ging er in die Messe hinunter und aß, ohne großartig darauf zu achten, was auf seinem Brettchen lag. Er hatte die zweite Wache; nach dem Essen ging er zu seiner Hängematte und zog es vor, allein zu sein und seine Ruhe zu haben, anstatt auf dem Vordeck Gesellschaft zu suchen.

Natürlich war an Alleinsein nicht zu denken. Während er sanft in seiner Hängematte schaukelte, spürte er jedes Zucken und jede Drehung seines Nebenmannes, spürte die verschwitzte Hitze des schlafenden Körpers neben ihm klamm durch das dichte Baumwollnetz. Jeder Mann nannte einen halben Meter Platz zum Schlafen sein Eigen, und Roger war sich der Tatsache unangenehm bewusst, dass seine Schultern dieses Maß auf jeder Seite um gute fünf Zentimeter überschritten, wenn er auf dem Rücken lag.

Nachdem zwei Nächte lang die Stöße und brummigen Beschimpfungen seiner Schiffskameraden seinen Schlaf gestört hatten, hatte er die Plätze getauscht und war neben dem Schott zu liegen gekommen, wo er nur einem Kameraden Unannehmlichkeiten bereiten konnte. Er lernte es, auf einer Seite zu liegen, das Gesicht ein paar Zentimeter von der hölzernen Trennwand entfernt, mit dem Rücken zu seinen Kameraden, lernte es, sich auf die Geräusche des Schiffes zu konzentrieren und den Lärm der Männer um ihn herum zu ignorieren.

Ein Schiff war eine sehr musikalische Angelegenheit – der Gesang der Taue und Trossen im Wind, das Ächzen der hölzernen Winkel bei jedem Heben und Senken, das leise Klopfen und Murmeln auf der anderen Seite des Schotts in den dunklen Tiefen des Passagierraums im Zwischendeck. Er starrte auf das dunkle Holz, das von den Schatten der Laterne erleuchtet wurde, die über ihm hin- und herschwang, und begann, sich Brianna ins Gedächtnis zu rufen, die Linien ihres Gesichtes, ihres Haars und ihres Körpers, alles wurde in der Dunkelheit lebendig. Zu lebendig.

Er konnte sich ihr Gesicht ohne Probleme vorstellen. Was dahinterlag, war schon schwieriger.

Auch an Ruhe war nicht zu denken. Als sie durch die Steine gegangen war, hatte sie all seinen Seelenfrieden mit sich genommen. Sein Dasein war eine Mischung aus Furcht und Wut, gewürzt mit dem Schmerz des Verrats, als riebe man ihm Pfeffer in seine Wunden. Dieselben Fragen gingen ihm wieder und wieder unbeantwortet durch den Kopf wie eine Schlange, die ihrem eigenen Schwanz hinterherjagt.

Warum war sie gegangen?

Was machte sie nur?

Warum hatte sie ihm nichts gesagt?

Es war sein Bemühen, eine Antwort auf die erste Frage zu finden, das ihn wieder und wieder darüber nachdenken ließ, als würde ihm diese Antwort den Schlüssel zu dem gesamten Rätsel namens Brianna liefern.

Ja, er war einsam gewesen. Wusste verdammt gut, wie es sich anfühlte, wenn man niemanden auf der Welt hatte, der zu einem gehörte oder zu dem man gehörte. Aber das war doch wohl einer der Gründe, warum sie einander die Hände entgegengestreckt hatten – er und Brianna.

Claire wusste es auch, dachte er plötzlich. Sie war verwaist gewesen, hatte ihren Onkel verloren – zu diesem Zeitpunkt war sie natürlich schon verheiratet gewesen. Aber sie war während des Krieges von ihrem Mann getrennt gewesen … ja, sie wusste einiges über das Alleinsein. Und deshalb war es ihr wichtig gewesen, Brianna nicht allein zurückzulassen, sicherzugehen, dass jemand ihre Tochter liebte.

Nun, er hatte versucht, sie von ganzem Herzen zu lieben – versuchte es immer noch, dachte er grimmig und drehte sich in seiner Hängematte. Tagsüber unterdrückten die Anforderungen der Arbeit die zunehmenden Bedürfnisse seines Körpers. Nachts aber … war sie viel zu lebendig, die Brianna seiner Erinnerungen.

Er hatte nicht gezögert; von dem Moment an, in dem er es begriffen hatte, hatte er gewusst, dass er ihr folgen musste. Doch manchmal war er sich nicht sicher, ob er gekommen war, um sie zu retten oder um ihr etwas anzutun – egal, was, solange es die Dinge zwischen ihnen ein für alle Mal ins Reine brachte. Er hatte gesagt, er würde warten – doch er hatte lange genug gewartet.

Doch das Schlimmste war nicht die Einsamkeit, dachte er und warf sich erneut unruhig herum, sondern der Zweifel. Zweifel an ihren Gefühlen und an den seinen. Panik, dass er sie nicht wirklich kannte.

Zum ersten Mal seit seiner Reise durch die Steine begriff er, was sie gemeint hatte, als sie ihn zurückgewiesen hatte, und erkannte die Klugheit hinter ihrem Zögern. Doch war es Klugheit und nicht einfach Angst?

Wenn sie nicht durch die Steine gegangen wäre – hätte sie sich ihm schließlich doch mit ganzem Herzen zugewandt? Oder sich abgewandt, weil sie stets auf der Suche nach etwas anderem war?

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