Sinclair nickte und legte seinen Reifen hin.
»In Cross Creek. Natürlich hat ihm keiner ein Wort gesagt. Aber der Mann, der es mir erzählt hat, hat gesagt, der Mann, der mit ihm gesprochen hat, hat den Fremden für einen Soldaten gehalten.« Er zog kurz eine Grimasse. »Schwierig für einen Rotrock, sich den Puder ganz aus den Haaren zu waschen.«
»Aber er war doch wohl nicht wie ein Soldat gekleidet?« Fußsoldaten trugen ihr Haar in einem festen Zopf, der um einen Kern aus Schafwolle geflochten und mit Reismehl gepudert wurde – welches sich in diesem Klima schnell in Kleister verwandelte, wenn sich das Mehl mit Schweiß vermischte. Dennoch glaubte ich, dass Sinclair eher das Auftreten des Mannes gemeint hatte als seine Erscheinung.
»Och, nein; er hat behauptet, er wäre Pelzhändler – aber er hatte einen Gang, als hätte er einen Ladestock im Kreuz, und man konnte das Leder knacken hören, wenn er den Mund aufmachte. Hat Geordie MacClintock jedenfalls gesagt.«
»Wahrscheinlich einer von Murchisons Männern. Ich sag’s Jamie – danke.«
Ich verließ mit Brianna die Küferwerkstatt und fragte mich, wie viel Ärger dieser Hodgepile wohl machen konnte. Wahrscheinlich nicht viel; schon die Entfernung der Ansiedlung von der Zivilisation und ihre Unzugänglichkeit schützte uns vor den meisten Störungen; das war einer der Gründe gewesen, warum Jamie die Stelle ausgewählt hatte. Wenn es zum Krieg kam, würden die Vorteile der Abgelegenheit gegenüber ihren vielfachen Nachteilen überwiegen. Auf Fraser’s Ridge würde keine Schlacht ausgefochten werden, dessen war ich mir sicher.
Und egal, wie langlebig Murchisons Missgunst auch sein mochte, egal, wie tüchtig seine Spione waren, ich konnte mir nicht vorstellen, dass seine Vorgesetzten ihm gestatten würden, eine bewaffnete Expedition über hundert Meilen weit in die Berge zu schicken, nur um eine illegale Destille auszuheben, deren gesamter Jahresertrag keine vierhundert Liter betrug.
Lizzie und Ian erwarteten uns vor dem Haus, wo sie damit beschäftigt waren, Zunder aus Sinclairs Abfallhaufen zu sammeln. Das Handwerk eines Küfers brachte immense Mengen von Hobelspänen, Splittern und nicht mehr benötigten Holz- und Rindenstückchen mit sich, und es lohnte die Mühe, sie aufzusammeln und sich so die Arbeit zu sparen, den Zunder zu Hause von Hand zu spalten.
»Kannst du mit Ian die Fässer aufladen, Schatz?«, fragte ich Brianna. »Ich will mir einmal Lizzie bei Sonnenlicht ansehen.«
Brianna nickte immer noch geistesabwesend und ging dann zu Ian, um ihm dabei zu helfen, das halbe Dutzend kleiner Fässer vor dem Geschäft auf den Wagen zu laden. Sie waren klein, aber schwer.
Es war seine Kunstfertigkeit bei der Herstellung dieser Fässer, der Ronnie Sinclair sein Land und seine Werkstatt verdankte, trotz seiner alles andere als einnehmenden Persönlichkeit; nicht jeder Küfer konnte die Innenseite eines Eichenfasses so ankohlen, dass der Whisky, der sanft darin alterte, eine wunderschöne Bernsteinfarbe und einen tiefen Rauchgeschmack annahm.
»Komm her, Liebes. Ich will mir deine Augen ansehen.« Lizzie weitete gehorsam ihre Augen und ließ mich ihr Unterlid herunterziehen, so dass ich die weiße Sklera ihres Augapfels sehen konnte.
Das Mädchen war immer noch erschreckend dünn, doch der böse Farbton der Gelbsucht wich langsam aus ihrer Haut, und ihre Augen waren fast wieder weiß. Ich legte ihr sanft meine Finger unter das Kinn; Lymphdrüsen nur leicht geschwollen – auch das war besser.
»Geht’s dir gut?«, fragte ich. Sie lächelte schüchtern und nickte. Es war das erste Mal, dass sie sich außerhalb des Blockhauses befand, seit sie vor drei Wochen in Ians Begleitung angekommen war; sie war immer noch so wackelig auf den Beinen wie ein neugeborenes Kalb. Doch die regelmäßigen Gaben von Chinarindentee hatten geholfen, und ich hoffte, ihr Leberproblem bald in den Griff zu bekommen.
»Mrs. Fraser?«, sagte sie, und ich fuhr beim Klang ihrer Stimme erschrocken zusammen. Sie war so schüchtern, dass sie sich nur selten dazu durchringen konnte, mich oder Jamie direkt anzusprechen; sie murmelte Brianna ihre Wünsche zu, die sie mir dann übermittelte.
»Ja, Liebes?«
»Ich – ich habe zufällig gehört, was der Küfer gesagt hat – dass Mr. Fraser um Nachricht von Briannas Freund gebeten hat. Ich frage mich …« Ihre Worte verstummten in einem Anfall von Schüchternheit, und ein schwaches Rosarot erschien auf ihren durchsichtigen Wangen.
»Ja?«
»Meint Ihr, dass er nach meinem Vater fragen könnte?« Die Worte kamen in einem Rutsch heraus, und sie errötete noch tiefer.
»Oh, Lizzie! Es tut mir leid.« Brianna war mit den Fässern fertig. Sie kam herbei und nahm ihre kleine Dienstmagd in den Arm. »Ich habe es nicht vergessen, aber ich habe auch nicht daran gedacht. Einen Augenblick, ich gehe und sag’s Mr. Sinclair.« Mit wehenden Röcken verschwand sie im kühlen Halbdunkel der Küferwerkstatt.
»Deinem Vater?«, fragte ich. »Hast du ihn verloren?«
Das Mädchen nickte und presste die Lippen zusammen, damit sie nicht zitterten.