Ich hatte keine europäischen Kräuter, keinen Nieswurz, keinen Wermut. Wermut konnte ich vielleicht bekommen, wenn auch unter Schwierigkeiten; man benutzte ihn als Geschmacksbestandteil bei der Herstellung von Absinth.
»Und wer stellt in den entlegensten Ecken von North Carolina Absinth her?«, sagte ich laut und griff erneut nach dem Skalpell.
»Niemand, von dem ich wüsste.«
Ich fuhr zusammen, und die Klinge stieß tief von der Seite in meinen Daumen. Blut spritzte über die Tischplatte, und ich schnappte nach dem Saum meiner Schürze und drückte den Stoff reflexartig fest gegen die Wunde.
»Himmel, Sassenach! Alles in Ordnung? Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Es tat noch nicht besonders weh, doch ich biss mir vor Schreck über die plötzliche Verletzung auf die Lippe. Mit besorgtem Gesicht ergriff Jamie mein Handgelenk und hob den Rand des zusammengeballten Stoffes an. Blut quoll aus dem Schnitt hoch, lief mir an der Hand herunter, und er klappte den Stoff wieder zurück und drückte ihn fest an.
»Ist schon gut; nur ein Schnitt. Wo kommst du denn her? Ich dachte, du wärst oben bei der Destillerie.« Ich fühlte mich überraschend wackelig, vielleicht durch den Schock.
»Das war ich auch. Die Maische ist noch nicht so weit, dass wir mit der Destillation anfangen können. Du blutest wie ein angestochenes Schwein, Sassenach. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?« Ich blutete wirklich stark; abgesehen von den Blutspritzern auf dem Tisch, war der Rand meiner Schürze dunkelrot durchtränkt.
»Ja. Wahrscheinlich habe ich eine kleine Vene durchtrennt. Aber es ist keine Arterie; es hört gleich auf. Halt meine Hand hoch, ja?« Ich kämpfte einhändig mit meinen Schürzenbändern und versuchte, sie aufzuziehen. Jamie löste sie mit einem schnellen Ruck, wickelte mir die Schürze um die Hand und hielt mir das ganze, klobige Bündel über den Kopf.
»Was hattest du denn mit dem Messer vor?«, fragte er und betrachtete das fallen gelassene Skalpell, das neben der gewundenen Frauenwurzel lag.
»Äh … ich wollte die Wurzel da klein schneiden«, sagte ich mit einer schwachen Handbewegung in Richtung der Wurzel.
Er warf mir einen scharfen Blick zu, schaute zur Anrichte, wo mein Küchenmesser deutlich sichtbar lag, und sah mich dann erneut mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Aye? Ich habe noch nie gesehen, dass du eins von denen da« – er wies kopfnickend auf das offene Fach mit den Skalpellen und chirurgischen Klingen – »für etwas anderes als Menschen benutzt.«
Meine Hand zuckte leicht in der seinen, und er verstärkte seinen Griff um meinen Daumen und drückte so fest zu, dass ich vor Schmerzen die Luft anhielt. Er lockerte seinen Griff und sah mir konzentriert und stirnrunzelnd ins Gesicht.
»Was in Gottes Namen hast du vor, Sassenach? Du siehst aus, als hätte ich dich bei den Vorbereitungen zu einem Mord ertappt.«
Meine Lippen fühlten sich steif und blutleer an. Ich zog meine Daumen aus seiner Umklammerung, setzte mich hin und hielt mir den verletzten Finger mit der anderen Hand an die Brust.
»Ich war dabei … einen Entschluss zu fassen«, sagte ich sehr zurückhaltend. Es hatte keinen Zweck zu lügen; früher oder später würde er es erfahren müssen, wenn Brianna –
»Was für einen Entschluss?«
»Wegen Brianna. Wie wir es am besten machen.«
»Machen?« Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. Er blickte auf die offene Medizintruhe, dann auf das Skalpell, und ein Ausdruck plötzlichen, schockierten Begreifens überlief sein Gesicht.
»Du willst –«
»Wenn sie es möchte.« Ich berührte das Messer, dessen kurze Klinge mit meinem eigenen Blut befleckt war. »Man kann Kräuter benutzen – oder das hier. Kräuter sind furchtbar riskant – Krämpfe, Hirnschädigungen, Blutungen –, aber es spielt keine Rolle; ich habe nicht genug von der richtigen Sorte.«
»Claire – hast du das schon einmal gemacht?«
Ich blickte auf und stellte fest, dass er mit einem Ausdruck auf mich herabsah, den ich noch nie zuvor in seinem Blick gesehen hatte – Grauen. Ich presste meine Hände flach auf den Tisch und unterdrückte das Zittern in meinen Fingern. Mit meiner Stimme gelang es mir nicht ganz so gut.
»Würde es für dich etwas ändern, wenn es so wäre?«
Er starrte mich einen Moment lang an und ließ sich dann auf die gegenüberliegende Bank sinken, langsam, als hätte er Angst, etwas kaputt zu machen.
»Du hast es noch nie getan«, sagte er leise. »Ich weiß es.«
»Nein«, sagte ich. Ich starrte auf seine Hand hinunter, die auf der meinen lag. »Nein, habe ich nicht.«
Ich konnte spüren, wie der Druck seiner Hand nachließ; sie entspannte sich und schloss sich um die meine, umfasste sie. Doch meine eigene Hand lag schlaff in seinem Griff.
»Ich wusste, dass du zu keinem Mord fähig bist«, sagte er.
»Das bin ich wohl. Ich habe schon einen begangen.« Ich sah nicht zu ihm auf, sondern redete mit der Tischplatte. »Ich habe einmal einen Mann umgebracht, einen Patienten in meiner Obhut. Ich habe dir doch von Graham Menzies erzählt.«
Er schwieg einen Augenblick, hielt aber weiter meine Hand fest und drückte sie leicht.