Auf Händen und Knien tauchte er zwischen die holzigen Stämme und kroch um sein Leben. Zweige bogen sich, spitze Enden stachen auf ihn ein, und Kaskaden aus Staub, toten Blättern und Insekten fielen von den höheren Zweigen herunter, während er sich vorwärtsschob und sich einen Durchgang durch die dichtgewachsenen Stämmchen bahnte, sich wand und drehte und den Lücken folgte, die er fand.
Die tunnelähnliche Lücke, in der er sich befand, war zu eng, als dass er sich hätte umdrehen können, doch er schaffte es, hinter sich zu sehen, indem er den Kopf zur Seite schob und den Hals reckte. Da war nichts; nichts als feuchte, muffige Dunkelheit, von schwachem Streulicht erhellt und von aufgewirbeltem Staub erfüllt. Es war nichts zu sehen außer den Stämmchen und biegsamen Zweigen des Rhododendrondickichts.
Seine zitternden Gliedmaßen gaben nach, und er brach zusammen. Einen Augenblick lag er zwischen den Stämmchen zusammengerollt und atmete den Moschusgeruch verrottender Blätter und feuchter Erde ein.
»Du wolltest doch Deckung, Kumpel«, murmelte er vor sich hin. Sein Körper begann zu schmerzen. Er hatte an einem Dutzend Stellen blutende Schürfwunden. Selbst in dem gedämpften Licht sahen seine Fingerspitzen wie rohes Fleisch aus.
Er führte eine langsame Inventur seiner Verletzungen durch und lauschte dabei ständig auf Verfolgungsgeräusche. Es überraschte ihn kaum, dass es keine gab. Er hatte in den Wirtshäusern von Cross Creek von solchen »Rhododendronhöllen« gehört; halb prahlerische Geschichten von Jagdhunden, die ein Eichhörnchen in eins dieser weitverzweigten Dickichte gejagt, sich hoffnungslos verlaufen hatten und nie wieder aufgetaucht waren.
Roger hoffte, dass diese Geschichten mit einem guten Schuss Übertreibung gewürzt waren, obwohl er sich nicht beruhigt fühlte, als er sich gründlich umsah. Das wenige Licht hatte keine Richtung. Wohin er blickte, sah alles gleich aus. Herabhängende Büschel kühler, ledriger Blätter, dicke Stämme und schlanke Zweige, die sich fast undurchdringlich verknäult hatten.
Mit einem leichten Panikgefühl erkannte er, dass er keine Ahnung hatte, aus welcher Richtung er gekommen war.
Er legte den Kopf auf seine Knie, atmete tief durch und versuchte zu denken. Na gut, eins nach dem anderen. Sein rechter Fuß blutete stark aus einem tiefen Riss am Rand der Sohle. Er zog seine zerfetzten Strümpfe aus und benutzte einen davon, um seinen Fuß zu verbinden. Sonst schien nichts so schlimm zu sein, dass ein Verband nötig war, außer der flachen Schramme in seiner Kopfhaut; aus dieser sickerte immer noch Blut, feucht und klebrig.
Seine Hände zitterten; es war schwierig, sich den Strumpf um den Kopf zu binden. Dennoch fühlte er sich nach dieser winzigen Handlung besser. Also dann. Er hatte in Schottland unzählige Munros bestiegen, jene endlosen Felsengipfel, und hatte mehr als einmal bei der Suche nach Ausflüglern geholfen, die sich zwischen den Felsen und in der Heide verlaufen hatten.
Wenn man sich in der Wildnis verlaufen hatte, dann war die übliche Vorsichtsmaßnahme, sich nicht vom Fleck zu bewegen und darauf zu warten, dass man gefunden wurde. Doch das traf nicht zu, wenn die einzigen Menschen, die nach einem suchten, diejenigen waren, von denen man nicht gefunden werden wollte.
Er blickte durch das verknäulte Geäst nach oben. Er konnte an ein paar Fleckchen den Himmel sehen, doch die Rhododendren erhoben sich fast vier Meter hoch. Es gab keine Möglichkeit, aufzustehen; er konnte unter den verwobenen Zweigen kaum aufrecht sitzen.
Es war unmöglich zu sagen, wie groß dieses Dickicht war; auf ihrem Weg durchs Gebirge hatte er ganze Hänge mit Heidegestrüpp bewachsen gesehen, Täler, die mit dem tiefen Grün der Rhododendren angefüllt waren. Nur wenige, ehrgeizige Bäume hatten aus dem wogenden Blättermeer aufgeragt. Dann wieder hatten sie kleinere Gebüsche umritten, die nicht mehr als zehn Quadratmeter groß waren. Er wusste, dass er sich ziemlich nah am Rand des Dickichts befand, doch dieses Wissen war nutzlos, da er keine Ahnung hatte, in welcher Richtung sich der Rand befand.
Ihm wurde bewusst, dass ihm sehr kalt war und dass seine Hände immer noch zitterten.
Er schaufelte sich eine kleine, unbequeme Grube, ließ sich hineingleiten und kratzte die feuchtkalten, halb verrotteten Blätter über Brust und Schultern zusammen. Er stützte seine Füße in einer Astgabel auf und schloss zitternd die Augen.
Sie würden ihm nicht folgen. Warum sollten sie auch? Es war viel einfacher zu warten, sofern sie keine Eile hatten. Er musste irgendwann herauskommen – wenn er es noch konnte.