Ein Schrei erscholl hinter ihm. Er wirbelte herum und stieß mit aller Kraft zu, während er noch auf seinem Fußballen herumschwenkte. Der Schock des Aufpralls erschütterte seine Arme und seine Brust. Der Mann, den er getroffen hatte, klammerte sich an den Pfosten; er zuckte und vibrierte, und als der Mann umkippte, entwand er Roger die Waffe.
Er stolperte, fing sich wieder und wirbelte zum Feuer. Es war ein immenser Scheiterhaufen; Flammen blähten sich zu einer Wand von purem, heftigem Scharlachrot, ein lebhafter Kontrast in der Nacht. Durch die wogenden Köpfe der Zuschauer hindurch sah er die schwarze Gestalt im Herzen der Flamme, die Arme in einer segnenden Geste ausgebreitet, an den Balken gefesselt, von dem er herabhing. Langes Haar flatterte auf, Strähnen fingen Feuer in kleinen Eruptionen und umringten den Kopf mit einem goldenen Heiligenschein wie Christus beim Messopfer. Dann krachte etwas auf Rogers Kopf herab, und er fiel zu Boden wie ein Stein.
Er verlor das Bewusstsein nicht vollständig. Er konnte nichts sehen, sich nicht bewegen, doch er konnte immer noch dumpf hören. Es waren Stimmen in seiner Nähe. Das Kreischen erscholl immer noch, aber schwächer, beinahe ein Hintergrundgeräusch wie das Rauschen des Ozeans.
Er spürte, wie er sich in die Luft erhob, und das Knistern der Flammen wurde lauter, fast so laut wie das Rauschen in seinen Ohren … Sie würden ihn in das Feuer werfen! Ihm wurde schwindelig vor Anstrengung, und Licht flammte hinter seinen geschlossenen Augenlidern auf, doch sein sturer Körper weigerte sich, sich zu bewegen.
Das Rauschen ließ nach, doch paradoxerweise spürte er, wie warme Luft über sein Gesicht strich. Er schlug auf dem Boden auf, prallte ab, drehte sich um sich selbst und landete mit dem Gesicht nach unten, die Arme seitwärts gestreckt. Unter seinen Fingern war kühle Erde.
Er atmete. Mechanisch, einen Atemzug nach dem anderen. Ganz langsam begann das Schwindelgefühl zu verebben.
Weit weg erscholl Lärm, doch in seiner Nähe konnte er nichts hören außer seinem eigenen, lauten Atem. Ganz langsam öffnete er ein Auge. Feuerschein flackerte auf Pfosten und Paneelen, ein dumpfes Echo des Gleißens vor der Hütte. Langhaus. Er war wieder drinnen.
Sein Atem klang laut und abgehackt in seinen Ohren. Er versuchte, ihn anzuhalten, konnte es aber nicht. Dann wurde ihm klar, dass er die Luft bereits
Es war hinter ihm. Mit immenser Anstrengung schob er seine Hände unter sich, kam schwankend auf Hände und Knie hoch, die Augen zum Schutz gegen die Kopfschmerzen zusammengekniffen.
»Gott im Himmel«, murmelte er vor sich hin. Er rieb sich fest mit der Hand über die Augen und blinzelte, doch der Mann war immer noch da, zwei Meter entfernt.
Jamie Fraser. Er lag auf der Seite in einem Gewirr aus Gliedmaßen, ein rotes Plaid um seinen Körper gewickelt. Sein Gesicht war zur Hälfte mit Blut bedeckt, doch eine Verwechslung war ausgeschlossen.
Im ersten Augenblick sah Roger ihn nur verständnislos an. Monatelang hatte er den Großteil seiner wachen Momente damit verbracht, sich eine Begegnung mit diesem Mann auszumalen. Jetzt war sie da, und es kam ihm schlicht unmöglich vor. Er hatte keinen Platz für irgendein Gefühl außer einer Art dumpfen Erstaunens.
Er rieb sich noch einmal das Gesicht und drängte den Nebel aus Furcht und Adrenalin zurück. Was …
Als sich seine Gedanken wieder mit seinen Gefühlen verbanden, war sein erstes erkennbares Gefühl weder Wut noch Besorgnis, sondern ein absurder Ausbruch glücklicher Erleichterung.
»Sie war’s nicht«, murmelte er, und die Worte klangen ihm seltsam und heiser in den Ohren, nachdem er so lange kein Englisch mehr gesprochen oder gehört hatte. »Oh, Gott, sie war’s nicht!«
Jamie Fraser konnte nur aus einem Grund hier sein – um ihn zu retten. Und wenn es so war, dann deshalb, weil Brianna ihren Vater geschickt hatte. Ob es ein Missverständnis oder Böswilligkeit gewesen war, die ihn durch die Hölle der letzten paar Monate hatte gehen lassen, es hatte nicht an ihr gelegen.
»War’s nicht«, sagte er noch einmal. »Sie war’s nicht.« Er erschauerte vor Übelkeit nach dem Schlag und vor Erleichterung.
Er hatte geglaubt, er würde für immer hohl sein, doch plötzlich war etwas da; etwas Kleines, aber sehr Solides. Etwas, das er in seinem Herzen halten konnte.
Draußen erscholl erneut eine Reihe schriller Rufe; Klagelaute, die sich endlos hinzogen und ihn wie tausend Nadeln in die Haut stachen. Er fuhr zusammen und erschauerte wieder, als sich alle übrigen Gefühle seiner erneuten Erkenntnis unterordneten.
In dem sicheren Bewusstsein zu sterben, dass Brianna ihn liebte, war besser, als ohne das zu sterben – doch er hatte eigentlich nicht vorgehabt zu sterben.
Er erinnerte sich an das, was er draußen gesehen hatte, fühlte, wie ihm die Galle hochkam, und würgte sie herunter.