Plötzlich zersplitterte die stille Luft der Kirche in tausend Einzelteile, und das Echo eines Schreis ließ die Staubpartikel auffliegen. Ehe er nachdenken konnte, war Roger schon im Freien, rannte, stolperte und kletterte über das Durcheinander der Steine auf die dunkle Eibenreihe zu. Er schob sich zwischen den tiefhängenden Zweigen hindurch, ohne sie für Brianna beiseite zu halten, die ihm dicht auf den Fersen war.
Er sah Claire Randalls Gesicht, bleich im Schatten. Jeder Farbe beraubt, sah sie vor dem dunklen Geäst der Eibe aus wie ein Geist. Einen Moment stand sie da und wankte, dann sank sie im Gras auf die Knie, als trügen ihre Beine sie nicht mehr.
»Mutter!« Brianna ging neben der zusammengekauerten Gestalt auf die Knie und rieb ihr eine der erschlafften Hände. »Mama, was ist? Geht es dir nicht gut? Du solltest den Kopf zwischen die Knie halten. Leg dich doch lieber hin.«
Claire widersetzte sich dem hilfsbereiten Drängen ihrer Tochter, und ihr Kopf hob sich wieder.
»Ich will mich nicht hinlegen«, keuchte sie. »Ich will … o Gott. O du lieber Gott.« Sie kniete im ungemähten Gras und streckte die zitternde Hand nach der Oberfläche des Steins aus. Er war aus Granit, eine einfache Platte.
»Dr. Randall! Äh, Claire?« Auch Roger ließ sich neben ihr auf ein Knie sinken und schob ihr die Hand unter den anderen Arm, um sie zu stützen. Er war ernsthaft alarmiert, denn ihre Schläfen waren von einem Schweißfilm überzogen, und sie sah aus, als könnte sie jeden Moment umkippen. »Claire«, sagte er erneut, drängend, und versuchte, sie aus ihrer blicklosen Trance zu reißen. »Was ist denn? Ist es ein Name, den du kennst?« Noch während er das sagte, hatte er seine eigenen Worte in den Ohren.
Claires Finger streiften die seinen ab und berührten den Stein; liebevoll, als berührten sie menschliche Haut, zeichneten sie sacht die Buchstaben nach, die zwar flach geworden waren, aber nach wie vor deutlich waren.
»›JAMES ALEXANDER MALCOLM MACKENZIE FRASER‹«, las sie vor. »Ja, ich kenne ihn.« Ihre Hand sank tiefer, um das Gras beiseitezustreichen, das rings um den Stein wucherte und die kleineren Buchstaben an seinem Fuß verdeckte.
»›Geliebter Ehemann von Claire‹«, las sie.
»Ja, ich kannte ihn«, sagte sie noch einmal, so leise, dass Roger sie kaum hören konnte. »Ich bin Claire. Er war mein Ehemann.« Dann blickte sie auf in das Gesicht ihrer Tochter, weiß und schockiert. »Und dein Vater«, sagte sie.
Roger und Brianna starrten auf sie hinunter, und der Kirchhof war still bis auf das Rascheln der Eiben über ihnen.
»Nein!«, sagte ich aufgebracht. »Zum fünften Mal – nein! Ich möchte keinen Schluck Wasser. Ich habe keinen Sonnenstich. Mir ist nicht schwindelig. Ich bin nicht krank. Und ich habe auch nicht den Verstand verloren, obwohl ich vermute, dass ihr das denkt.«
Roger und Brianna wechselten einen Blick, der mir verdeutlichte, dass sie in der Tat genau das dachten. Sie hatten mich mit vereinten Kräften von dem Kirchhof ins Auto bugsiert. Ich hatte mich geweigert, ins Krankenhaus zu fahren, also waren wir zum Pfarrhaus zurückgekehrt. Roger hatte mir einen medizinischen Whisky gegen den Schock verabreicht, doch sein Blick huschte jetzt zum Telefon hinüber, als fragte er sich, ob er zusätzliche Hilfe rufen sollte – zum Beispiel eine Zwangsjacke, vermutete ich.
»Mama«, sagte Brianna beruhigend und streckte die Hand aus, um mir das Haar aus dem Gesicht zu streichen. »Du bist ja ganz aufgeregt.«
»Natürlich bin ich aufgeregt!«, brauste ich auf. Ich holte tief und zitternd Luft und presste die Lippen fest aufeinander, bis ich es mir zutraute, ruhig zu sprechen.
»Ich bin zwar aufgedreht«, begann ich, »aber ich bin nicht verrückt.« Ich brach ab und rang um Fassung. So hatte ich das nicht vorgehabt. Ich wusste zwar nicht genau,
»Verflixt, Jamie Fraser!«, sagte ich wütend. »Was machst du da überhaupt, es ist doch
Brianna fielen fast die Augen aus dem Kopf, und Rogers Hand schwebte in der Nähe des Telefons. Ich hielt abrupt inne und versuchte, mich in den Griff zu bekommen.
Ganz ruhig, Beauchamp, instruierte ich mich selbst. Tief einatmen. Einmal … zweimal … noch einmal. Besser. Also. Es ist ganz einfach; alles, was du tun musst, ist, ihnen die Wahrheit sagen. Deshalb bist du doch nach Schottland gekommen, oder nicht?