»Dieser Dragoner«, sagte ich, und ein Schauder durchfuhr mich bei der Erinnerung an Jonathan Wolverton Randall, Hauptmann des Achten Dragonerregiments Seiner Majestät. »Erst dachte ich, ich hätte eine Halluzination, weil der Mann Frank so ähnlich sah; auf den ersten Blick habe ich gedacht, er wäre es.« Ich warf einen Blick zum Tisch, wo eines von Franks Büchern lag – mit diesem Einbandfoto eines dunkelhaarigen, gutaussehenden Mannes mit einem schmalen Gesicht.
»Was für ein Zufall«, sagte Roger. Seine Augen waren hellwach auf die meinen gerichtet.
»Nun, ja und nein«, sagte ich und zwang mich, den Blick von den Büchern loszureißen. »Ihr wisst ja, dass er Franks Vorfahr war. Die Männer in dieser Familie sind sich alle sehr ähnlich – zumindest körperlich«, fügte ich hinzu, weil ich an die deutlichen nicht-körperlichen Unterschiede denken musste.
»Wie – wie ist er denn gewesen?« Brianna schien sich zumindest ein wenig aus ihrer Betäubung zu lösen.
»Er war ein perverser Widerling«, sagte ich. Zwei Augenpaare weiteten sich abrupt und sahen einander mit identischen Mienen der Bestürzung an.
»Ihr braucht gar nicht so zu schauen«, sagte ich. »Im achtzehnten Jahrhundert gab es schon Perverse; sie sind schließlich nichts Neues. Nur ist es damals möglicherweise schlimmer gewesen, weil sich eigentlich niemand dafür interessiert hat, solange es nicht auffiel und an der Oberfläche weiter Anstand herrschte. Und Black Jack Randall war Soldat; er hatte das Kommando über eine Garnison in den Highlands und den Auftrag, unter den Clans für Ruhe zu sorgen. Er hatte beträchtlichen Spielraum für seine Umtriebe, alles mit offiziellem Segen.« Ich trank einen kräftigenden Schluck Whisky aus dem Glas, das ich nach wie vor in der Hand hatte.
»Er hat es genossen, Menschen weh zu tun«, sagte ich. »Sehr genossen.«
»Hat er … dir weh getan?« Roger stellte seine Frage mit großer Vorsicht nach einer merklichen Pause. Brianna schien sich in sich selbst zurückzuziehen, und die Haut spannte sich fester über ihre Wangenknochen.
»Nicht direkt. Zumindest nicht sehr.« Ich schüttelte den Kopf und spürte eine kalte Stelle in meiner Magengrube, die der Whisky nicht auftauen konnte. Jack Randall hatte mir einen Fausthieb an diese Stelle versetzt. In meiner Erinnerung spürte ich ihn wie den Schmerz einer längst verheilten Wunde.
»Seine Vorlieben waren recht vielseitig. Aber es war Jamie, den er … wollte.« Unter keinen Umständen hätte ich das Wort »liebte« benutzt. Ich hatte einen Kloß im Hals und trank die letzten Tropfen Whisky. Roger hob die Karaffe und zog fragend die Augenbraue hoch, und ich hielt ihm nickend mein Glas entgegen.
»Jamie. Jamie Fraser? Und er war …«
»Er war mein Mann«, sagte ich.
Brianna schüttelte den Kopf wie ein Pferd, das Fliegen vertreibt.
»Aber du
»Ich musste es tun«, sagte ich tonlos. »Es war bestimmt keine Absicht.«
»Mutter, eine Heirat passiert einem doch nicht einfach so!« Brianna verlor jetzt diesen Ton einer liebenswürdigen Krankenschwester, die es mit einer Irren zu tun hat. Ich ging davon aus, dass das gut war, auch wenn Wut die Alternative war.
»Nun, es ist ja auch nicht einfach so passiert«, sagte ich. »Aber es war die beste Alternative dazu, Black Jack Randall ausgeliefert zu werden. Jamie hat mich geheiratet, um mich zu beschützen – und das war verdammt großzügig von ihm«, schloss ich und funkelte Brianna über mein Glas hinweg an. »Er hätte es nicht tun müssen, aber er hat es getan.«
Ich kämpfte gegen die Erinnerung an unsere Hochzeitsnacht an. Es war sein erstes Mal gewesen; seine Hände hatten gezittert, als er mich berührte. Auch ich hatte Angst gehabt – und viel mehr Grund dazu. Und im Morgengrauen hatte er mich festgehalten, nackter Rücken an bloßer Brust, seine Oberschenkel warm und kräftig hinter den meinen, und mir in die Wolken meines Haars gemurmelt: »Hab keine Angst. Wir sind jetzt zu zweit.«
Ich wandte mich wieder an Roger. »Ich konnte doch nicht zurück. Ich war auf der Flucht vor Hauptmann Randall, als mich die Schotten gefunden haben. Sie waren Viehdiebe. Jamie war bei ihnen; sie waren Verwandte seiner Mutter, die MacKenzies aus Leoch. Sie wussten nicht, was sie von mir halten sollten, aber sie haben mich als Gefangene mitgenommen. Und ich konnte ihnen nicht entwischen.«
Ich dachte an meine misslungenen Fluchtversuche aus Leoch. Und dann an den Tag, an dem ich Jamie die Wahrheit erzählt hatte. Er hatte mir zwar auch nicht mehr geglaubt als Frank, war aber zumindest bereit gewesen, so zu tun – und hatte mich zu dem Hügel und den Steinen zurückgebracht.