»Mm. Du hattest alles außer ›Ich liebe dich‹ vergessen, aber das hast du ziemlich oft gesagt.«
Das Glucksen kehrte zurück, diesmal lauter. »Oh, aye? Nun, es hätte schlimmer sein können, nehme ich an.«
Er holte Luft, dann hielt er inne. Er drehte den Kopf und schnüffelte argwöhnisch an dem weichen Zimtbüschel unter seinem erhobenen Arm.
»Himmel!«, sagte er. Er versuchte, mich fortzuschieben. »Du darfst nicht mit dem Kopf in die Nähe meiner Achsel kommen, Sassenach. Ich stinke wie ein Wildschwein, das seit einer Woche tot ist.«
»Und hinterher in Brandy eingelegt wurde«, pflichtete ich ihm bei und schmiegte mich dichter an ihn. »Wie in aller Welt hast du es überhaupt geschafft, dich so zu betrinken?«
»Jareds Gastfreundschaft.« Er legte mir den Arm um die Schulter und ließ sich mit einem tiefen Seufzer in die Kissen sinken.
»Er ist mit mir zu den Docks gegangen, um mir sein Lagerhaus zu zeigen. Und den Lagerraum, in dem er die Raritäten und den portugiesischen Brandy und den Jamaikarum aufbewahrt.« Er schnitt eine kleine Grimasse, als er daran dachte. »Der Wein war nicht so schlimm, denn den kostet man nur und spuckt ihn nach jedem Mundvoll auf den Boden. Aber wir konnten es beide nicht ertragen, den Brandy auf diese Weise zu verschwenden. Außerdem hat Jared gesagt, man lässt ihn sich ganz hinten durch die Kehle rinnen, um den vollen Genuss zu erleben.«
»Wie viel davon hast du denn genossen?«, fragte ich neugierig.
»Ab der zweiten Flasche habe ich irgendwann nicht mehr mitgezählt.« In diesem Moment begann in der Nähe eine Kirchenglocke zu läuten; der Ruf zur Frühmesse. Jamie fuhr kerzengerade auf und starrte zum Fenster, durch das die Sonne schien.
»Himmel, Sassenach! Wie spät ist es?«
»Ungefähr acht, vermute ich«, sagte ich verwundert. »Warum?«
Er entspannte sich etwas, blieb aber sitzen.
»Oh, dann geht es ja. Ich hatte Angst, es wäre das Angelusläuten. Ich habe jedes Zeitgefühl verloren.«
»Das kann man wohl sagen. Ist es wichtig?«
In einer plötzlichen Anwandlung von Energie warf er die Bettdecke zurück und stand auf. Im ersten Moment wankte er zwar, blieb aber stehen, auch wenn beide Hände an seinen Kopf fuhren, um sicherzugehen, dass er sich noch an Ort und Stelle befand.
»Aye«, sagte er und keuchte leise. »Wir haben heute Morgen eine Verabredung in Jareds Lagerhaus an den Docks. Beide.«
»Tatsächlich?« Ich kletterte ebenfalls aus dem Bett und tastete nach dem Nachtgeschirr unter dem Bett. »Wenn er es zu Ende bringen will, wäre es doch besser, wenn er keine Zeugen hat.«
Jamies Kopf tauchte mit hochgezogenen Augenbrauen in seinem Hemdausschnitt auf.
»Zu Ende bringen?«
»Nun, die meisten deiner anderen Verwandten scheinen doch darauf aus zu sein, dich oder mich umzubringen, warum nicht auch Jared? Er hat es doch schon fast geschafft, dich zu vergiften.«
»Sehr komisch, Sassenach«, sagte er trocken. »Hast du etwas Anständiges anzuziehen?«
Ich hatte unterwegs ein praktisches graues Sergekleid getragen, das ich mit Hilfe des Almoseniers im Kloster Ste. Anne erworben hatte, aber ich hatte auch das Kleid noch, in dem ich aus Schottland geflohen war, ein Geschenk von Lady Annabelle MacRannoch. Der hübsche blattgrüne Samt ließ mich zwar ziemlich blass aussehen, doch modisch war das Kleid.
»Ich glaube schon, wenn es nicht zu viele Salzwasserflecken hat.«
Ich kniete mich vor unsere kleine Reisetruhe, um den grünen Samt auseinanderzufalten. Jamie kniete sich neben mich und schlug den Deckel meiner Medizinkiste zurück, um die darin verpackten Fläschchen und Schachteln und Gazebeutelchen mit Kräutern zu begutachten.
»Hast du hier irgendetwas gegen furchtbare Kopfschmerzen, Sassenach?«
Ich blickte ihm über die Schulter, dann griff ich in die Kiste und berührte ein Fläschchen.
»Andorn könnte helfen, obwohl es nicht das beste Mittel ist. Und Weidenrindentee mit Fenchelsamen wirkt gegen die Säuferleber, muss aber lange ziehen. Am besten wäre vermutlich ein rohes Ei mit Pfeffer und Salz.«
Er richtete ein argwöhnisches blaues Auge auf mich.
»Das klingt widerlich.«
»Das ist es auch«, sagte ich fröhlich. »Im Zweifelsfall geht es dir besser, nachdem du dich übergeben hast.«
»Mpfm.« Er stand auf und schob den Nachttopf mit dem Zeh in meine Richtung.
»Übergeben am Morgen ist deine Sache, Sassenach«, sagte er. »Sieh zu, dass du es hinter dich bringst, und zieh dich an. Ich ertrage die Kopfschmerzen schon.«
Jared Munro Fraser war ein kleiner, schmaler, schwarzäugiger Mann, der einige Ähnlichkeit mit seinem entfernten Verwandten Murtagh hatte, Jamies Patenonkel, der uns nach Le Havre begleitet hatte. Als ich Jared das erste Mal sah, stand er majestätisch im weit offenen Tor seines Lagerhauses, so dass Ströme von Hafenarbeitern, die mit Fässern beladen waren, gezwungen waren, um ihn herumzugehen, und die Ähnlichkeit war so groß, dass ich mir die Augen rieb. Soweit ich wusste, befand sich Murtagh in unserem Wirtshaus, wo er sich um ein lahmes Pferd kümmerte.