»Fünf Jahre, aye.« Sie nickte abwesend. »Aye, nun ja, das war das Blut.«
»Blut?«
»Das Opfer«, sagte sie mit plötzlicher Ungeduld. »Es vergrößert den Zeitrahmen. Und es verleiht einem zumindest eine Spur von Kontrolle, so dass man weiß, wohin man geht. Wie bist du drei Mal hin- und hergereist, ohne Blut zu benutzen?«
»Ich … bin einfach gekommen.« Das Bedürfnis, so viel wie möglich herauszufinden, ließ mich das wenige hinzufügen, was ich wusste. »Ich glaube … ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass man imstande ist, sich auf eine bestimmte Person in der Zeit zu konzentrieren, in die man reist.«
Das weckte ihr Interesse; ihre Augen wurden beinahe kreisrund.
»Tatsächlich«, sagte sie leise. »Wer hätte das gedacht.« Sie schüttelte langsam den Kopf und dachte nach. »Hm. Möglich. Aber die Steine sollten genauso funktionieren; man legt bestimmte Muster mit unterschiedlichen Steinen.«
Sie zog eine weitere Handvoll glänzender Steine aus ihrer Tasche, um sie auf der hölzernen Oberfläche auszubreiten und mit der Hand darüber hinwegzufahren.
»Die beschützenden Steine bilden die Spitzen des Pentagramms«, erklärte sie, ohne den Blick zu heben, »aber in seinem Inneren legt man unterschiedliche Steine zurecht, je nachdem, in welche Richtung man gehen möchte und wie weit. Und man verbindet sie mit einer Quecksilberspur, die man anzündet, wenn man die Formeln spricht. Und natürlich zeichnet man das Pentagramm mit Diamantenstaub.«
»Natürlich«, murmelte ich fasziniert.
»Riechst du das?«, fragte sie. Sie hob den Kopf und schnüffelte. »Man würde ja nicht meinen, dass Steine einen Geruch haben, oder? Aber wenn man sie pulverisiert, ist es so.«
Ich atmete tief ein und schien tatsächlich einen schwachen, ungewohnten Duft unter dem Aroma der getrockneten Kräuter auszumachen. Es war ein trockener Duft, angenehm, aber unbeschreiblich – der Duft der Edelsteine.
Mit einem triumphierenden Ausruf hielt sie einen der Steine in die Höhe.
»Dieser hier! Das ist der Stein, den ich wollte; ich konnte hier nirgendwo einen finden, und dann ist mir diese Kiste eingefallen, die ich in Schottland gelassen hatte.« Der Stein, den sie hochhielt, war ein schwarzer Kristall; vom Licht des Fensters durchleuchtet, glitzerte er dennoch zwischen ihren weißen Fingern wie Gagat.
»Was ist das?«
»Ein Adamant; ein schwarzer Diamant. Die alten Alchemisten haben sie verwendet. In ihren Schriften steht, wer einen Adamanten trägt, dem bringt er Freude an allen Dingen.« Sie lachte, ein abgehacktes Geräusch, frei von ihrem üblichen Mädchencharme. »Wenn mir etwas Freude an dieser Passage durch die Steine bringen kann, will ich es haben.«
Erst jetzt begann es mir zu dämmern. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass ich gleichzeitig damit beschäftigt war, Geilie zuzuhören und die Ohren nach Jamie gespitzt zu halten.
»Dann hast du vor zurückzukehren?«, fragte ich, so beiläufig ich es konnte.
»Vielleicht.« Ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Jetzt, da ich alles Nötige habe. Ich sage dir, Claire, sonst würde ich es niemals riskieren.« Sie starrte mich an und schüttelte den Kopf. »Dreimal ohne Blut«, murmelte sie. »Dann ist es tatsächlich möglich. Nun, am besten gehen wir jetzt zurück«, sagte sie plötzlich energisch. Sie fegte die Steine mit der Hand zusammen und ließ sie wieder in ihre Tasche fallen. »Der Fuchs kommt gleich zurück – Fraser ist sein Name, nicht wahr? Ich dachte, Clotilda hätte etwas anderes gesagt, aber vermutlich hat die dumme Kuh es einfach falsch verstanden.«
Auf unserem Weg durch den langen Arbeitsraum huschte vor mir etwas Kleines, Braunes über den Fußboden hinweg. Geilie war trotz ihrer Körperfülle schnell; ihr kleiner Fuß trat auf den Tausendfüßler, ehe ich reagieren konnte.
Einen Moment sah sie zu, wie sich das halb zerquetschte Tierchen auf dem Boden wand, dann bückte sie sich und ließ ein Stück Papier daruntergleiten. Sie hob es auf und kippte es in ein Glasgefäß.
»Du möchtest nicht an Hexen und Zombies und Wesen glauben, die in der Nacht rumoren?«, sagte sie und sah mich mit einem kleinen, gerissenen Lächeln an. Sie wies kopfnickend auf den Tausendfüßler, der sich panisch kämpfend um sich selber drehte. »Nun, Legenden haben tausend Beine, aye? Aber meistens stehen sie mit mindestens einem davon fest auf dem Boden der Wahrheit.«
Sie nahm einen braunen Glaskrug vom Regal und schüttete Flüssigkeit in das Fläschchen mit dem Tausendfüßler, aus dem jetzt durchdringender Alkoholgeruch aufstieg. Der emporgespülte Tausendfüßler strampelte eine Sekunde hektisch, dann sank er mit krampfhaft zuckenden Beinen zu Boden. Sie steckte einen Korken in die Flasche und wandte sich zum Gehen.
»Du hast mich gefragt, was ich glaube, warum wir durch die Steine gehen können«, sagte ich an ihren Rücken gewandt. »Weißt du, warum, Geilie?« Sie blickte sich nach mir um.
»Um die Dinge zu ändern«, sagte sie und klang überrascht. »Warum denn sonst? Komm mit, ich höre unten deinen Mann.«
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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