»Ich bin mir ziemlich sicher, dass er da ist.« Rasch erzählte ich ihm von den Einzelheiten meines Besuchs, einschließlich meiner kurzen Unterhaltung mit der Küchenmagd. »Aber was sollen wir tun?«, schloss ich meinen Bericht. »Wir können ihn doch nicht einfach dort lassen! Wir haben zwar keine Ahnung, was Geillis mit ihm vorhat, aber da sie nicht zugeben wollte, dass er bei ihr ist, kann es kaum etwas Harmloses sein, oder?«
»Gewiss nicht«, pflichtete er mir mit grimmiger Miene bei. »Dem Aufseher war kein Wort über Ian zu entlocken, aber er hat mir andere Dinge erzählt, bei denen sich dir die Haare einrollen würden, Sassenach, wenn sie nicht schon gekringelt wären wie Schafwolle.« Er sah mich an, und trotz seiner Unruhe wurde sein Gesicht von einem angedeuteten Lächeln erhellt.
»Dem Zustand deines Haars nach, Sassenach, würde ich sagen, es dauert nicht mehr lange, bis es regnet.«
»Wie scharfsinnig von dir«, sagte ich sarkastisch und versuchte, die Locken und Strähnen festzustecken, die mir unter dem Hut entwischt waren. »Die Tatsache, dass der Himmel pechschwarz ist und es nach Blitzen riecht, hat natürlich nicht das Geringste mit deiner Schlussfolgerung zu tun.«
Die Blätter der Bäume ringsum flatterten wie angeleinte Schmetterlinge, als jetzt die Vorboten des Sturms den Berghang hinaufgerollt kamen. Von unserer kleinen Anhöhe konnte ich die Gewitterwolken über der Bucht heranwehen sehen, und ein dunkler Regenvorhang hing darunter wie ein Schleier.
Jamie stellte sich in die Bügel und betrachtete das Terrain. Für mein ungeübtes Auge sah unsere Umgebung wie dichter, undurchdringlicher Dschungel aus, doch ein Mann, der sieben Jahre in der Heide gelebt hatte, erkannte andere Möglichkeiten.
»Am besten suchen wir uns Schutz, solange wir es können, Sassenach«, sagte er. »Komm mit.«
Wir führten die Pferde zu Fuß, verließen den schmalen Weg und schoben uns in den Wald. Dabei folgten wir einer Spur, von der Jamie sagte, sie sei ein Wildschweinpfad. Innerhalb von Sekunden hatte er gefunden, wonach er suchte, einen kleinen Bach, der sich tief durch den Waldboden schnitt und dessen Uferböschung mit Farnen und dunklen, glänzenden Büschen überwuchert war. Hier und dort wuchsen schmale Schösslinge.
Er ließ mich Farnwedel sammeln, die hier so lang waren wie mein Arm, und als ich ihm brachte, was ich tragen konnte, hatte er einige Schösslinge umgebogen, sie an einen umgestürzten Baum gebunden und sie mit Zweigen bedeckt, so dass das Gerüst eines schmucken Unterschlupfs entstanden war. Hastig ein Dach aus ausgebreiteten Farnwedeln darübergelegt, und es war zwar nicht komplett wasserdicht, aber um einiges besser, als im Freien erwischt zu werden. Zehn Minuten später hockten wir sicher darunter.
Dann folgte ein Moment der absoluten Ruhe vor dem Sturm. Kein Vogelgeplapper, kein Insektengesang; sie konnten den Regen genauso gut vorhersagen wie wir. Ein paar große Tropfen prallten mit explosiven Geräuschen wie zerbrechende Zweige auf dem Laub auf. Dann brach das Gewitter los.
Karibische Gewitter sind abrupt und heftig. Keine Spur von der nebligen Zurückhaltung des Edinburgher Nieselregens. Die Himmel schwärzen sich und tun sich auf, um innerhalb einer Minute literweise Wasser abzuwerfen. Solange der Regen andauert, ist jedes Gespräch unmöglich, und schwacher Nebel steigt vom Boden auf wie Dampf; der Dunst, der durch die Wucht der platzenden Regentropfen entsteht.
Der Regen trommelte über uns auf die Farne, und auch der grüne Schatten unserer Zuflucht füllte sich mit einem Nebelhauch. Das Prasseln des Regens und der konstante Donner, der über die Hügel rollte, raubten uns die Sprache.
Es war zwar nicht kalt, doch durch ein Leck genau über uns tropfte es mir unablässig auf den Hals. Zum Beiseiterücken war kein Platz; Jamie zog seinen Rock aus und wickelte ihn um mich, dann legte er den Arm um mich, und wir warteten auf das Ende des Unwetters. Trotz des furchtbaren Lärms im Freien fühlte ich mich plötzlich sicher und friedlich, befreit von der Anspannung der letzten Stunden, der letzten Tage. Ian war so gut wie gefunden, und nichts konnte uns hier etwas anhaben.
Ich drückte ihm die freie Hand; er lächelte mich an, dann senkte er den Kopf und küsste mich sanft. Er roch frisch und erdig nach dem Harz der Zweige, die er geschnitten hatte, und seinem gesunden Schweiß.
Es war beinahe vorüber, dachte ich. Wir hatten Ian gefunden, und so Gott wollte, würden wir ihn heil zurückbekommen, und zwar bald. Und was dann? Wir würden Jamaica verlassen müssen, aber es gab andere Orte, und die Welt war weit. Hier gab es die französischen Kolonien Martinique und Grenada, die Insel Eleuthera, in holländischer Hand; vielleicht würden wir uns sogar auf den Kontinent vorwagen – Kannibalen oder nicht. Solange ich Jamie hatte, kannte ich keine Furcht.
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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